1923 - Friedensmission
hatte sich ein neues Triumvirat gebildet, das seither die Geschicke des lockeren Bündnisses leitete. Vor allem die kleineren Völker im Forum Raglund bemerkten mit kritischen Mienen, daß jetzt drei Angehörige von Blues-Nationen das Triumvirat bildeten.
Den Solmothen war das gleichgültig. Immerhin empfing sie Zio Trytun, der gatasische Vertreter des Forums Raglund, höchstpersönlich.
Apuiro spürte trotzdem deutlich die gewisse Herablassung, mit der sie der Politiker begrüßte. Er nahm daran jedoch keinen Anstoß. Zum einen ging er davon aus, daß alle hochrangigen Politiker dieses Verhalten zeigten, um eine gewisse Distanz zum „Normalvolk" zu wahren und als Autorität anerkannt zu sein; zum anderen wußte er, daß sein Volk alles andere als mächtig und bedeutend war.
Zio Trytun war fast zwei Meter lang und besaß die schlanke Gestalt der meisten Blues mit kurzen Beinen und langen, starken Armen. Das vordere, katzenartig schillernde Augenpaar auf seinem diskusförmigen Kopf betrachtete die Solmothen eingehend. Das hintere Augenpaar konnte sich praktischerweise, unbemerkt vom Gesprächspartner, mit den Artgenossen durch Blickkontakte verständigen.
Das machte Apuiro aber nichts aus; weder er noch einer seiner Artgenossen brauchten sich zu fürchten. Die Überlebenstanks verfügten über ausgezeichnete Schutzschirme - außerdem hielten sich die Blues garantiert an das Schutzabkommen.
Abgesehen davon, weshalb hätten sie den Solmothen etwas antun sollen? Sie waren nur zu zehnt und für ihre absolute Friedfertigkeit bekannt.
Sollten die Blues von dem Auftritt der Solmothen mit ihren riesigen Schutzbehältern beeindruckt gewesen sein, so zeigten sie es zumindest nicht. Sie stellten sich ausgeglichen, leicht herablassend dar, im Bewußtsein ihrer Überlegenheit.
Ein Vorteil war, daß beide Völker problemlos im Ultraschallbereich kommunizieren konnten - eine kleine Gemeinsamkeit -, allerdings benötigten sie dennoch die Translatoren aufgrund der unterschiedlichen Sprachfelder. Doch .es schien dem Blue Vergnügen zu bereiten, sich mit einem Fremdvolk „normal" unterhalten zu können.
„Es ist uns eine Ehre, daß ihr den weiten Weg unternommen habt, um uns zu besuchen", begann er seine rasch improvisierte Rede und neigte leicht„den flachen, diskusförmigen Kopf. Sein gut ausgeprägtes rotes Streifenmuster hob sich deutlich von der blaßrosa Haut ab. „Ich finde es auch sehr wichtig, daß man sich genau darüber informiert, mit wem man eine Geschäftsbeziehung hat. Das intensiviert diese Beziehung und fördert das gegenseitige Vertrauen."
„Es freut mich, daß du uns vertraust", entgegnete Apuiro und schob leicht seinen Bauch nach vorne.
„Nun, wenn man einem Solmothen nicht trauen kann - wem dann?" meinte der Gataser amüsiert. Er drehte die Flächen der siebenfingrigen Hände nach außen und spreizte die drei Daumen. „Ich möchte bei der Gelegenheit auch einmal persönlich mein tiefstes Bedauern über das ausdrücken, was man euch in der Vergangenheit angetan hat. Auch wenn sich diese Tragödie vor meiner Geburt abgespielt hat, trage ich ebenso meinen Teil der Verantwortung."
Diese schöntuerischen und absolut nichtssagenden Worte beeindruckten Apuiro nicht im geringsten. Er war knapp zwanzig Jahre jünger als Battanboo und ihm in vielen Dingen ähnlich. Auch er hatte die schlimme Zeit der Verfolgung durchgemacht, war daran gereift und weiser geworden. Der Unterschied war jedoch, daß er seine Lebenspartnerin Sonhana erst nach den Massakern kennen- und liebengelernt hatte. So war er vor dem Einzelgängerschicksal bewahrt worden.
Apuiro lag es fern, dem Gataser zu zeigen, was er von diesem Geschwafel hielt.
Geduldig nahm er es hin, wie es Art der Solmothen war. Sie respektierten und tolerierten nahezu alles. Wenn der Blue das Bedürfnis zu dieser Vorstellung hatte - bitte. Es war auch nicht notwendig, darauf hinzuweisen, daß er durchschaut wurde.
Zio Trytun konnte die feinen Zeichen ohnehin nicht verstehen. Die Körpersprache war bei den Solmothen besonders stark ausgeprägt, doch teilten sie diese nicht mit Außenstehen' den - vor allem nicht mit Landbewohnern. Sie könnten diese vielen komplizierten Gesten ohnehin nie verstehen und würden in einem sachten Flossenschlag nur eine normale Bewegung sehen, um das Gleichgewicht im Wasser zu halten.
„Ich habe diese Zeit erlebt", bemerkte Apuiro höflich, „doch ist sie längst vorbei. Neue Generationen sind seither herangewachsen. Es ist
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