1931 - TraumdÀmmerung
Slirten Tuugara, aber Garmor schnitt ihm brüllend, das Wort im Munde ab. Als er dann weitersprach, tat er es wieder mit gemäßigter Stimme: „Ich will die Sache abkürzen. Es gelang mir, einige der Kodebezeichnungen zu entschlüsseln, die geheime Orte bezeichneten. Dort traf ich auf Wissenschaftler, die offiziell als tot galten. Das machte mich natürlich noch neugieriger. Eine Befragung der Toten brachte jedoch nichts ein, sie wollten mit mir einfach nicht kooperieren.
Sie anerkannten mich nicht als ihren Tanku. Das war für mich sehr enttäuschend, also blieb mir keine andere Wahl, als diesen Geheimbund aus toten Wissenschaftlern auszutilgen. Ich fand mehrere Verstecke und räucherte sie aus. Aber leider gingen mir einige der Wissenschaftler durch die Lappen. Damit war ich in einer Sackgasse angelangt. Jetzt kannst nur noch du mir helfen, Slirten, indem du ein volles Geständnis ablegst und mir verrätst, woran die Wissenschaftler gearbeitet haben."
„Wie kann ich das, wenn du mich nicht einmal zu Wort kommen läßt?" beklagte sich Slirten.
„Jetzt hast du das Wort", sagte Garmor mit einer einladenden Geste.
Slirten beteuerte wiederholt, daß diese Geheimloge von seinem Vater Lovo gegründet worden war und er nur für Nachschub an Wissenschaftlern gesorgt hatte, ohne je erfahren zu haben, woran sie genau arbeiteten.
„Und du hast dich einfach mit deiner Unwissenheit abgefunden?" wunderte sich Garmor. „Doch nicht du, Slirten!"
„Ich habe deinem Vater nicht nachspioniert, das ist nicht meine Art", beteuerte Slirten Tuugara. „Aber ich habe verschiedene Aussagen aufgeschnappt und mir meinen Reim darauf gemacht. Ich glaube, ich weiß, welchen Auftrag die Wissenschaftler hatten."
„Dann laß mich bitte an deinem Wissen teilhaben, Slirten."
„Ich glaube, daß Lovo an einer Waffe gegen die Träumer von Puydor arbeiten ließ", sagte Slirten einleitend. „Er hatte die schreckliche Zukunftsvision, daß diese Entitäten ganz Puydor befrieden könnten. Er hat mir gegenüber oft genug geäußert, daß man ihrer verderblichen Tätigkeit einen Riegel vorschieben müsse, ohne jedoch seine Vorstellungen über das Wie zu erklären. Er mißtraute in dieser Beziehung wohl selbst mir, ließ mich nur die Grobarbeit tun, um die Träumer nicht zu warnen. Ich kann nicht sagen, wie weit die Arbeit an der Waffe gediehen ist und ob die Wissenschaftler auf Erfolgskurs waren oder nicht ..."
Slirten Tuugara hielt in seinem Bericht inne, weil es den Anschein hatte, daß ihm Garmor gar nicht mehr zuhörte. Er war in Hyperaktivität verfallen, lief im Kreise, machte wütende Sätze durch die Luft, stampfte zornig auf und hielt Zwiegespräch mit dem Unsichtbaren.
Slirten hörte ihn gerade mit seltsam fremder Stimme sagen: „Du hattest die Lösung die ganze Zeit über in Händen, ohne es zu wissen, Garmor. Das Dossier, das den kraftlosen Händen Lovos entfiel, als du ihn von seinen Qualen erlöstest, das war der Abschlußbericht der Wissenschaftler. Die Überprüfung hat. ergeben, daß es sich um eine abgerundete, komplexe Sache gehandelt hat ... Nur konnte kein Außenstehender etwas damit anfangen ... Nur ein Eingeweihter aus der Loge der Wissenschaftler könnte den Bericht entschlüsseln ..."
Garmor krümmte sich plötzlich, als hätte er furchtbare Leibschmerzen. Aus seinem Mund kamen Laute, wie Slirten sie von ihm noch nie gehört hatte. Er eilte zu ihm und beugte sich besorgt über ihn.
„Ist alles in Ordnung, mein Tanku?" erkundigte er sich fürsorglich.
Garmor schnellte mit der Kraft des Exoskeletts, das in seinen Schutzanzug eingebaut war, unvermittelt hoch und kam tänzelnd auf die Beine. Sein Gesicht war eine haßverzerrte Fratze.
„Nichts ist in Ordnung!" geiferte er und ließ seine Hände überdie Funktionsleiste seines Gürtels gleiten.
Neurostrahlen lösten sich und geißelten Slirtens Körper. „Du hast unser Volk an den Rand des Abgrunds getrieben, und da fragst du scheinheilig, ob alles in Ordnung sei. Du, der du größere Schuld auf dich geladen hast als jeder der Verräter, die du gerichtet hast."
Slirten Tuugara wußte nicht, wovon Garmor redete. Er konnte sich sein Verhalten nur damit erklären, daß er endgültig den Verstand verloren hatte.
Garmor Kasistan tobte weiter. Er ließ Slirten unter pausenlosem Beschuß seiner Neurostrahlen einen absonderlichen, grotesken Tanz vollführen, peitschte den Körper des Feldherrn immer wieder zu den seltsamsten Verrenkungen. Und dabei kreischte er seine
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