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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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war naß und stank nach der Pisse eines fremden Mannes.
    Ich zog die Hose über die Schuhe.
    Langsam stand ich auf.
    Ich fiel zurück, stand wieder auf und verließ wankend die Baustelle.
    Das Auto stand mit geschlossenen Türen in der Dunkelheit.
    Ich probierte beide Türen.
    Abgeschlossen.
    Ich nahm einen zerbrochenen Ziegelstein, ging zum Beifahrerfenster und schlug die Scheibe ein.
    Ich zog die Türverriegelung auf.
    Ich öffnete die Tür, nahm den Ziegelstein und schlug das Schloß im Handschuhfach ein.
    Ich zog Straßenkarten, muffige Lappen und einen Ersatzschlüssel heraus.
    Ich ging zur Fahrerseite, schloß auf und stieg ein.
    Ich setzte mich in den Wagen, starrte die dunklen, leeren Häuser an und erinnerte mich an das beste Fußballspiel, bei dem ich je mit meinem Vater gewesen war.
    Huddersfield gegen Everton. Huddersfield Town kriegt einen Freistoß an Evertons Strafraumgrenze. Vic Metcalfe tritt an, zirkelt den Ball um die Mauer, Jimmy Glazzard köpft ein. Tor. Der Schiri gibt den Treffer nicht, ich weiß nicht mehr, warum, sagt: »Wiederholung.« Metcalfe tritt erneut an, zirkelt den Ball um die Mauer, Glazzard köpft ein. Tor, und die Anhänger toben.
    8:2.
    »Die Presse wird ihren Spaß haben. Die machen sie fertig«, hatte mein Vater gelacht.
    Ich warf den Motor an und fuhr zurück nach Ossett.
    Auf der Einfahrt in der Wesley Street sah ich auf die Uhr meines Vaters.
    Sie war nicht mehr da, verdammt.
    Es mußte etwa drei Uhr sein.
    Verdammt, dachte ich, als ich die Hintertür öffnete. Im Hinterzimmer brannte Licht.
    Verdammt, ich sollte wenigstens hallo sagen. Es hinter mich bringen.
    Ma saß angezogen, aber schlafend, im Schaukelstuhl.
    Ich machte die Tür zu und ging die Treppe hinauf, eine Stufe nach der anderen.
    Ich legte mich in meinen nach Pisse stinkenden Klamotten aufs Bett, betrachtete im Dunkeln das Poster von Peter Lorimer und dachte, das hätte Dad das Herz gebrochen.
    145 km/h.

DRITTER TEIL
     
Wir sind die Toten

10. K APITEL
    Sonntag, 22. Dezember 1974.
    Um fünf Uhr früh brachen zehn Polizisten unter Leitung von Detective Superintendent Noble die Tür zum Haus meiner Mutter mit Vorschlaghämmern auf, verpaßten ihr eine Ohrfeige, als sie in den Flur trat, schoben sie wieder ins Hinterzimmer zurück, stürmten mit Schrotflinten die Treppe hoch, zerrten mich aus dem Bett, rissen mir büschelweise Haare aus, traten mich die Treppe runter, verprügelten mich, als ich unten landete, zerrten mich zur Tür hinaus und warfen mich über den Asphalt in einen schwarzen Lieferwagen.
    Sie schmissen die Türen zu und fuhren davon.
    Hinten im Lieferwagen schlugen sie mich besinnungslos, dann ohrfeigten sie mich und pißten mich an, bis ich wieder zu mir kam.
    Als der Wagen zum Stehen kam, öffnete DS Noble die Tür, zerrte mich an den Haaren und schleuderte mich über den hinteren Parkplatz der Wakefield Police Station, Wood Street.
    Zwei Uniformierte schleiften mich dann an den Füßen die Steinstufen hinauf ins Gebäude, wo die Flure links und rechts voller schwarzer Gestalten standen, die mich schlugen, traten, bespuckten und mich immer und immer wieder an den Fersen die gelben Flure rauf und runter schleiften.
    Sie photographierten mich, zogen mich aus, schnitten mir den Verband von der rechten Hand, photographierten mich noch mal und nahmen mir Fingerabdrücke ab.
    Ein pakistanischer Arzt blendete mich mit einer Taschenlampe, wischte mir mit einem Spatel im Mund herum und kratzte unter meinen Fingernägeln.
    Dann steckten sie mich nackt in einen fensterlosen, grellerleuchteten Raum von zweieinhalb mal anderthalb Metern, setzten mich hinter einen Tisch und legten mir hinter dem Rücken Handschellen an.
    Dann ließen sie mich allein.
    Eine Weile später ging die Tür auf, und jemand schleuderte mir einen Eimer voller Urin und Fäkalien ins Gesicht.
    Dann ließen sie mich wieder allein.
    Eine Weile später ging die Tür auf, und jemand bespritzte mich mit eiskaltem Wasser aus einem Schlauch, bis ich vom Stuhl fiel.
    Dann ließen sie mich allein auf dem Boden liegen, mit Handschellen an den Stuhl gefesselt.
    Ich konnte aus einem anderen Zimmer Schreie hören.
    Das Geschrei ging etwa eine Stunde lang weiter und hörte dann plötzlich auf.
    Stille.
    Ich lag auf dem Boden und hörte das Licht summen.
    Eine Weile später ging die Tür auf und zwei große Kerle in guten Anzügen kamen mit Stühlen in den Händen herein.
    Sie schlossen die Handschellen auf und stellten meinen Stuhl wieder

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