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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Lernschwächen?«
    »Nein.«
    »Und außerhalb der Schule? Was hat er da gern gemacht?«, fragte Selena.
    »Musik gehört. Videospiele gespielt. Wie jeder andere Teenager auch.«
    »Haben Sie sich selbst mal die Musik angehört, die er gut fand, oder die Videospiele ausprobiert?«
    Der Anflug eines Lächelns huschte über Lacys Gesicht. »Ganz bewusst nicht.«
    »Haben Sie überprüft, was für Webseiten er aufgerufen hat?«
    »Er sollte nur ins Internet, wenn er für die Schule etwas zu recherchieren hatte. Wir haben uns lange mit ihm über Chat-rooms unterhalten und wie gefährlich das Internet sein kann, aber Peter war ein vernünftiger Junge. Wir -« Sie stockte, blickte weg. »Wir haben ihm vertraut.«
    »Wissen Sie, was er sich so heruntergeladen hat?«
    »Nein.«
    »Wissen Sie, woher er die Waffen hatte?«
    Lacy holte tief Luft. »Lewis ist Jäger. Er hat Peter einmal mitgenommen, aber Peter hat das nicht besonders gefallen. Die Gewehre sind immer in einem Waffenschrank weggeschlossen -«
    »Und Peter wusste, wo der Schlüssel ist.«
    »Ja«, murmelte Lacy.
    »Was ist mit den Pistolen?«
    »Wir hatten nie welche im Haus. Keine Ahnung, wo er sie herhatte.«
    »Haben Sie je sein Zimmer durchsucht? Unterm Bett nachgesehen, im Schrank und so?«
    Lacy sah ihr in die Augen. »Wir haben seine Privatsphäre immer respektiert. Ich glaube, es ist wichtig für Kinder, einen ungestörten Raum zu haben, und -« Sie presste die Lippen zusammen.
    »Und?«
    »Und wenn man das Zimmer seines Kindes durchsucht«, sagte Lacy leise, »findet man mitunter etwas, das man eigentlich nicht sehen will.«
    Selena beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie. »Wann ist das passiert, Lacy?«
    Lacy ging ans Fenster, zog den Vorhang beiseite. »Sie hätten Joey kennen müssen, um das zu verstehen. Er war sehr gut in der Schule, ein ausgezeichneter Sportler. Und dann, eine Woche vor seinem Abschluss, kam er ums Leben.« Sie ließ die Hand über den Rand des Stoffes gleiten. »Jemand musste in sein Zimmer, es
    aufräumen, die Sachen einpacken, die wir nicht behalten wollten. Irgendwann fand ich die Kraft dazu. Als ich seine Schubladen durchsah, hab ich die Drogen gefunden. Nur ein bisschen Pulver in Kaugummipapier, einen Löffel und eine Nadel. Dass es Heroin war, wurde mir erst später klar. Ich hab das Zeug in der Toilette runtergespült und die Nadel im Krankenhaus entsorgt.« Sie drehte sich zu Selena um, das Gesicht gerötet. »Ich weiß nicht, warum ich Ihnen das erzähle. Ich hab das noch niemandem erzählt, nicht mal Lewis. Ich wollte nicht, dass er - oder irgendwer - schlecht über Joey denkt.«
    Lacy setzte sich auf die Couch. »Ich bin bewusst nicht in Peters Zimmer gegangen, weil ich Angst vor dem hatte, was ich vielleicht finden würde«, gestand sie. »Ich wusste nicht, dass es sogar noch schlimmer sein könnte.«
    »Haben Sie ihn gelegentlich überrascht, wenn er in seinem Zimmer war? Angeklopft, den Kopf zur Tür reingesteckt?«
    »Ja, sicher. Zum Beispiel, wenn ich ihm gute Nacht gesagt habe.«
    »Was hat er da normalerweise so gemacht?«
    »Am Computer gesessen«, sagte Lacy.
    »Haben Sie nicht gesehen, was auf dem Bildschirm war?«
    »Ich weiß nicht. Er hat die Datei meist geschlossen.«
    »Wie hat er reagiert, wenn sie unerwartet reinkamen? Wirkte er nervös? Verärgert? Irgendwie ertappt?«
    Lacy sah Selena misstrauisch an.
    Selena blickte ihr ruhig in die Augen. »Mrs. Houghton, um die Hintergründe zu ermitteln, muss ich Sie das alles fragen.«
    »Er war ein ganz normaler Teenager«, sagte Lacy. »Es war ihm immer peinlich, wenn ich ihm einen Gutenachtkuss gegeben habe. Er wirkte aber nicht verlegen, wenn ich reinkam. Er hat sich nicht so verhalten, als hätte er was zu verbergen. Genügt Ihnen das jetzt?«
    Selena legte den Stift aus der Hand. Wenn die befragte Person anfing, ungehalten zu reagieren, war es besser, das Gespräch zu beenden. Aber zu Selenas Überraschung redete Lacy einfach weiter.
    »Ich hab nicht gewusst, dass Peter Probleme hatte. Ich hab nicht gewusst, dass er wütend war. Ich hab nicht gewusst, dass er sich umbringen wollte. Ich hatte keine Ahnung.« Sie begann zu weinen. »All die Familien da draußen, ich weiß nicht, was ich ihnen sagen soll. Ich wünschte, ich könnte ihnen sagen, dass ich auch jemanden verloren habe. Nur eben schon vor langer Zeit.«
    »Es ist nicht Ihre Schuld«, sagte Selena, weil sie wusste, dass Lacy Houghton diese Worte dringend hören musste.
    Der Bibelclub an

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