1966 - Der Schattenbruder
Großmeister des Sandes, den stärksten Psi-Reflektor, den die Gharrer je hervorgebracht haben sollten. Doch ihm war kein Erfolg beschieden: Der Zwilling war und blieb für ihn eine Legende. Er fand noch nicht einmal heraus, was es mit seinem ungewöhnlichen Namen auf sich hatte.
Manchmal wandte er sich in seiner Frustration, wenn nicht sogar Verzweiflung, an seinen Schattenbruder, der ihn ja schließlich schon einmal auf den rätselhaftesten aller Gharrer aufmerksam gemacht hatte, doch nie bekam er Antwort. Der Totling schien ganz allein zu entscheiden, wann er mit seinem Bruder kommunizierte, und sich darauf zu beschränken, ihn vor unmittelbaren Gefahren oder bedeutenden Entwicklungen zu warnen. Zehn Jahre lang blieb er stumm, und schließlich fragte Mhogena sich, ob seine Kontakte mit dem Schattenbruder nicht doch nur Visionen gewesen waren - oder der Zwilling sie ihm vielleicht sogar eingegeben hatte, um ihn auf perfide Art und Weise zu bewegen, seine Erfüllung genau dort zu suchen, wo er sie nun gefunden hatte.
Nachdem Mhogena mit achtzehn Jahren seine Ausbildung abgeschlossen hatte, war er bereits zwei Jahre als Diplomat tätig, als ihn der Ruf aus der Heimat ereilte. Der Protektor von Pauthor war bei einem Unfall ums Leben gekommen. Es war noch nie vorgekommen, dass ein Gharrer von lediglich zwanzig Jahren solch eine verantwortungsvolle Position einnahm, doch die planetare Verwaltung hatte den Vorschlag der Akademie von Thagarum akzeptiert, ihn zu seinem Nachfolger zu ernennen. Dabei ließ sie sich weniger von dem Umstand beeinflussen, dass Mhogena von dieser Welt stammte, als von seiner Qualifikation, die die Akademie ausdrücklich bestätigte.
„Das Amt des Protektors ist eins der wichtigsten in unserer Galaxis", rissen Phisagons Worte ihn aus seinen Überlegungen. Es wurde Zeit, dass er sich konzentrierte. Die Vereinigung stand unmittelbar bevor. Nun musste er den Beweis antreten, dass er das Motto der Gharrer in die Wirklichkeit umsetzen konnte: Alle sind eins. „Nur wenige von uns erinnern sich an den Kontakt mit den Verblendeten, die vor fast sechshundert Jahren mit brutaler Gewalt unsere Kontakter abgewehrt haben", sagte der Meister des Sandes. „Doch spätestens seit diesem Zeitpunkt wissen wir, welche Bedeutung bei Kontakt mit aggressiven Kulturen diesen Schutzherren zukommt. Wenn wir nun Mhogena als neuen Protektor Pauthors vorschlagen, dann nicht, weil er ein Sohn dieser Welt ist, sondern sich in den Jahren, die er bei uns war, als der Aufgabe gewachsen erwiesen hat. Alle sind eins, und Mhogena wird nun den Beweis antreten und die Vereinigung vollziehen."
Seltsamerweise verspürte er nicht die geringste Nervosität, als er sich erhob. Nicht einmal der Rest eines Zweifels verunsicherte ihn. Er wusste, als Protektor würde er seine Erfüllung finden und seine Kräfte am besten für die Gharrer einsetzen können. Er war ganz ruhig, als er in die Aufnahmegeräte schaute, die sein Bild nun auf ganz Pauthor zeigten. In diesem Augenblick kamen alle Feierlichkeiten des Tages zum Erliegen. Festmahle wurden unterbrochen, sportliche Wettkämpfe gingen in die vorbereitete Pause, der Verkehr kam zum Erliegen. Kranke und Alte nahmen ihre letzte Kraft zusammen, Gesunde und Junge stützten sie, Kinder hielten in .ihrem Spiel inne.
Ein Wispern ging um die riesige Welt mit ihrer Wasserstoffatmosphäre. Alle sind eins. Mhogena öffnete seine parapsychischen Sinne. Und sah sie! im Geiste vor sich, die Gharrer, ein unendlich großer Flickenteppich aus Milliarden einzelner Punkte, ein jeder davon die psireflektorische Kraft der Wasserstoffatmer. „Das Ganze ist größer als die Summe seiner einzelnen Bestandteile", murmelte er und fügte sie zusammen, formte sie, vereinigte sie. Es gelang ihm problemlos, und ihn durchfloss ein Hochgefühl, das aber nichts mit Stolz zu tun hatte, höchstens mit Befriedigung.
Ich habe meine Bestimmung gefunden, dachte er. Ich kann meinem Volk auf diese Weise am besten dienen! Er spürte die psireflektorische Kraft der Gharrer Pauthors in sich, war aber gleichzeitig nur ein kleines Teil des Ganzen. Doch diesem Teil oblag es, die Milliarden einzelner Impulse umzuwandeln, zu potenzieren. Die Kräfte jedes einzelnen wurden in der Vereinigung derart verstärkt, dass sie einen für Emotionen und Psi-Kräfte undurchdringlichen Schild bildeten, der bis in den Orbit des Planeten reichte. Ein psireflektorischer Wall legte sich um Pauthor, umschloss die Welt lückenlos.
Und das
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