1976 - Das Jesus-Papier
Von einem Politiker namens Sandor. Er ist im Militärausschuß tätig. Die Anfrage betraf Sie, also habe ich sie herausgezogen.«
»Was wollten die denn?«
»Nicht sehr viel. Ihren Einsatzplan. Wie lange Sie in Washington bleiben würden. Ich habe eine Routineantwort veranlaßt. Daß Sie Kandidat für das War College seien. Langfristige Stationierung.«
»Ich frage mich... «
»Ich bin noch nicht fertig«, unterbrach Greene. »Ich habe den Assistenten dieses Sandor angerufen und ihn gefragt, weshalb sich der Kongreßmann für Sie interessierte. Er hat in seinen Papieren nachgesehen und gesagt, das Ersuchen stamme von einem Freund Sandors, einem Mann namens Dakakos. Theodore Dakakos.«
»Wer ist das?«
»Ein griechischer Reeder. In derselben Klasse wie Ihre Leute. Er hat Millionen.«
»Dakakos? Nie gehört.«
»Diese Griechen sind Spitze. Vielleicht will er Ihnen ein Geschenk machen, eine kleine Jacht vielleicht oder ein eigenes Bataillon.«
Fontine zuckte die Schultern. »Dakakos? Eine Jacht kann ich mir selber kaufen. Das Bataillon würde ich nehmen.«
»Das können Sie auch kaufen«, sagte Greene und rutschte auf der Bank aus der Nische heraus. »Ich wünsche eine erfolgreiche Reise. Rufen Sie mich an, wenn Sie zurück sind.«
»Was werden Sie tun?«
»Alles herausfinden, was es über einen schwarzen Hundesohn namens Nevins zu wissen gibt.«
Greene ging schnell zum Ausgang. Andrew würde fünf Minuten warten, bis er ging. Er mußte jetzt in seine Wohnung und dann wieder zurück. Sein Flugzeug würde um ein Uhr dreißig abfliegen.
Dakakos. Theodore Dakakos.
Wer war das?
Adrian stieg langsam aus dem Bett, so leise wie möglich, um sie nicht zu wecken. Barbara schlief, aber es war ein unruhiger Schlaf.
Es war gerade halb zehn Uhr abends. Er hatte sie kurz nach fünf am Flughafen abgeholt. Sie hatte ihre Seminare für Donnerstag und Freitag abgesagt, weil sie viel zu aufgeregt war, gelangweilten Sommerstudenten einen Vortrag zu halten.
Man hatte ihr ein Stipendium erteilt und sie als Assistentin des Anthropologen Sorkis Khertepian an der Universität von Chicago eingesetzt. Khertepian war damit beschäftigt, Artefakte zu analysieren, die man in der Gegend des Assuanstaudamms eingesammelt hatte. Barbara war richtig aufgekratzt, sie mußte unbedingt zu Adrian fliegen und ihm alles erzählen. Sie war Feuer und Flamme, wenn die Dinge in ihrer Welt richtig liefen, eine Wissenschaftlerin, die nie die Fähigkeit verlieren würde, sich über Neues, Unbekanntes zu freuen.
Es war seltsam. Er und Barbara hatten sich ihre Berufe im Zustand höchster Empörung ausgewählt. Die seine ließ sich auf die Straßen von San Francisco zurückführen, die ihre zu einer brillanten Mutter, der man den ihr zustehenden Platz an einem College im Mittleren Westen versagt hatte, weil sie eine Mutter war. Eine Frau, die in den höheren Büros einer Universität keinen Platz hatte. Und beide hatten sie Werte gefunden, die den Zorn weit überwogen.
Das war Teil der Bindung, die zwischen ihnen bestand.
Er ging leise durch das Zimmer und setzte sich in einen Armsessel. Sein Blick fiel auf seine Aktentasche auf dem Schlafzimmerschreibtisch. Er ließ sie nie nachts im Wohnzimmer. Jim Nevins hatte ihn vor Unvorsichtigkeiten gewarnt.
Auch Nevins hatte sich seinen Beruf im Zustand der Empörung gewählt. Diese Empörung war es, die ihn oft stützte. Nicht nur die Enttäuschungen eines Negers, der über die Schranken kletterte, die ein skeptisches weißes Establishment errichtet hatte, sondern auch der Zorn eines Anwalts, der in der Stadt, wo die Gesetze gemacht wurden, so viel Illegales sah.
Aber nichts empörte Nevins mehr als die Entdeckung des Eye Corps. Die Vorstellung, daß eine Militärelite zum eigenen Nutzen Beweise über ausgedehnte Korruption unterdrückte, war gefährlicher als alles andere, was sich der schwarze Anwalt vorstellen konnte.
Als Major Andrew Fontines Name auf der Liste auftauchte, hatte Nevins Adrian gebeten, sich herauszuhalten. Adrian war einer seiner engsten Freunde geworden, aber nichts durfte der Verfolgung des Eye Corps im Weg stehen.
Brüder waren eben Brüder. Selbst weiße Brüder.
»Du siehst so ernst aus. Und so nackt.« Barbara schob sich das hellbraune Haar aus dem Gesicht, rollte sich zur Seite und drückte das Kissen an sich.
»Tut mir leid. Habe ich dich geweckt?«
»Du liebe Güte, nein. Ich hab' nur gedöst.«
»Da muß ich dich verbessern. Du hast so laut geschnarcht, daß man es auf
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