197 - Der Geist im Kristall
hatte er sich hier in diesem grünen Kristall wieder gefunden. Seine physische Hülle, so erklärte Taraasis, hatte die Abwesenheit des Geistes nicht verkraftet. Die daa’murische Methode hatte bei ihm nicht funktioniert – so einfach war das.
Von heute auf morgen den Körper verloren und doch nicht tot… Heute konnte Smythe das mit Galgenhumor betrachten.
Damals hatte er getobt und diese verdammte Brut verflucht, und versucht, sich das Leben zu nehmen, was mangels Körperlichkeit scheitern musste. Mit der Zeit aber hatte sein Geist sich damit abgefunden. Immerhin hatten diese Kreaturen seine Genialität erhalten und begegneten ihm mit Hochachtung und Respekt. Und sie brauchten ihn. Das gab seiner Existenz einen Sinn.
Smythe wandte sich an den Sol. (Hast du deine Waffe nach meinen Plänen weiterentwickeln können?) (Wir sind nicht hier, um über meine Waffe zu reden, Jeecob’smeis.)
(Oh! Worüber du auch immer mit mir sprechen willst, ich bin ganz Ohr! Wenn der Vergleich in meinem Fall auch hinken mag.)
(Wir wollen von dir erfahren, wie wir den Wandler wieder deaktivieren können.)
Smythe glaubte nicht richtig verstanden zu haben.
(Deaktivieren? Das setzt voraus, dass er reaktiviert wurde! Ihr habt es also doch noch geschafft?)
(Der Wandler hat sich selbst reaktiviert! Er ist ein eigenständiges Lebewesen!)
(Ein… Lebewesen?) Wilde Gedanken und Erinnerungen tobten wie ein Blitzgewitter durch Smythes Verstand.
Er hatte den Wandler einst als den angeblichen Kometen
»Christopher-Floyd« kennen gelernt, der im Februar 2012 auf der Erde einschlug. Er selbst, Jacob Smythe, Vorsitzender der Astronomic Division der U.S. Air Force, Professor der Astrophysik und Doktor der Medizin, hatte damals die Untersuchungen über den Kometen geleitet. Und er hatte ihn mit eigenen Augen aus nächster Nähe gesehen! In einem Jet der U.S. Air Force, als wissenschaftlicher Begleiter des Piloten, dieses verfluchten Commander Matthew Drax.
Wie eine Feuerfaust hatte der Komet damals den Himmel durchbrochen und sich flammend in den Leib der Erde gebohrt – während die Fliegerstaffel durch eine Art Zeitriss in diese postapokalyptische Welt geschleudert wurde, in das Jahr 2516.
[5]
In den darauf folgenden Jahren erfuhr er dann, dass der Komet in Wahrheit die Raumarche der Daa’muren war. Er selbst half ihnen bei den – leider vergeblichen – Versuchen, sie wieder in Gang zu bringen.
Und nun sollte diese Raumarche keine Raumarche, sondern ein Lebewesen sein, das sich selbst wiederbelebt hatte? Ein Lebewesen, das die Daa’muren nicht mehr kontrollieren konnten? Oder warum wollten sie es deaktivieren?
Smythes Neugierde war geweckt. Er musste alles über dieses Wesen in Erfahrung bringen! (Ihr wollt ihn also deaktivieren, aha. Wenn ich euch helfen soll, muss ich wissen, wie genau er sich aktiviert hat und welche Art Lebensform er ist. Ich brauche Informationen; jede Menge Informationen!) Aufmerksam folgte er den Berichten der Daa’muren. Er versäumte dabei nicht, jeden Winkel ihrer Auren abzutasten, und machte dabei eine interessante Feststellung: Während Taraasis und Bowaan den Wandler wirklich nur deaktivieren, also sozusagen einschläfern wollten, um ungestört die Weltherrschaft weiter zu verfolgen, war der Sol geradezu davon besessen, den Wandler zu vernichten. Wie die Sache ausgehen würde oder was danach kam, war ihm völlig egal.
Als Smythe begriff, wie verzweifelt der sonst so überlegene Sol war, keimte Hoffnung in ihm auf. Möglicherweise lag in dieser neuen Situation sogar eine Chance, dem Kristallgefängnis zu entkommen.
Wunderbar! Wenn auch versteckt, so spürte Smythe doch deutlich blanken Hass in der Aura des Sol. Er fragte sich, wie der Führer der Daa’muren zu diesen niedrigen Beweggründen kam. Lag es vielleicht an dem genetisch bedingten Defekt, den Smythe schon vor längerer Zeit im Kopf des Sol ertastet hatte?
Dieser Bereich, der für die Ausbildung negativer Emotionen zuständig ist, war beim Wirtskörper des Sol unverhältnismäßig ausgeprägt. Hinzu kam, dass Konvergenzzonen, in denen körperliche, emotionale und geistige Eindrücke verknüpft und gespeichert wurden, chronisch überreizt waren. Sie lösten in unregelmäßigen Abständen chemische und neuronale Fehlreaktionen im Gehirn aus.
Ein solcher Befund bedeutete beim Menschen Realitätsverlust, Affekthandlungen und diverse körperlichen Ausfälle. Smythe war sich sicher, dass der Sol bereits an ähnlichen Symptomen litt.
Eigentlich
Weitere Kostenlose Bücher