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189 - Die Regenbogenschlange

189 - Die Regenbogenschlange

Titel: 189 - Die Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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»Tritt ein, Chris. Ich dachte mir, dass du eines Tages kommst. Manche Dinge geschehen, auch wenn die Welt sich gegen sie wehrt. Die Ahnen wissen es. Sie haben dich gezeichnet, um es allen zu erzählen.«
    Chris setzte sich schwerfällig mit gekreuzten Beinen auf den Boden. Er hatte eine Unzahl blauer Flecke. Eine Keule hatte seine rechte Schulter getroffen, und das Gelenk schmerzte bei jeder Bewegung.
    »Trugani, ich glaube nicht an diese Dinge. Ich bin nur gekommen, um den Stamm zu finden, der mich aussetzte. Meinen Stamm.«
    »Was auch immer damals geschah, Chris – sie werden dich nicht grundlos ausgesetzt haben. Du bist ein kräftiges Baby gewesen, ein Junge, gesund und voller Schreie, als ich dich fand. Kein Stamm gibt einen zukünftigen Jäger fort, es sei denn, ein dunkler Schatten lastet auf ihm.«
    Chris seufzte. »Bitte, Trugani. Du glaubst doch selbst nicht an diesen Schwachsinn.«
    Die Schwester seiner Mutter sah ihn ernst an. Sie hatte dieselbe ovale Gesichtsform wie Elane, und als sie die Stirn furchte, wurde Chris schmerzlich daran erinnert, dass er Elane und Morris verraten und belogen hatte. Für die Anangu war Trugani ebenso seine Mutter wie Elane. Beide Frauen waren Schwestern und von daher seine Mütter.
    »Chris, ich glaube an den Tempel, der dieses Land ist. Wir alle sind nur Diener in ihm und Yurlunggur ist bei uns, im Guten wie im Schlechten.«
    »Yurlunggur…« Chris erinnerte sich an den Namen der Regenbogenschlange. »Yurlunggur ruft mich«, murmelte er abwesend.
    Trugani sah ihn schmerzerfüllt an. »Als der Kängurumann und die Laubvogelfrau noch über den Kontinent liefen, da hinterließen sie ihre Spuren im Sand, so wie wir die unsrigen, wenn wir mit gekreuzten Beinen auf der Erde sitzen. Du wurdest von einer Kraft berührt, die größer ist als du, Chris. Ich kann dir nur raten, dich davon abzuwenden, damit der Abdruck deiner Beine auf dem Boden noch lange währt.«
    »Ich muss meinen Stamm finden, Trugani.«
    Sie sahen sich in die Augen. Trugani schien in Chris’ Blick einen Willen zu sehen, der stärker war als der ihre. Sie nickte zögernd.
    »Ich helfe dir, Chris. Aber ich kann dir nicht sagen, wo dein Stamm jetzt ist. Er setzte dich aus, vielleicht sogar Hunderte von Meilen von seinem Territorium entfernt. Aber ich kann dir auf einer Karte markieren, wo das Wasserloch ist, an dem ich dich in Tücher gewickelt fand. Erwarte nicht, von deinem Stamm mit offenen Armen empfangen zu werden. Was auch immer das Mal an deiner Schläfe für sie bedeutet – sie werden dich fürchten.«
    Chris fühlte Erleichterung in sich aufsteigen. Er umschloss die Hände Truganis mit seinen.
    »Ich danke dir, Trugani. Du wirst es nicht bereuen.«
    ***
    Relleli erwartete Aruula am Rand des Kreises. Inzwischen war ein großes Feuer entfacht worden, und ein Spieß drehte sich.
    Die Barbarin sah die Bälger mehrerer getöteter Tiere, Malalas, Zwergschiips und andere. Und sie sah die Schlangen, deren Käfige von den Kindern herangeschleppt worden waren. Sie stürzten sich auf rohe Fleischbrocken, die ihnen durch die Gitter gesteckt wurden.
    »Was möchtest du?«, fragte Relleli, als sie Aruula ihren Platz anwies. »Roh oder Feuer?«
    »Feuer«, sagte Aruula, die bei dieser Hitze gewiss nichts Rohes anrühren würde. Sie bekam ein Stück Keule vorgesetzt.
    Der Hunger überwältigte sie, und sie stürzte sich darauf, wobei sie die Umgebung völlig ausschaltete, weil ihr sonst trotzdem der Appetit vergangen wäre. Nur die Kinder, die noch Haare hatten, aßen das gebratene Fleisch, alle anderen Anangu hielten sich ans rohe, und die Art und Weise, wie sie es verzehrten, war mehr als ekelhaft. Sie schlangen die Stücke unzerkaut hinunter, und bei manchen, die sich an zu große Stücke wagten, hängte sich knirschend der Kiefer aus.
    Es gab nur Fleisch, nichts sonst, keine Wurzeln oder Knollen. Aruula war es gleich; sie füllte ihren Magen, bis sie nicht mehr konnte. Das Fleisch war saftig und ließ sich gut kauen. Es war gut durchgebraten und würde ihr wahrscheinlich keine Schwierigkeiten bereiten.
    Erst als sie annähernd satt war, fiel ihr auf, wie still es war.
    Normalerweise war so ein gemeinsames Mahl Anlass für lebhafte Unterhaltungen, aber hier fiel nur selten ein Wort. Die Menschen schlangen die Nahrung schweigend und mit kalter Miene in sich hinein. Lediglich in ihren Augen glitzerte so etwas wie ein froher Funke. Aruula konnte zusehen, wie ihre Bäuche wuchsen; offensichtlich aßen sie über das

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