1975 - Sonnenecho
Anliegen.
„Entschuldige, wenn ich dich mit einer unbedeutenden Angelegenheit belästigen maß", sagte Praga re Nolo demütig. „Aber der Saggarer Jedro-Dwede, Kommandant des Knoten RUTANGH, verlangt nach einer Audienz. Er läßt sich nicht abschütteln."
„Worum geht es?"
„Das will er nur dir mitteilen. Aber ich weiß, daß es in den Reihen der Saggarer viele Unzufriedene gibt."
„Uneinigkeit dürfen wir uns in diesen wichtigsten Stunden der algiotischen Völker nicht erlauben", sagte Norgo ro Yong fest. „Wir müssen zusammenhalten und fest im Glauben sein. Führe Jedro-Dwede vor!"
Norgo ro Yong ließ den Saggarer noch eine Weile warten, bis sich sein körperlicher Zustand vollends normalisiert hatte. Jetzt fühlte er sich stark genug, alle Widerstände zu brechen und Schwächlinge zu stärken. Er nahm würdevoll in seinem Scoctorenthron Platz und erwartete den Bittsteller mit fest umklammertem Liandos.
Jedro-Dwede war ein Echsenwesen mit braun geschupptem Körper und einem überproportioniert großen Kopf mit stumpfer Schnauze. Der Saggarer war nur knapp 1,3 Meter groß, und vor dem Scoctoren wurde er noch kleiner und unbedeutender. Norgo ro Yong forderte ihn auf, sein Anliegen vorzubringen „Du weißt, daß wir Saggarer im Glauben immer sehr stark waren und es den Tazolen gleichzumachen versuchten", begann der Saggarer zaghaft, wurde aber immer selbstsicherer, bis die Worte flüssig aus seinem Echsenmund hervorsprudelten. „Ich habe meine Leute bis zuletzt in deinem Sinne befehligt und ihnen den Glauben an dieses Unternehmen förmlich eingeprügelt, wenn sie wankelmütig wurden. Sie haben mir stets gehorcht und die Werte der tazolischen Religion hochgehalten - oft genug wider die eigene Überzeugung. Ich habe sie selbst im Zaum halten können, als du ein Schiff mit unseren Artgenossen in die blaue Sonne Kyllir stürzen ließest. Das ist eines der Opfer, die unser Volk den Göttern zu bringen hat, habe ich ihnen erklärt."
Das Echsenwesen verbeugte sich demütig, bevor es weitersprach.
„Doch nun ist ein Endpunkt erreicht, ich weiß mir nicht mehr zu helfen. Vor allem auch deswegen nicht, weil ich mich nicht einmal mehr selbst disziplinieren kann. Meine Zweifel sind groß, Ehrwürden Norgo ro Yong, ich kann nicht mehr an das Gelingen dieses Unternehmens glauben. Gaintanu erscheint mir als ferner denn je. Darum bitte ich dich, laß uns dieses sinnlose Unterfangen beenden und zurückkehren in die sicheren Bereiche außerhalb des Sonnentresors."
Norgo ro Yong hatte, äußerlich ruhig wirkend, aber innerlich voller Zorn, den Ausführungen des kleinen Echsenwesens mit dem zu groß geratenen Kopf aufmerksam zugehört. Am liebsten hätte er Jedro-Dwede in aller Strenge gemaßregelt. Aber Fidus hatte gemeint, daß es der Kraft vieler Gläubiger bedürfte, um Gaintanus Gefängnis zu sprengen. Darum hielt er an sich und versuchte es mit gutem Zureden, um den Zweifler zu bekehren und auf den rechten Weg zurückzubringen.
Norgo ro Yong erzählte von seinem Gesicht und versuchte so, Jedro-Dwede zur Einsicht zu bewegen.
Doch der Saggarer schien unbelehrbar. Er wagte eine ungeheuerliche Gegenrede, in der er Norgo ro Yongs Wahrträume als die Visionen eines Besessenen hinstellte. Nicht mit diesen Worten, bei Fidus, das hätte er nun doch nicht gewagt, doch der Scoctore hörte die Schmähungen heraus.
„Dein Widerstand grenzt an Meuterei, Jedro-Dwede", hielt Norgo ro Yong der Echse vor.
„Wenn es nach meinen Leuten ginge, wären wir längst schon von diesem unheilvollen Ort geflohen", bekannte der Saggarer. „Doch mir ist klar, daß ich mit der RUTANGH den Rückweg aus alleiniger Kraft nicht mehr schaffe. Darum appelliere ich an deine Vernunft, das Leben Unschuldiger zu schonen und den Befehl zum gemeinsamen Rückzug zu geben."
„Ich glaube gar nicht, daß deine Leute von sich aus auf diese ketzerischen Gedanken gekommen sind", behauptete Norgo ro Yong mit ruhiger, fast sanfter Stimme. „Vielmehr bin ich während unseres Gesprächs zu der Überzeugung gekommen, daß du ihre Gedanken vergiftet hast. Nun appelliere ich an dich, Jedro-Dwede, dich zu besinnen und dich wieder zu den wahren Werten zu bekehren. Wir müssen alle im Glauben stark sein, um Gaintanu auf seinen Platz im göttlichen Pantheon zurückzuholen. Bist du dazu bereit, in Einigkeit mit uns zu wirken?"
„Ich möchte, daß du unser Leben nicht einfach wegwirfst und diesem Irrsinn ein Ende machst!" sagte JedroDwede und ließ seinelange
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