1958 - Der Oxtorner und sein Okrill
auf das Heliotische Bollwerk und fand einen grausamen Tod. Alle, die Myles geliebt hatte und noch liebte, weilten nicht mehr unter den Lebenden. Für den Wissenschaftler bedeutete es in letzter Konsequenz, sich nie mehr zu verlieben, überhaupt niemals jemanden in sein Herz zu schließen und sich einzig und allein der Wissenschaft hinzugeben. „Ein Fluch lastet auf mir", wiederholte er.
Auch der Syntron meldete sich wieder und führte ihm vor Augen, dass er nicht einmal in seiner eigenen Kabine allein war. „Wlaschos ist nicht stabil", ertönte erneut die Meldung. „Wlaschos?" Es handelte sich um den einzigen Pulsar im Gefüge des Sonnentresors. Er besaß einen Durchmesser von hundertdreißig Kilometern und die achtfache Masse Sols. Wlaschos stand im mittleren Bereich der Kugelschalen-Staffelung. „Du hast richtig verstanden."
„Ich komme." Er fuhr herum und riss dabei fast den Tisch mit den Uhren um. Die Repliken wackelten und dröhnten.
Sie begannen wie auf Kommando zu schlagen und erzeugten ein Getöse, das ihn regelrecht zur Flucht aus der Kabine trieb. Wie von Furien gehetzt rannte er hinaus auf den Korridor und schlug die Richtung zu den Labors und wissenschaftlichen Sektionen ein. „Wlaschos also", murmelte er. Viele Alternativen gab es nicht. Ein Pulsar stellte in der Gruppe der Neutronensterne die auffälligste Kategorie dar. An Pulsaren ließ sich nicht viel ablesen, aber das, was sie einem mitteilten, war aufschlussreich.
Myles erreichte das Hauptlabor der ENZA und blieb ruckartig stehen. Das Hologramm mit der Darstellung des Sterns füllte fast die ganze vordere Hälfte des Raumes aus. Es ähnelte einer Nova, die sich bedrohlich aufblähte. „Wieviel?" fragte Myles. Stippen Figular saß vor einem der Auswertungsterminals und blickte kurz auf. „Knapp über fünf Tausendstel sind's." Fünf Tausendstel innerhalb von rund sechs Wochen. Das war viel.
Bei der Ankunft der GILGAMESCH in Chearth hatte die Pulsfolge von Wlaschos exakt 15,2363 Sekunden betragen. Inzwischen lag der Wert bei 15,2311 Sekunden. Wenn sie die Beschleunigung auf Jahre und .Jahrtausende hochrechneten, konnten sie erkennen, wann in etwa der kritische Wert erreicht war, in dem der Pulsar seine Stabilität verlor.
Myles vergaß übergangslos Uhren und Vergangenheit und richtete seine Aufmerksamkeit komplett auf die wissenschaftliche Erkenntnis. Er sank in den Sessel vor seinem Terminal und vertiefte sich über zwanzig Stunden lang in die Messwertvergleiche aller Faktoren, die sie bisher über den Sonnentresor gewonnen hatten. „Stippen, es liegt an den Gravowellen", sagte er unvermittelt. „Tut mir leid", meldete sich der Syntran. „Stippen ist in der Schlafpause. Du bist zur Zeit allein im Labor."
„Egal. Zeichne meine Worte auf! Die Gravitationswellen, die Wlaschos von den anderen Sternen des Tresors erreichen, beschleunigen seine Rotation. Der Wert erscheint minimal, ist jedoch auf Zeitspannen von ein paar tausend Jahren beträchtlich.
Der Pulsar wird in sich zusammenstürzen und sich in ein Schwarzes Loch verwandeln. Das bedeutet das Ende des Sonnentresors. Wenn wir die Manipulationen durch die Algiotischen Wanderer dazurechnen ..."
Der Aktivatorträger sprang auf einmal auf. „Information an die gesamte Flotte! Möglicherweise zerbricht der Tresor innerhalb der nächsten Jahre.
Oder es sind nur noch Wochen!" Atlan meldete sich über den Interkom. „Dann hat Garron mit seiner Warnung recht?"„Allerdings. Hast du etwa daran gezweifelt?"Der Arkonide gab keine Antwort und unterbrach die Verbindung. Die Gestalten der Nonggo tauchten vor Myles' innerem Auge auf. Er sah die klapperdürren Wesen so, wie er sie damals in Kenteullen erlebt hatte, beim ersten Austausch von zwei Faktorelementen zwischen Terra und dem Reich dieser Wesen.
Die Sphärenräder hatte er selbst nie in ihrer kompletten Dimension gesehen, aber die Berichte darüber hatten ihn fasziniert. Die komplizierte Konstruktion war absolut fehlerlos. Sie würden selbst in einer Million Jahren noch genauso existieren wie heute. Erneut und diesmal deutlich intensiver stellte er sich die Frage, wie die Nonggo bei der Errichtung des Sonnentresors einen solchen Fehler hatten begehen können. „Möglicherweise planten sie, nach fünfzigtausend Jahren hierher zurückzukehren", diktierte er dem Syntron. „Aber sie hätten merken müssen, dass das System viel früher kollabiert."
Sosehr er sich den Kopf darüber zerbrach, er fand keine befriedigende Antwort. Diese
Weitere Kostenlose Bücher