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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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der Sterling High traf sich jeden Dienstag um halb drei in Raum 233, während gleich nebenan, in Raum 234, die Schwulen- und Lesbengruppe tagte. In Raum 233 hatte Ed McCabe unterrichtet. Ein Mädchen aus dem Bibelclub, Grace Murtaugh, die Tochter eines Geistlichen, war auf dem Flur zur Sporthalle vor dem Wasserspender getötet worden. Die Leiterin der Schwulen- und Lesbengruppe, Natalie Zlenko, lag noch im Krankenhaus.
    »Wir geben keine Namen raus.« Natalies Stimme war so schwach, dass Patrick sich über das Bett beugen musste, um sie zu verstehen. Natalies Mutter stand direkt hinter ihm.
    »Du musst mir keine Namen nennen«, sagte Patrick. »Aber wir möchten aufklären, wie es zu dieser Tragödie kommen konnte, und dabei könnte deine Aussage hilfreich sein.«
    Natalie nickte und schloss die Augen.
    »Ist Peter Houghton je zu einem eurer Treffen gekommen«, fragte Patrick.
    »Einmal«, sagte Natalie.
    »Hat er da irgendwas gesagt oder getan, das dir in Erinnerung geblieben ist?«
    »Nein. Er war einmal da, und danach nie wieder.«
    »Passiert das öfter?«
    »Manchmal«, sagte Natalie. »Manche sind noch nicht so weit, sich zu outen. Und manchmal tauchen irgendwelche Idioten auf, die einfach nur wissen wollen, wer schwul oder lesbisch ist, um uns dann das Leben an der Schule zur Hölle zu machen.«
    »Würdest du Peter einer der beiden Kategorien zuordnen?«
    Sie schwieg lange, die Augen weiter geschlossen. Patrick trat zurück, weil er glaubte, sie wäre eingeschlafen. »Danke«, sagte er zu der Mutter, doch dann sagte Natalie noch etwas.
    »Peter wurde schon lange schikaniert, ehe er das eine Mal zu unserem Treffen kam.«
    Während Selena mit Lacy Houghton sprach, hatte Jordan Babydienst. Er bemühte sich bereits eine Weile, aber Sam tat sich ungemein schwer, allein einzuschlafen. Doch es gab einen Trick, zehn Minuten Fahrt mit dem Auto und der Kleine schlief wie ein Murmeltier. Also packte Jordan das Baby warm ein und setzte es in den Kindersitz. Erst als er den Rückwärtsgang einlegte und losfahren wollte, merkte er, wie schwer sich das Lenkrad des Saab bewegen ließ. Er stieg aus und sah den Grund: Alle vier Reifen waren zerstochen, und der Wagen stand auf den Felgen.
    »Verfluchter Mist«, sagte Jordan, und auf dem Rücksitz begann Sam wieder zu brüllen. Er holte den Kleinen aus dem Auto, brachte ihn ins Haus und schnallte ihn in der Kindertrage fest. Dann rief er die Polizei an, um die mutwillige Zerstörung zu melden.
    Jordan wusste, was ihm blühte, als der Officer an der Zentrale ihn nicht bat, seinen Namen zu buchstabieren - er kannte ihn bereits. »Wir schicken jemanden vorbei«, sagte der Officer. »Aber das kann dauern, vorher müssen wir noch einem Eichhörnchen Kletterhilfe leisten.« Es machte klick in der Leitung.
    Konnte man solche Cops verklagen?
    Wie durch ein Wunder schlief Sam doch noch ein, kreischte aber wieder los, als die Türglocke ihn aus dem Schlaf holte. Jordan riss entnervt die Tür auf, und Selena stand davor. »Du hast ihn aufgeweckt«, sagte er vorwurfsvoll.
    »Ich hab den Schlüssel vergessen«, erwiderte sie und eilte zu Sam. »Hallo, kleiner Mann, ist Daddy schon die ganze Zeit so schlecht drauf?«
    »Jemand hat mir die Reifen zerstochen.«
    Selena warf ihm über den Kopf des Babys hinweg einen Blick zu. »Alle Achtung, du bist richtig gut darin, Freundschaften zu schließen und Menschen für dich einzunehmen. Mark Ignatio ist neulich ja auch schon ausgerastet, als er dich zufällig auf der Straße gesehen hat. Und lass mich raten - die Cops sind nicht unbedingt scharf drauf, deine Anzeige aufzunehmen.«
    »Könnte man so sagen.«
    »Wundert mich nicht«, sagte Selena. »Schließlich bist du der Böse, der den Fall übernommen hat. Der Böse, der nicht mehr in den Spiegel sehen und ruhig schlafen können sollte, in dieser Stadt, die durch eine Schlucht geteilt wird in solche, die Kinder verloren haben, und solche, die noch welche haben, um die sie sich sorgen können. So kann man's doch sagen, oder?«
    »Wie wär's mit ein bisschen ehelichem Verständnis?«
    Selena zuckte die Achseln. »Davon steht nichts im Ehevertrag. Wenn du bemitleidet werden willst, bist du bei mir an der falschen Adresse.«
    Jordan fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Hast du wenigstens was aus der Mutter rausgekriegt? Zum Beispiel, dass Peter psychisch krank war?«
    Selena streifte ihre Jacke ab, während sie Sam erst auf dem einen, dann auf dem anderen Arm jonglierte, knöpfte ihre Bluse auf und

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