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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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wie er für sie.
    »Mach's gut, Margaret«, erwiderte er und verschwand wieder im Haus.
    Auf dem Weg zum Auto ließ Josie die Scheine aus ihrer Hand hinabschweben. Sie landeten neben einer Pflanze, die wie alles andere hier aussah: als ginge es ihr prächtig.
    Die Idee für das Spiel war Peter im Schlaf gekommen.
    Er hatte auch früher schon einfache Computerspiele geschrieben, aber das hier war das Größte, was ihm bislang eingefallen war. Angefangen hatte es damit, dass Peter nach einem von Joeys Footballspielen mit seinen Eltern noch in einer Pizzeria war, in der ein Spieleautomat mit dem Namen DEER HUNT stand. Man warf eine Münze ein und schoss per Tastatur auf Hirsche, die hinter Bäumen hervorlugten. Sobald man eine Hirschkuh traf, hatte man verloren.
    In derselben Nacht träumte Peter, dass er mit seinem Vater auf der Jagd war, aber nicht auf Hirsche, sondern auf Menschen.
    Er war in Schweiß gebadet aufgewacht, und seine Hand war so verkrampft gewesen, als hielte er eine Pistole.
    Es dürfte nicht allzu schwer sein, Avatare zu schaffen - virtuelle Figuren. Er hatte ein bisschen herumexperimentiert, und selbst wenn der Teint nicht ganz stimmte und die Grafik nicht perfekt war, so konnte er doch per Programmiersprache Figuren mit unterschiedlicher Haut- und Haarfarbe und Körpergröße erstellen. Könnte Spaß machen, ein Spiel zu entwickeln, in dem Menschen gejagt wurden.
    Aber Kriegsspiele waren ein alter Hut, Peter wollte einen Bösewicht, jemand, den auch andere abschießen wollten. Das Schönste an einem Videospiel war nun mal zu sehen, wie jemand seine verdiente Strafe bekam.
    Er suchte nach anderen Kriegsschauplätzen: Invasionen von Aliens, Schießereien im Wilden Westen, Spionageeinsätze. Und dann fiel Peter eine Front ein, an der er Tag für Tag im Kampfeinsatz war.
    Er könnte die Beute nehmen ... und zum Jäger machen ...
    Peter stand aus dem Bett auf und holte sein Schuljahrbuch der achten Klasse aus der untersten Schreibtischschublade. Er würde ein Computerspiel á la Revenge of the Nerds schreiben, aber zugeschnitten aufs einundzwanzigste Jahrhundert. Eine Phantasiewelt, in der die Machtverhältnisse auf den Kopf gestellt waren, wo der Underdog endlich die Chance hatte, die Superstars das Fürchten zu lehren.
    Er nahm einen Textmarker, blätterte das Jahrbuch durch und fing an, Fotos zu umkringeln.
    Drew Girard.
    Matt Royston.
    John Eberhard.
    Peter schlug die Seite um, stockte einen Moment. Dann umkringelte er auch das Gesicht von Josie Cormier.
    »Kannst du mal anhalten?«, sagte Josie, als sie keine Minute länger mehr im Auto sitzen und so tun konnte, als wäre die Begegnung mit ihrem Vater gut verlaufen. Matt war kaum rechts rangefahren, als sie auch schon die Tür aufstieß und durch das hohe Gras in die Gruppe von Bäumen am Straßenrand lief.
    Sie sank auf einen Teppich aus Kiefernnadeln und brach in Tränen aus. Was sie erwartet hatte? Sie hätte es nicht sagen können -aber jedenfalls nicht das. Bedingungslose Akzeptanz, vielleicht. Zumindest Neugier.
    »Josie?« Matt trat zu ihr. »Alles in Ordnung?«
    Sie versuchte, Ja zu sagen, aber sie hatte die Lügen so satt. Sie spürte Matts Hand in ihrem Haar, woraufhin sie noch heftiger weinte. Zärtlichkeit konnte genauso wehtun wie ein Messer. »Ich war ihm scheißegal.«
    »Dann sollte er dir auch scheißegal sein«, antwortete Matt.
    Josie sah ihn an. »So einfach ist das nicht.«
    Er schloss sie in die Arme. »Ach, Jo.«
    »Es ist albern. Ich weiß nicht mal, warum ich überhaupt heule. Ich wollte bloß ... dass er mich mag.«
    »Ich bin verrückt nach dir«, sagte Matt. »Zählt das?« Er beugte sich vor und küsste die Tränenspur auf ihrer Wange.
    »Das zählt am meisten.«
    Sie spürte, wie Matts Lippen von der Wange zu ihrem Hals und dann zu der Stelle hinterm Ohr glitten, bei der sie immer das Gefühl hatte, sich aufzulösen. Sie war unerfahren in diesen Dingen, aber Matt hatte sie jedes Mal, wenn sie allein waren, ein bisschen weiter gedrängt. Das ist deine Schuld, hatte er mit diesem Lächeln gesagt. Wenn du nicht so scharf wärst, könnte ich auch meine Finger von dir lassen. Das allein war schon das reinste Aphrodisiakum für Josie. Sie? Scharf ? Und genau wie Matt versprochen hatte, fühlte es sich wirklich gut an, überall von ihm berührt zu werden, ihn ihren Geschmack kosten zu lassen. Bei jeder neuen Intimität mit Matt hatte sie das Gefühl, von einer Klippe zu springen - dieser stockende Atem, die Schmetterlinge im

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