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192 - Nah und doch so fern

192 - Nah und doch so fern

Titel: 192 - Nah und doch so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Jedenfalls war die Sache mit Namagilly dann erledigt.«
    »Hat sie Nimbutj-ja geheiratet?«
    »Nein, wo denkst du hin?«, fragte Bienentänzer überrascht.
    »Namagilly ist gestorben! Warnambi hat einen Igoana für sie gefangen und Eintopf daraus gemacht, um Namagilly doch noch für sich zu gewinnen. Ganz allein, stell dir mal vor! Aber er ist ja kein richtiger Jäger, wie Nimbutj-ja. Deshalb hat er den Kopf nicht abgeschnitten, was man unbedingt tun muss, wegen der Giftzähne.« Bienentänzer sah zu dem Daa’muren auf. »Das war ein Anblick, sage ich dir! Igoanagift lässt das Blut gerinnen. Es wird dick wie gekochter Brabeelenbrei und platzt überall raus. (ein tatsächlicher Effekt der australischen Brown Snake) Arme Namagilly!«
    Grao’sil’aana wurde nachdenklich. Als er dann noch erfuhr, wie der Vater des Mädchens umgekommen war, nahm er sich vor, Warnambi genau im Auge zu behalten.
    ***
    Mitternacht. Geisterhaftes Mondlicht floss an den Bergen herunter, malte Silberbilder ins Wellowin und holte das bleiche Gerippe des Owomba aus der Dunkelheit. Drei Tage war es her, dass Insektenschwärme die kalte Haut der Bestie durchstoßen und neues Leben in ihr abgelegt hatten.
    Inzwischen war nichts mehr da – weder die Haut, noch die Maden. Vereinzelt hingen noch lose Fellbüschel an den Knochen. Der Wind spielte mit ihnen, ließ hin und wieder eins davon tanzen ins Geäst der nahen Schirmakazie. Dort saßen die Kukka’bus, dicht an dicht, und schliefen. Wie der Daa’mure unten am Baumstamm. Auch die Springhasen hatten sich längst zu ihren versteckten Ruheplätzen begeben.
    Es war so still im Tal.
    Unter der Erde, jenseits der Schildkrötentore, rührte sich ebenfalls nichts mehr. Die große Versammlungshöhle war verlassen, das Lagerfeuer zum glimmenden Aschehaufen herab gebrannt. Aus den Gemeinschaftsunterkünften der Familien drang leises Schnarchen. Hier und da weinte ein Kind im Schlaf, murmelte eine Mutter tröstende Worte.
    Nur in der kleinen staubigen Kammer am Nordende eines Seitengangs war noch jemand wach. Im Flackerschein einer Fackel saß Taranay zwischen den Gerätschaften der Mandori und weinte um sein verlorenes Mädchen.
    »Ich habe sie so geliebt, Onkel!«, schluchzte er.
    Warnambi streckte die Hand aus, tastete über den Arm des Jungen.
    »Die Reaktion deines Vaters muss dich sehr getroffen haben«, meinte er. Der blinde Schamane zögerte einen Moment, dann fuhr er fort: »Ich fürchte, er hält nicht viel von dir. Er denkt, du wärst dumm und faul und nur hinter den Mädchen her.«
    »Ist mir doch egal, was er denkt!«, sagte Taranay trotzig.
    »Das sollte es aber nicht.« Warnambi hob den Finger.
    »Irgendwann wird Yangingoo einen Nachfolger benennen. Ich hatte so gehofft, dass du es sein würdest, aber wie es scheint, wird er einen deiner Brüder vorziehen. Wahrscheinlich Tunburrie.«
    »Tunburrie ist blöd wie ein Kohlkopf«, sagte Taranay verächtlich.
    »Umso trauriger, wenn er die ganze Macht bekommt und nicht du.« Der Schamane seufzte. »Wenn ich Clanchef wäre, würdest du mein Nachfolger. Überhaupt würde dann alles besser!« Er seufzte erneut. »Dein Vater trifft seltsame Entscheidungen in letzter Zeit. Sieh dir nur mal an, wie er sich von diesem Fremden beeinflussen lässt.«
    Der Siebzehnjährige wischte sich über die Augen. »Grao Wongh-nga ist in Ordnung! Er hat mir das Leben gerettet.«
    »Das hat er, und dafür bin ich ihm sehr dankbar, mein lieber Neffe!«, sagte Warnambi überschwänglich. Er ließ sich Zeit, ehe er weiter sprach. »Ich werde nur den Verdacht nicht los, dass ihm dein tragisches Schicksal sehr gelegen kam.«
    »Wie meinst du das?«
    »Denk doch mal nach, Taranay! Kommt es dir gar nicht seltsam vor, dass du überlebt hast und nicht Biradoo? Ich meine: Wenn einer zwei junge Menschen in Gefahr sieht, rettet er dann nicht normalerweise erst das Mädchen?«
    Taranay runzelte die Stirn. »Was willst du damit sagen, Onkel?«
    »Nun, hätte er Biradoo heimgebracht, wäre Grao Wongh-nga nichts weiter als unser Gast. Aber er hat den Sohn des Anführers gerettet! Das macht ihn zum Helden! Und du siehst, was passiert.«
    »Äh. Tue ich das?«
    Der Schamane nickte. »Ja, denn du bist klug und lässt dich nicht einwickeln wie dein Vater, der alles gut heißt, was der Fremde vorschlägt. Du wunderst dich bestimmt, warum Grao Wongh-nga die Nächte im Freien verbringt, uns aber gleichzeitig vor einem Owombaweibchen warnt, das hier auftauchen könnte.«
    Taranay zuckte die

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