1969 - Grausame Götter
gern tröstende Worte gespendet, aber das erlaubten ihr die Stimmen in ihrem Ohr nicht. Sie forderten sie auf, das Verhör fortzusetzen. „Du warst zehn Tage weg, Vince", sagte Tuyula. „Was hast du in dieser Zeit erlebt?"
„Einen Farbenrausch sondergleichen", antwortete er. „Es war ein unglaubliches Erlebnis, das ich immer noch in mir trage. Zehn Tage, sagtest du? Ich habe das Gefühl gehabt, dass es eine köstliche Ewigkeit gedauert hat... Eine Ewigkeit und zugleich keine Zeit - als ob ich in einer Art Zeitlosigkeit gefangen gewesen wäre. Ich kann's nicht beschreiben, vielleicht war es der Hyperraum selbst, der mich über die Zeit hob. Aber dann war alles auf einmal vorbei. Mit einem Schlag. Ganz brutal."
„Erzähl mir mehr über die Farben, Vince. In welcher Art haben sie sich dir gezeigt? Welche Formen hatten sie? Wie waren die Begleitumstände? Das möchte ich von dir erfahren, Vince."
„Ich erinnere mich nur noch ganz vage daran", sagte der Mutant mit gequältem Gesichtsausdruck. „Alles liegt wie hinter einem Schleier."
„Heb den Schleier, versuch dich zu erinnern! Das könnte von großer Bedeutung sein. Auch für deine Rückführung in die Realität. Versuch dich daran zu erinnern, wie alles angefangen hat ..."
„Ich weiß nur noch, wie es geendet hat", sagte Garron verbittert. „Er hat alles zunichte gemacht."
„Wer? Von wem sprichst du, Vince?"„Von Soboth. Als er sich einmischte, war es mit den Farben vorbei. Ich ..." .Vincent Garron verstummte, sein Gesicht begann sich zu verzerren, und dann sagte er mit veränderter Stimme: „Das reicht fürs erste. Mehr gibt es erst, wenn ihr auch was für uns tut. Holt uns erst einmal aus dieser Falle! Dann wird euch Vince wieder zur Verfügung stehen." Damit war klar, dass Garrons andere Persönlichkeit, die er vor kurzem noch verleugnet hatte, die Herrschaft über seinen Körper übernommen hatte.
„Da ist nichts zu machen", sagte Dr. Trovan achselzuckend. „Ich fürchte, wir müssen zuerst mit der Soboth-Persönlichkeit verhandeln, bevor wir mehr von Vince erfahren können." Atlan deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Parapsychologin. „Das übernimmst am besten du, Barbara.
Wir Laien halten uns da heraus. Und wir gönnen Tuyula eine Atempause. Sie könnte psychischen Schaden nehmen, wenn sie mit der Soboth-Persönlichkeit verhandeln müsste."
„Und worauf soll ich eigentlich hinsteuern?" wollte die Parapsychologin wissen. „Mach Soboth klar, dass ohne Garron nichts läuft!" antwortete Atlan. „Solange er Garron unterdrückt und ihm nicht gestattet, uns die gewünschten Auskünfte zu geben, können wir auch nicht helfen. Es muss darauf hinauslaufen, dass Garrons Informationen der Schlüssel zu ihrer beider Rettung sind."
„Entspricht das auch den Tatsachen?"„Weiß ich doch nicht", antwortete Atlan. „Es könnte aber durchaus sein, dass Garrons Wissen für uns von Bedeutung ist." Damit überließ Atlan die Parapsychologin sich selbst. Ihm war schon klar, dass er Barbara Trovan gewissermaßen allein im Regen stehen ließ. Aber schließlich fiel das Problem mit Garrons Schizophrenie in ihr Fachgebiet. Es war ihre Aufgabe, damit fertig zu werden.
Atlan und die anderen hatten wichtigere Dinge zu erledigen. Für sie ging es in erster Linie darum, den Sonnentresor nicht außer Kontrolle geraten zu lassen und den Ausbruch der Guan aVar zu verhindern. Das war schwer genug, denn die Algiotischen Wanderer taten alles, um ihren Bemühungen entgegenzuarbeiten. Ihr neuester Streich war die Manipulation an der Schaltstation Huscoot, durch die ein Dimensionsriss entstanden war der inzwischen eine Länge von zweieinhalb Lichtwochen erreicht hatte. Und keiner der Hyperphysiker um Myles Kantor konnte ein probates Mittel finden, um diesen Riss wieder zu kitten. Die Vermessung des Risses hatte nichts eingebracht...
Wenigstens war der Pulsar Wlaschos im Moment vergleichsweise stabil. Doch Wlaschos war nicht das Maß aller Dinge, kein Garant für die Stabilität des Sonnentresors. Wenn der Pulsar kollabierte und in ein Schwarzes Loch zusammenstürzte, dann würde das Gleichgewicht aller Sonnen des Sonnentresors derart empfindlich gestört, dass dieser zu existieren aufhören würde und die Guan aVar die Freiheit erlangten. Es war überaus erfreulich, dass diese Gefahr im Moment nicht bestand.
Aber das garantierte nicht, dass die Algioten nicht andernorts durch ihre Manipulationen irreparable Schäden anrichten konnten, wie das Beispiel der
Weitere Kostenlose Bücher