190 - Der Sohn des Vampirs
Stimme mit.
»Ich hatte versprochen, dich vom Flugplatz abzuholen.«
»Ich hätte mir ein Taxi nehmen können«, sagte ich.
»Im übrigen hat sich Vicky nicht allein zu Karen Grays Wohnung begeben. Boram begleitete sie.«
Das beruhigte mich einigermaßen, aber ich wollte mich dennoch nicht einfach in einen Sessel setzen, die Beine auf den Tisch legen und mit einem Glas Pernod in der Hand auf Vickys Rückkehr warten.
Ich hatte das dumpfe Gefühl, daß sich meine Freundin in Schwierigkeiten befand.
Trotz Borams Begleitung.
Wir verließen das Haus, und Mr. Silver übernahm wieder das Steuer meines Rover.
»Fahr nicht zu schnell«, riet ich ihm, »sonst hält uns die Polizei an, und wir verlieren wertvolle Zeit.«
Der Ex-Dämon drückte gefühlvoll aufs Gaspedal und ließ den schwarzen Wagen langsam anrollen, während mir mein sechster Sinn keine Ruhe gab und mir die schrecklichsten Visionen vorgaukelte.
Ich konnte es kaum erwarten, bei Vicky zu sein.
***
»Wir wollen auch was von ihr haben!« preßte Erna Palance gierig hervor.
Sie und ihr Mann standen plötzlich in der Tür. Vicky starrte sie entgeistert an. Drei Vampire! Und wo war Boram? War er nicht mit in den Fahrstuhl gekommen?
Erna Palance wollte als erste beißen. Sie rammte ihren Sohn mit dem Ellenbogen hart zur Seite, aber vor ihr wollte noch Albert Palance zum Zug kommen. Es gab eine Art Hackordnung unter diesen Vampiren. Der Stärkere, der sich am rücksichtslosesten durchsetzte, durfte zurst Blut trinken.
Erst wenn seine größte Gier gestillt war, kamen die anderen dran.
Vickys Nervenstränge vibrierten. »Karen Gray ist bei eurem Meister, nicht wahr?« fragte sie heiser.
»Ja«, kam es höhnisch über Boris’ Lippen.
»Ist sie auch eine…«
»Noch nicht, aber sie ist ihm verfallen, hat keinen eigenen Willen mehr«, antwortete Boris frostig. »Wenn Ragon ihr befehlen würde, dich zu töten, würde sie gehorchen. Aber das besorgen schon wir.«
»Wo hält sich Ragon mit Karen Gray auf?«
»Du wirst es erfahren, sobald du bist wie wir, dann werden wir keine Geheimnisse mehr vor dir haben.« Boris grinste breit mit seinen langen Hauern.
Ungeduldig forderte er seine Eltern auf, sich ihren Blutanteil zu nehmen, damit endlich er an die Reihe kam.
Erna Palance wollte ihren Mann übervorteilen und ihre Vampirzähne blitzschnell in Vicky Bonneys Hals schlagen, doch er durchschaute sie, krallte seine Finger in ihr Haar und riß sie zurück.
Sie kreischte wütend auf und schlug nach ihm.
Vicky sah in der Uneinigkeit der Feinde eine winzige Chance. Sie bückte sich blitzschnell nach der Derringer-Pistole, doch Boris Palance hatte das blonde Mädchen nicht aus den Augen gelassen.
Er schob die Waffe mit dem Fuß zur Seite, so daß Vicky sie nicht mehr erreichen konnte, und Albert Palance griff nach ihrem schlanken Hals und drückte sie gegen den Schrank.
In seinen Augen loderte das kalte Feuer der Hölle, als sich seine Oberlippe hob und die spitzen Augenzähne entblößte…
***
Vor dem Haus standen ein Taxi mit eingeschaltetem Taxameter und laufendem Motor - und Vicky Bonneys Leihwagen. Niemand saß in dem Fahrzeug. Mr. Silver betrat mit mir das Gebäude.
»Fünfter Stock«, sagte der Ex-Dämon.
Ich holte die Kabine mit einem Druck auf den Rufknopf ins Erdgeschoß. Vielleicht sorgte ich mich unbegründet um meine Freundin. Ich wünschte es mir. Es konnten aber auch üble Dinge im Gang sein, und ich hoffte, daß der Hüne und ich noch rettend eingreifen konnten.
Die Aufzugkabine traf ein. Augenblicke später waren wir zur fünften Etage unterwegs. Ich prüfte den Sitz meines Colt Diamondback. Vielleicht würde es nötig sein, ihn gedankenschnell aus dem Leder zu reißen und die Situation mit einer geweihten Silberkugel zu bereinigen.
Stand ich wirklich grundlos dermaßen unter Strom?
***
Plötzlich war Nebel im Raum.
Boram! schoß es Vicky durch den Kopf. Wo hat er so lange gesteckt?
Der Nessel-Vampir wurde sichtbar. Aus dem Nebel wurde eine helle Dampfgestalt, deren Erscheinen die Vampirfamilie durcheinanderbrachte.
»Loslassen!« befahl Boram mit seiner hohlen, rasselnden Stimme.
Der Befehl galt Albert Palance, und der Blutsauger gehorchte tatsächlich. Seine Hand löste sich von Vicky Bonneys Hals. Das Mädchen atmete heftig.
»Wer ist das?« kreischte Erna Palance wütend. »Wieso erteilt er uns Befehle? Woher kommt er?«
Vicky Bonney trug noch ihre Handtasche. Im Moment starrten die Vampire den Nessel-Vampir an, so daß
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