190 - Der Sohn des Vampirs
sie vor sich hatte: Boris Palance!
***
Als Ragon mit Chuck Maxwell eintauchte in die Dimensionen des Grauens, kam dieser zu sich. Ein eisiger Schrecken lähmte den jungen Architekten. Von dieser unnatürlichen Kälte, die jede Bewegung unmöglich machte, war auch Maxwells Herz befallen. Es konnte kaum noch schlagen. Aber sein Verstand funktionierte zu seinem Leidwesen sehr bald schon wieder einwandfrei.
Er glaubte zu träumen, als er sah, wo er sich befand.
Ragon trug ihn auf seinen starken Armen durch die Hölle.
Sie erreichten den Ort, wo Calumorg auf seine Erlösung wartete.
»Das erste Opfer, Vater!« sagte Ragon und trat mit Maxwell vor den Uralt-Vampir. Nacktes Grauen schüttelte den jungen Architekten, als er das zottelige Wesen erblickte. Er flehte um sein Leben, obwohl er wußte, daß es vergebens war. Er war so oder so ein toter Mann. Entweder starb er für Calumorg, oder Ragon trank sein Blut.
Mit kalten, grausamen Augen musterte der Uralt-Vampir den jungen Mann.
»Tu es, Ragon!« verlangte er. »Wir müssen es wenigstens versuchen!«
Der Sohn des Vampirs begab sich hinter seinen Vater und stieg auf den Felsen. Der Wind blähte seinen ausgefransten schwarzen Umhang, warf ihn hoch, so daß die blutrote Innenseite zu sehen war.
Verzweifelt bettelte Chuck Maxwell um sein Leben, doch Ragon schien nichts zu hören. Er hob den Mann hoch - über die Spitze des linken Horns von Calumorg!
Maxwell brüllte seine panische Angst heraus - und Ragon ließ ihn fallen. Das Horn durchbohrte das schreiende Opfer und ließ es verstummen. Rotes Menschenblut rann daran hinunter und tropfte auf den Felsen.
Aber ein Opfer war nicht genug…!
***
Vicky Bonney enschied sich für den Derringer, doch sie hielt ihn vor Boris Palance noch verborgen. »Wie kommen Sie in dieses Apartment?« fragte sie scharf.
Der bleiche Junge lächelte dünn. »Durch die Tür.«
»Und was haben Sie hier zu suchen?«
»Ich bin der Hausmeister, wollte nach dem rechten sehen. Und wer sind Sie?«
»Vicky Bonney. Ich bin Karen Grays Freundin. Wissen Sie, wo Karen ist?«
»Nein.« Boris Palance kam einen Schritt näher. Er ist bestimmt ein Vampir! dachte Vicky nervös. Sie zog sicherheitshalber den Derringer aus der Tasche und richtete ihn auf den Bleichen. Er hatte den Hemdkragen aufgestellt, deshalb war an seinem Hals keine Bißwunde zu sehen, aber diesen Beweis brauchte Vicky nicht. Ihr war aufgefallen, daß der junge Mann keinen Schatten hatte.
»Stop, Boris!« zischte sie.
»Sie kennen meinen Namen?« fragte er verwundert. »Was wollen Sie mit diesem lächerlichen Spielzeug? Mich erschießen?« Es klang belustigt.
»Ich weiß einiges über Sie!« gab Vicky hart zurück. »Zum Beispiel, daß Sie es auf Karen abgesehen hatten.«
»Karen Gray ist eine verführerische Schönheit«, stellte Boris Palance fest und ging weiter, als hätte Vicky nichts gesagt und würde nur mit dem Finger auf ihn zeigen.
»Ihnen hat es nicht Karens Aussehen, sondern ihr Blut angetan!«
Es zuckte kurz in Boris Palances Gesicht, als hätte ihn Vicky geschlagen.
»Dieses lächerliche Spielzeug ist mit geweihten Silberkugeln geladen, und wenn Sie noch einen Schritt näher kommen, drücke ich ab!« sagte die Schriftstellerin unerschrocken.
Unsicher blieb Boris stehen.
»Wer ist Ihr Meister?« wollte Vicky wisen.
Boris hob die Schultern. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Er hatte Karen für sich reserviert, nicht wahr? Sie machten sich an sie heran, nahmen aber Reißaus, als er erschien. Wie ist sein Name?«
»Na schön, er heißt Ragon, und ich bin stolz, ihm dienen zu dürfen«, fauchte Boris, und im selben Moment griff er Vicky Bonney geduckt an.
Sie drückte ab, doch die Kugel sauste knapp über den Vampir hinweg und bohrte sich in die Wand. Der Blutsauger prallte mit der Schulter gegen sie und rammte sie an den Wohnzimmerschrank.
Ihr blieb die Luft weg. Boris griff nach ihrer Pistolenhand und hielt sie fest. Kraftvoll verdrehte ihr der Vampir den Arm. Als der Schmerz nicht mehr zu ertragen war, ließ Vicky den Derringer fallen.
Der bleiche Blutsauger lachte grausam mit gebleckten Zähnen. »Der Meister hat bestimmt nichts dagegen, wenn ich dein Blut trinke!«
Vicky Bonney glaubte, Eiswasser würde durch ihre Adern fließen…
***
»Weißt du, wo Karen Gray wohnt?« fragte ich den Ex-Dämon, als wir zu Hause ankamen und Vicky nicht da war.
Mr. Silver nickte.
»Du hättest Vicky begleiten sollen.« Vorwurf schwang in meiner besorgten
Weitere Kostenlose Bücher