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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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hätte. Wo ist die Sendung aus Saloniki?«
    Die Augen, die schrille Stimme lösten die Erinnerung von vor Jahren wieder aus - ein kleines Kind vor der Tür eines Arbeitszimmers. »Wenn Ihnen jenes Wissen so wichtig war, weshalb haben Sie dann meinen Vater getötet? Er war der einzige, der es wußte...«
    »Eine Lüge! Das ist eine Lüge!« Donatti fing sich, seine Lippen zitterten.
    Fontine begriff. Damit hatte er den anderen am Nerv getroffen. Ein Fehler von außergewöhnlicher Größe war begangen worden, und der Kardinal konnte das nicht ertragen. »Sie wissen, daß es die Wahrheit ist«, sagte Victor leise. »Jetzt wissen Sie, daß es die Wahrheit ist. Und Sie können es nicht ertragen. Warum? Warum hat man ihn getötet?«
    Der Priester senkte die Stimme. »Die Feinde Christi haben uns getäuscht. Die Ketzer von Xenope haben uns Lügen aufgetischt.« Und dann brüllte Donatti plötzlich: »Savarone Fontini-Cristi hat jene Lügen weitergetragen!«
    »Wie hätte er denn Sie belügen können? Sie haben ihm doch nie geglaubt, selbst als er Ihnen die Wahrheit sagte.«
    Wieder zitterte der Kardinal. Seine Stimme war kaum zu hören. »Aus Saloniki sind zwei Güterzüge ausgelaufen. Mit drei Tagen Abstand. Vom ersten wußten wir nichts; den zweiten haben wir in Monfalcone aufgehalten und sichergestellt, daß Fontini-Cristi ihn nicht finden würde. Damals wußten wir nicht, daß er bereits mit dem ersten Zug Kontakt hergestellt hatte. Und jetzt werden Sie uns sagen, was wir wissen wollen. Was wir wissen müssen.«
    »Ich kann Ihnen nicht geben, was ich nicht habe.«
    Donatti sah den Priester an und sagte nur ein Wort. »Jetzt.«
    Victor konnte sich später nicht erinnern, wie lange es dauerte, denn da war keine Zeit, nur Schmerz. Quälender, unerträglicher, stechender, konvulsivischer Schmerz. Er wurde wieder hinter die Tore von Campo di Fiori und in den Wald gezerrt. Dort begannen die Priester ihre Folter. Sie begannen mit seinen nackten Füßen, brachen ihm Zehen und verdrehten ihm Knöchel. Dann kamen die Beine und Knie: zerdrückt, verdreht, angespannt. Und dann seine Männlichkeit, sein Leib... Er wünschte sich den Tod! - und stets über ihm, das Bild von den Tränen des Schmerzes verzerrt, war der Priester der Kurie mit der weißen Strähne im Haar.
    »Sag es uns! Sag es uns, Feind Christi!«
    Die Arme wurden ihm aus den Gelenken gerissen. Seine Handgelenke wurden nach innen verdreht. Dann kamen Augenblicke gesegneter Leere, die plötzlich wieder endeten, wenn Hände ihn klatschend ins Bewußtsein zurückriefen.
    »Sag es uns! Sag es uns!« Die Worte wurden zu hunderttausend Hämmern. Echo eines Echos. »Sag es uns, Feind Christi!«
    Dann war wieder alles Leere. Und durch die dunklen Gänge seines Gefühls fühlte er den Rhythmus der Wellen und der Luft. Ein Schweben, das ihm tief im Inneren seines Bewußtseins sagte, daß er dem Tode nahe war.
    Es gab ein letztes, grausames Krachen, und doch konnte er es nicht fühlen. Er war jenseits jeglichen Gefühls.
    Und doch hörte er die Worte aus der Ferne, ganz weit in der Ferne. Wie eine Litanei klangen sie.
    »In nomine Patris, et Filii et Spiritus sancti. Amen. Dominus vobiscum...«
    Man überließ ihn sich selbst, ließ ihn sterben.
    Dann wieder das Gefühl des Schwebens. Die Wellen und die Luft. Und Stimmen, undeutlich, zu weit entfernt, als daß er sie wirklich hätte hören können. Und eine Berührung. Er spürte, wie ihn etwas berührte, und jeder Kontakt jagte Pfeile des Schmerzes durch seinen ganzen Körper. Und doch war dies nicht die Berührung der Folter. Die Stimmen in der Ferne waren nicht die Stimmen derer, die ihn quälten.
    Zuletzt nahmen die undeutlich verschwommenen Bilder Gestalt an. Er befand sich in einem weißen Raum. In der Ferne waren Flaschen mit Röhren, aus denen Kaskaden strömten.
    Und über ihm war ein Gesicht. Das Gesicht, von dem er wußte, daß er es nie wiedersehen würde. Was von seinem Bewußtsein übriggeblieben war, spielte ihm einen schrecklichen Streich.
    Das Gesicht weinte. Tränen rannen ihm über die Wangen.
    Seine Frau Jane flüsterte. »Mein Geliebter. Mein Allerliebster. O Gott, was haben sie dir angetan?«
    Ihr schönes Gesicht war ganz dicht bei dem seinen, berührte es. Und dann war kein Schmerz mehr.
    Die Männer von MI 6 hatten ihn gefunden. Die Priester hatten ihn zu einem Wagen getragen, ihn auf die kreisförmige Zufahrt gefahren und ihn in Campo di Fiori zum Sterben liegen gelassen. Daß er nicht gestorben war,

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