1900 - Thoregon
zum Vorschein. Autrach stufte die silberne, schwebende Kugel zuerst als eine Art Begrüßungsfeuerwerk ein. Dann erkannte er, daß er ein lebendiges Wesen vor sich hatte.
Die Kugel war zweifellos intelligent. Er spürte, daß sie einen guten Charakter besaß, daß man ihr vertrauen konnte.
In seinem Kopf sprach eine Stimme: „Ich bin ein Heliote. Ein Abgesandter des Rates von Thoregon. Du mußt einer aus dem Volk der Baolin-Nda sein."
Autrach bewegte seinen Makrokörper nicht. Er lauschte betroffen der Stimme hinterher.
Hast du es auch gehört, Temperou? fragte er das Gewissen.
Temperou antwortete: Ja.. Der Fremde besitzt offenbar telepathische Fähigkeiten.
Autrach wußte nicht, in welcher Sprache er mit dem Besucher reden sollte. Also entschied er sich für die Sprache der Mächtigen, das Idiom der Ritter der Tiefe. „Mein Name ist Autrach", sagte er. „Ich begrüße dich auf Onzhous. Hast du einen Namen?" :' „Gewiß habe ich einen", antwortete die silberne Kugel, „aber ich werde ihn dir nicht nennen." ,„Nun gut. Warum bist du hierhergekommen? Hast du die Absicht, auf Onzhous einen technischen Gegenstand zu erwerben?"
„Nein."
„Welche Absicht hast du dann? Oder Seid ihr aus Zufall hier?"
Die mentale Stimme sprach: „Kein Zufall! Ich habe den Baolin-Nda etwas mitgebracht! Es ist... ein Geschenk."
Autrach fühlte sich verwirrt, denn er war sicher, daß keiner der Baolin-Techniker jemals vorher mit einem solchen Lichtball zu tun gehabt hatte.
Oder, Temperou? wandte er sich an seinen Gefährten. Du bist sehr alt. Weißt du über diese Helioten etwas? Nein. Ich hätte es längst gesagt.
Welches Motiv besaß das fremde Wesen, einem für es unbekannten Volk ein Geschenk zu machen? „Ich möchte wissen", sagte der Hochtechniker, „was für ein Geschenk das ist."
„Öffne deine Hände!"
Autrach drehte die Handflächen nach oben. Aus dem Raumschiff der Helioten, das keine hundert Meter entfernt stand, wurde ein Gegenstand geschleudert, der etwa so groß wie eine zur Faust geballte Hand war. Der Gegenstand flog in hohem Bogen auf Autrach zu.
Eine Sekunde lang überlegte er, was er tun sollte. Dann fing er den Gegenstand automatisch auf.
Es handelte sich um ein weißes Kästchen mit abgerundeten Kanten. Autrach erkannte einen Spalt, einen Öffnungsmechanismus und ein Scharnier. Ihm wurde klar, daß er einen Behälter gefangen hatte. „Darin befindet sich ein Datenspeicher", beantwortete der Heliote die unausgesprochene Frage. „Ich möchte, daß du die Daten ansiehst und sie auswertest. Der Rat von Thoregon hält es für richtig, daß du das enthaltene Datenmaterial deinem Volk zugänglich machst. - Aber das ist nun deine Sache."
Der Heliote schwebte plötzlich von Autrach weg, zurück zu seinem Raumschiff. „Warte!" rief der Hochtechniker ihm nach. „Du kannst nicht so einfach verschwinden!"
Du siehst doch, daß er es kann, kommentierte Temperou sarkastisch.
Innerhalb weniger Sekunden hatte,}" die silberne Kugel ihr Schiff erreicht.; ,Sie verschwand in der optisch Ungewissen, formlosen Erscheinung und tauchte nicht wieder auf. .
Das Raumschiff erhob sich vom Boden, zuerst nur ein paar Meter weit. Schon beschleunigte es mit hohen Werten, ohne jedoch einen Überschallknall oder einen Sturm zu verursachen.
Autrach stellte eine Funkverbindung zur Technostadt her. Er ließ sich die Daten der Ortung geben. Demnach hatte das fremde Schiff soeben den Orbit um Onzhous passiert, kurz darauf die Grenze des Sonnensystems.
„Verschwunden", murmelte er nachdenklich.
Er starrte auf den Behälter in seinen Händen. Ein Datenspeicher? Das Auftreten des Fremden, dieses Helioten, hatte sein Interesse geweckt. Ein solches Wesen machte sich nicht umsonst große Mühe. Es wollte mit seinem Einsatz ein Ziel erreichen. 'Daß er vor einem Datenspeicher Angst haben mußte, glaubte Autrach nicht.
Er begab sich zurück in die Technostadt und ließ von einer robotischen Vorrichtung den Behälter öffnen. Im Inneren befand sich ein Datenspeicher, ein kristallines Gebilde von makelloser Struktur.
„Der Kristall ist mit einer extrem hohen Informationsdichte bepackt", hörte er den Computer sagen. „Vermutlich handelt es sich um eine Anzahl von holographischen Filmen. Entschlüsselung des unbekannten Symbolkodes läuft."
Der Heliote war offensichtlich davon ausgegangen, daß ein Baolin-Techniker mit fremden Datenformaten arbeiten konnte. Es dauerte am Ende zehn Minuten, bis der Inhalt in Bilder und Sprache
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