1975 - Sonnenecho
sie zu ungewollten Assoziationen.
Darum schwenkte sie den Kontursessel um 180 Grad, so daß ihr Blick auf das Schaltpult gerichtet war.
Myles Kantor sah kurz auf, reagierte aber nicht auf Tuyulas Eigenmächtigkeit. Er gab seinen Assistenten mit ruhiger Stimme Anweisungen und nahm mit sicherer Hand verschiedene Schaltungen vor.
„Wir sind jetzt auf Sendung", kommentierte er sein Tun. „Unsere Signale treffen ins Zentrum der Hypersenke und hoffentlich geradewegs in Garrons Gehirn. Er muß uns empfangen. Er darf uns nicht ignorieren."
Tuyula faßte sich als Konzentrationshilfe mit ihren siebenfingrigen Händen an den Kopf und schloß alle vier Augen. Sie dachte intensiv an Vincent Garron. .
Hörst du die Signale, Vincent? Das ist ‘eine Botschaft für dich. Folge dem Ruf, er wird dich in Sicherheit bringen! An seinem Ursprung wartet ein neuer Körper auf dich. Du kannst deinen alten abwerfen und wirst wie neugeboren sein. Folge den Signalen ...
Tuyula war schon klar, daß Vincent ihre Gedanken nicht empfangen konnte. Aber sie hoffte, daß wenigstens die Bedeutung ihres Inhalts auf ihn überfließen und ihn in ihrem Sinne beeinflussen würde.
Zusammen mit den Signalen des Hyperraum-Resonator mußte das die gewünschte Wirkung erzielen.
Myles Kantors Stimme drang wie aus weiter Ferne in ihren Geist: „Okay, wir sind mit unseren Sendungen genau im Ziel. Wenn Garron nicht hört, dann ist er tot. Und jetzt rücken wir die beiden Avataras in den Fokus. Ein deutlicheres Zeichen, worum es uns geht, können wir dem Mutanten nicht geben. Das muß er einfach kapieren ..."
Noch bevor Myles zu Ende gesprochen hatte, vernahm Tuyula neben sich einen gurgelnden Aufschrei, der von einem Poltern gefolgt wurde. Sie schreckte aus ihrem Sitz hoch und blickte verwirrt um sich. Jetzt kamen auch aufgeregte Rufe vom Kommandopult, Myles Kantor und seine Helfer sprangen aus ihren Sitzen und kamen herbeigeeilt.
Und Arnulf Rohmer rief voller Entsetzen: „Was hat das zu bedeuten? Drei, was ist mit dir los? Bei ES, was passiert hier?"
Der Avatara mit den mechanischen Sehhilfen hatte seinen Sitz verlassen und war gegen das Schirmfeld geprallt. Er war zurückgeschleudert worden und zu Boden gefallen. Nun rappelte er sich mit unkontrollierten Bewegungen wieder hoch. Er kam auf die Beine, machte ein paar torkelnde Schritte und fiel wieder hin. Er wand sich auf dem Boden und schlug mit Armen und Beinen um sich. Schaum trat ihm aus dem Mund.
„Drei! Drei! Drei!" rief Arnulf Rohmer immer wieder.
Als Myles Kantor heran war, beugte er sich mit der gebotenen Vorsicht über den tobenden Androiden und rief eindringlich: „Vince! Vincent Garron! Nimm diesen Körper an! Zerstöre ihn nicht! Er ist deine einzige Chance."
Aus dem Mund des Androiden drangen kehlige Laute. Tuyula glaubte zuerst, daß es sich dabei um sinnloses Zeug handelte. Allmählich erkannte sie jedoch, daß der Androide Formeln von sich gab, eine endlose Reihenfolge irgendwelcher Formelsätze. Und er tat es mit fremder Stimme, die nicht zu Drei gehörte. Es war aber auch nicht Vincent Garrons Stimme.
Soboth! durchfuhr es Tuyula. Vincents Soboth-Persönlichkeit hat den Androiden übernommen!
Plötzlich wurde der Androidenkörper wie von unsichtbaren Kräften geschüttelt. Rauch stieg aus seinem nun stummen, weit geöffneten Mund auf. Sein Körper war auf einmal in ein Netzwerk von zuckenden Blitzen gehüllt. Seine Sehhilfen begannen zu glühen, barsten mit lautem Knall. Ein Gestank nach verschmorten Fleisch ging von ihm aus.
Der Kehle von Drei entwich ein letztes unmenschliches Kreischen, dann regte er sich nicht mehr.
Tuyula Azyk schluchzte auf und wandte sich ab. Dann wurde sie auf einmal ganz still und schlich sich gedrückt aus dem Kreis, der die Überreste des Avatara Nummer drei umstand.
Nur Vier saß immer noch wie unbeteiligt in seinem Kontursessel und ließ das Szenario um den Roten Riesen auf sich einwirken.
*
„Was ist da schiefgelaufen?" wollte Myles Kantor von Arnulf Rohmer wissen. „Ich meine, abgesehen davon, daß die Soboth-Persönlichkeit die Oberhand über Vincent Garron errungen hat."
„Ich kann es mir selbst noch nicht erklären", sagte Arnulf Rohmer mit kreidebleichem Gesicht. „Ich muß mir erst einmal den Schaden ansehen. Aber eine exakte Analyse kann dauern."
„Ich will im Moment keine umfassende Analysen<, erwiderte Myles Kantor, „sondern bloß eine plausible Erklärung für den Ausfall des Avataras."
„Das ist kein Problem",
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