1926 - Rekruten für Zophengorn
auch, ihm zufällig zu begegnen."
„Wie erkenne ich ihn?"
Fouwan lachte. „Ich versichere dir, eine Begegnung mit Direktor zehn ist eine beeindruckende Sache. Du wirst es wissen, wenn du ihn siehst."
Die Aussage heizte seine Neugierde zusätzlich an. Es gab nur ein einziges Detail, auf das er sich einigermaßen sicher verlassen konnte: Die Mitglieder des Direktoriums wurden nach dem Dienstalter durchnumeriert, also mußte Direktor 10 sehr alt sein, älter noch als Fouwan.
Unwillkürlich dachte er an einen gebeugten Greis, der durch die Hallen des Empiriums schlich; oder an eine lebendige Leiche, die als Krankentransport durch die Korridore geschoben wurde, von Leibärzten umsorgt.
Störmengord machte sich klar, daß der Lotgeborene ihm nicht weiterhelfen würde. „Ich habe eine letzte Frage an dich, Direktor acht."
„Nun gut." Fouwan schaute demonstrativ auf den Folianten, der aufgeschlagen vor ihm lag. „In meinem Alter hat man nicht mehr sehr viel Zeit. Also bitte eine Frage, die ich auch beantworten kann."
„Bald ist die Wahl. Wirst du für mich stimmen oder für Ganavald per Meden?"
„Ich habe dich um eine beantwortbare Frage gebeten, Störmengord. Aber nicht um eine Frage, deren Antwort sich erübrigt."
Der Goldner begriff, daß er sich als entlassen betrachten durfte.
Der alte Lotgeborene hatte ihn mit Herablassung behandelt. Doch er spürte, daß Fouwan seine jugendliche Energie zu schätzen wußte, und er glaubte fest daran, daß er in ihm einen stillen Förderer besaß.
*
Eismer Störmengord ging früh schlafen. In dieser Nacht kam der Schlaf sehr spät.
Bis zur Wahl würde es noch einige Tage dauern, dennoch wurde er nur schwer seiner Aufregung Herr. Was, wenn er es tatsächlich schaffte, der neue Direktor 1 zu werden?
Er wäre dann einer von zehn, nicht mehr und nicht weniger. Eine mögliche Wahl bedeutete noch lange nicht, daß seine Meinung triumphierte.
Zumindest konnte er dafür sorgen, daß im Direktorium ein neuer Ansatz diskutiert wurde.
Vielfalt stellte in seinen Augen einen grundsätzlichen Vorteil dar. Wenn alle denselben Standpunkt vertraten, sprach dies entweder für Dummheit oder für Borniertheit.
Eismer Störmengord war - am Maßstab der Bebenforscher gemessen - sehr jung. Die meisten Direktoren, die er kennengelernt hatte, würde er bei weitem überleben. Er konnte sich ausrechnen, daß er irgendwann selbst Direktor 10 sein würde.
Dumme Gedanken, überlegte er, ärgerlich auf sich selbst.
Seine Augen suchten nervös das Dunkel ab.
Störmengord wußte, daß es irgendwo in Zophengorn einen Lamuuni-Vogel gab; er konnte es nicht vergessen, besonders vor dem Schlafen nicht. Der Goldner ertappte sich dabei, wie er ins Leere sah. Der Anblick der zwei roten Lichter, die im Regal hockten, hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt. „Nein ... das ist Unsinn." Störmengord nickte ein.
Kurz darauf unterbrach ein summender Ton seinen Halbschlaf. Er kam sofort hoch, als habe er nur darauf gewartet.
Anfangs glaubte Störmengord noch, der Besuch habe etwas mit dem Lamuuni zu tun, aber Vögel pflegten nicht den Türsummer zu betätigen, und ganz besonders nicht ein Niveau-Teleporter.
Seine Hand zuckte zum Sensorfeld neben der Krippe. Der Monitor an der gegenüberliegenden Wand wurde hell.
Vor der Tür stand eine einzelne Person. Das Wesen war humanoid, doch es gehörte einem Volk an, das Störmengord niemals vorher gesehen hatte. Sein Körper war von einer unauffällig wirkenden grünen Kombination verhüllt. Die Schlangenhaut des Wesens wies einen fettigen Schimmer auf. Grüne und blaue Schuppen schützten Kopf, Hals und Hände vor Umwelteinflüssen.
Nichts deutete darauf hin, daß gerade dieser Besuch etwas Besonderes war. Trotzdem hegte der Bebenforscher keinen Zweifel daran, daß es genauso sein würde. Er fühlte sich von einer Sekunde zur nächsten vollständig klar.
Störmengord hielt es für wahrscheinlich, daß er den Halter des Lamuuni vor sich hatte.
Sehr genau schaute er auf das Bild, das der Spion ihm vermittelte. Wer da vor der Tür stand, war ihm vermutlich hoch überlegen.
Er stand auf, zog seinen schwarzen Mantel an und öffnete die Tür. Eismer Störmengord war auf alles vorbereitet
6.
Sternenprinz: Winterschlaf der Seele „Was für ein wunderschöner Anblick, Perry", flüsterte Mondra Diamond.
Ihre Fingerspitzen berührten sich, wenn auch nur für Sekunden. Zu kurz, um an Absicht zu glauben, und zuviel, als daß es noch ein Zufall
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