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1938 - Die Farben des Bösen

Titel: 1938 - Die Farben des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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darfst das nicht tun, ich halte das nicht mehr aus", flehte sie.
    „Es kann dir dort drin nichts geschehen", murmelte Vince. „Ich habe es dir gezeigt. Es ist wie ... ja, wie die Umarmung deiner Mutter, verstehst du? Warm und weich und dich umhüllend. Niemand kann dir dort etwas tun. Ich will doch nur dein Bestes, warum glaubst du mir das nicht?"
    „Aber es ist so schrecklich finster da ...", wimmerte Tuyula. Ihr Atem ging keuchend, ihre senkrechten Wulstlippen an der Halsmitte öffneten und schlossen sich hysterisch.
    „Reiß dich zusammen, Kleines!" befahl Vincent kummervoll. „Du bist doch schon ein großes Mädchen.
    Ich verstehe deine Angst wirklich nicht. Es dauert auch bestimmt nicht lange. Du kannst den restlichen Schlaf nachholen, und bis du dich’s versiehst, hole ich dich wieder raus. Du weißt doch, daß es nie länger als ein paar Stunden dauern kann."
    „Außer wenn du von hier die Senke immer wieder neu stabilisierst! Denkst du, ich bin blöd?" schnappte die Blue.
    „Aber das wird nicht nötig sein." Vincent ergriff die Arme des Mädchens, bevor es sich ihm entziehen konnte.
    So heftig und verzweifelt sich die kleine Blue auch wehrte, der Mutant ließ sie nicht mehr los und schubste sie durch die Strukturlücke in die absolute Finsternis der Hypersenke. Bevor sie sich umdrehen konnte, war der Zugang bereits wieder verschlossen.
     
    8.
     
    Und wieder Schwarz
     
    „Es ist alles gar nicht so schlimm", zirpte Tuyula vor sich hin. Automatisch war ihre Stimmlage in den Ultraschallbereich gerutscht; sie sprach jetzt Gatasisch, ihre Heimatsprache, und nicht Interkosmo, was sie im Gespräch mit ihrem Freund Vincent immer benutzt hatte.
    Sie war allein. In der schlimmsten Finsternis, die ein kleines Mädchen sich vorstellen konnte. Daß sie das letztemal zusammen mit ihrem Beschützer hiergewesen war, tröstete sie wenig.
    Auch, daß es dieselbe Hypersenke war, half nichts - denn es war nun einmal nichts, was sie umgab.
    Sosehr sie auf Vincent Garrons Kräfte vertraute, konnte sie doch nie sicher sein, ob sie nicht doch einmal versagten.
    Was war, wenn er fliehen mußte und keine Zeit mehr hatte, sie mitzunehmen? Wenn er es nicht mehr schaffte, rechtzeitig eine Strukturlücke von einem anderen Ort aus zu schaffen und die Blase neu zu stabilisieren? Wann überhaupt hatte er die Senke das letztemal stabilisiert? Wußte er genau, wie lange sie noch hielt?
    Was geschah mit ihr, wenn die Senke in sich zusammenfiel, rasch auf die Größe eines Kieselsteinchens schrumpfte, bevor sie ganz verging? Was wurde dann aus Tuyula Azyk, dem kleinen Mädchen mit der besonderen Paragabe, die ihr in solchen Momenten überhaupt nicht diente?
    Wahrscheinlich wird es dich zerquetschen, ja, ganz langsam von allen Seiten einengen und dich immer mehr zusammendrücken, bis du regelrecht zermalmt bist! höhnte die kalte Kreatur der Angst. Was für ein Tod!
    Du wirst ihn lange genießen können, einen sehr langsamen und schmerzensreichen Tod, welch eine Wonne für meine Brüder!
    Tuyula begann zu zittern. „Das ist nicht wahr", flüsterte sie.
    Erinnere dich, was Vincent das letztemal sagte ... es ist die Wahrheit, törichtes Kind! Die Stimme der kalten Kreatur klang in ihren Lamellen wie das Zischen des Eismeerwindes. Tuyula schlug mit den Händen um sich, um das Unwesen zu vertreiben.
    Da seht sie, da seht sie, wie sie jammert und winselt! jubelte die kalte Kreatur. Sie blies Tuyula heftiger an, die bis auf die Knochen erschauerte.
    „Vincent würde das nie zulassen", wisperte sie.
    Zäh klammerte sie sich an das Vertrauen zu ihrem Beschützer. Vincent würde sie niemals im Stich lassen, das fühlte sie.
    Das schlimme war nur, daß sie von hier aus keinen Kontakt zu ihm aufnehmen konnte. Das hätte sie ein wenig getröstet. Vincent konnte sie sehen, sie aber nicht ihn. Sie besaß nicht seine Macht. Hier drin war sie von allem ausgeschlossen. Sollte Vincent etwas zustoßen, würde niemand die kleine Blue je finden können ...
    Natürlich nicht, weil du vorher auf die Größe eines Atoms zusammengequetscht wirst, wenn die Senke zusammenbricht! lachte die kalte Kreatur sie aus.
    „Hör auf!" schrillte Tuyula.
    Spar lieber deinen Atem, kicherte die Stimme der Angst. Niemand kann dich hier hören ...
    Tuyula setzte sich auf den Boden. Sie mußte dieser Angst Herr werden. Vincent hatte recht, sie war kein kleines Kind mehr. Sie mußte endlich Vernunft annehmen und in Ruhe abwarten, bis ihr Beschützer sie wieder befreite.
    Sie

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