194 - Der schlafende Teufel
Leute vom Harlequin. Zweimal hat er das schon getan. Er wird es wieder tun.«
»Es waren beide Male Pärchen«, sagte Mr. Silver.
»Ich bin auch nicht allein«, erwiderte Jubilee. »Ich habe Kenny.«
»Moment mal«, bremste ich ihren gefährlichen Eifer, »du darfst Kenny nicht in eine Sache reinziehen, der er sich nicht gewachsen fühlt, Jubilee!«
»Das ist schon in Ordnung, Tony«, warf Kenny ein. »Ein Feigling wäre bei Jubilee abgemeldet, deshalb gibt es nichts, wobei ich nicht mitmache. Vor allem deshalb schon, um in ihrer Nähe zu sein, wenn’s brenzlig wird.«
»Das nächste Pärchen, das bei Tanner einsteigt, werden Kenny und ich sein!« sagte Jubilee entschlossen. Steckte Mut oder Unvernunft dahinter? Vermutlich von beidem etwas.
***
Arras, Cheva und Gaman waren zufrieden. Sie waren noch nicht lange in der Stadt, hatten aber schon reiche Ernte gehalten. Da George Tanner hervorragend spurte, ließen sie die Zügel etwas locker. Sie erlaubten ihm, vom Diener zum Partner aufzurücken. Auf Gleichberechtigung brauchte er allerdings nicht zu hoffen. Wenn sie befahlen, hatte er weiterhin zu gehorchen.
Aber sie hatten nichts gegen seine Absicht, Jennifer Frey, die Freundin seiner Frau, zu besuchen. Ob sie dabei in Erscheinung treten würden, wußten sie noch nicht.
Sie würden es von der Situation abhängig machen.
Die Nacht verbrachte Tanner nicht in London. Er war in ein kleines Haus außerhalb der Stadt eingebrochen, hatte den Kühlschrank geplündert und sich betrunken.
Am nächsten Morgen wäre ihm beinahe ein weißhaariges, mageres Männchen zum Opfer gefallen. Der Alte war mit seinem Fahrrad unterwegs und las die Wasserzähler ab.
Er läutete auch bei Tanner, der sofort aus dem Bett sprang und zum Fenster eilte. Weder er noch die drei Teufel verspürten Lust, den alten Mann, der ohnedies nicht mehr allzulange zu leben hatte, umzubringen. Deshalb beschränkte sich Tanner darauf, das knöcherne Männchen mit dem krummen Rücken zu beobachten.
Nachdem der Alte noch zweimal geläutet hatte, stand für ihn fest, daß niemand zu Hause war. Er schob sein Fahrrad durch den Vorgarten und stieg auf der Straße umständlich auf. Er wackelte mit der Lenkstange so sehr, daß Tanner sich auf einen kapitalen Sturz freute, der dann aber doch wie durch ein Wunder ausblieb.
Großes Vergnügen bereitete es Tanner, die Wohnung zu verwüsten. Er warf mit Honig- und Marmeladegläsern um sich, zerschlug zwei teure Vasen, stieß die Beine eines Stuhls in das Glas einer Vitrine, zertrümmerte Spiegel und Beleuchtungskörper und sorgte im Bad für eine Überschwemmung, die sich nach und nach im ganzen Haus ausbreiten würde.
Unbemerkt verließ er das Haus.
Sein Taxi stand unter jungen Eichen und hinter dichten Haselnußsträuchern, etwa 500 Meter entfernt. Auf seiner Rückkehr nach London tankte er wieder, ohne zu bezahlen, und tauchte unter im anonymen Sumpf der Großstadt.
Willard Freys Tagesablauf war ihm geläufig. Er wußte, daß der Kinobesitzer um neun Uhr aus dem Haus ging und nach genau vier Stunden heimkam. Sommer wie Winter. Man konnte nach Willard Frey die Uhr stellen.
Von diesen vier Stunden hatte Jennifer zumeist drei bei Vivian verbracht. Dann war sie nach Hause geeilt, um rasch irgend etwas für ihren Mann zusammenzupanschen.
Kurz vor neun Uhr stieg Tanner aus dem Taxi. Er sah Willard Frey aus dem Haus kommen und mit seinem Wagen abfahren. Da Vivian nicht mehr lebte, hatte Jennifer jetzt bestimmt Langeweile.
Die wollte Tanner ihr vertreiben.
Er richtete es so ein, daß er niemandem auf seinem Weg nach oben begegnete. Wenn er bei Jennifer läutete, würde sie denken, Willard wäre zurückgekommen. Bedenkenlos würde sie öffnen.
Grinsend begrub er den Klingelknopf unter dem Daumen. Jennifer kam. »Willard?«
»Ja«, brummte Tanner unverständlich.
Sie öffnete die Tür. Sie trug ein hübsches Baby Doll, das ihre langen Beine gut zur Geltung brachte.
Obwohl sie noch nicht zurechtgemacht war, fand Tanner, daß sie begehrenswert aussah.
Entsetzt sprang sie zurück und sah ihn entgeistert an. »George…«
»Erfreut, mich zu sehen, Jennifer?«
Er hatte Vivian eiskalt und ohne jeden Grund umgebracht. Jedenfalls war ihr kein Grund bekannt, und Vivian hatte über alles mit ihr gesprochen. Jennifer hatte begreiflicherweise Angst vor diesem Mörder, der ihrer Ansicht nach geisteskrank sein mußte.
»George…« stammelte sie. »Wo… wo kommst du her…? Ich meine, du… du wirst von der Polizei
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