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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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an sich gepreßt hatte.
    Er kehrte ins Vorderzimmer zurück. Die verstört wirkende, verängstigte Frau telefonierte und drückte die Gabel immer wieder mit den knochigen Fingern herunter.
    »Die Drähte sind durchgeschnitten«, sagte er einfach und ging auf sie zu.
    »Nein«, flüsterte die Frau. »Was wollen Sie? Ich habe nichts! Wir haben nichts.«
    »Ich denke doch«, antwortete Fontine und schob die Frau gegen die Wand, so daß sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von dem ihren entfernt war. »Ihr Mann hat mich angelogen. Er hat gesagt, er könnte mir nichts sagen, aber dann ist er weggefahren. Er hatte es sehr eilig und trug ein sehr großes Buch. Das war ein Journal, nicht wahr? Ein altes Journal, das eine Reise in die Berge vor fünfzig Jahren beschrieb. Das Journal! Zeigen Sie mir die Journale!«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Signore! Wir haben nichts! Wir leben von unserer Pension!«
    »Mund halten! Her mit den Akten!«
    »Per favore...«
    »Verdammt!« Fontine packte die alte Frau am Haar, riß ihren Kopf nach vorn und dann plötzlich brutal nach hinten, schmetterte ihren Kopf gegen die Wand. »Ich habe keine Zeit. Ihr Mann hat mich angelogen. Zeigen Sie mir, wo diese Bücher sind! Jetzt, sofort!« Wieder riß er an ihrem Haar und schmetterte ihr dann den Kopf erneut gegen die Wand. Tränen quollen ihr in die Augen.
    Der Soldat erkannte, daß er zu weit gegangen war. Die Option des Kampfes war jetzt für ihn definiert worden; das würde nicht das erstemal sein. In Vietnam war an störrischen Bauern kein Mangel gewesen. Er zerrte die Frau von der Wand weg.
    »Verstehen Sie mich?« sagte er mit monotoner Stimme. »Ich werde jetzt ein Streichholz vor Ihren Augen anzünden. Wissen Sie, was dann passiert? Ich frage Sie zum letztenmal. Wo sind diese Akten?«
    Goldonis Frau brach zusammen, sie schluchzte. Fontine hielt sie am Kragen ihres Kleides. Mit zitternden Fingern wies sie auf eine Tür in der rechten Wand des Zimmers.
    Andrew zerrte sie über den Boden. Er zog seine Beretta heraus und trat die Tür mit dem Stiefel ein. Sie sprang auf. Dahinter war niemand.
    »Der Lichtschalter. Wo ist er?«
    Sie hob den Kopf, ihr Mund stand offen und ihr Atem ging jetzt stoßweise. Ihre Augen wanderten nach links.
    »Lampada, Lampada«, flüsterte sie.
    Er zog sie in den kleinen Raum, ließ ihr Kleid los und fand die Lampe. Die Frau lag zitternd und zusammengekrümmt auf dem Boden. Das Licht spiegelte sich in der Glastür des Bücherschranks an der gegenüberliegenden Wand. Er hatte fünf Regale und auf jedem stand eine Reihe von Büchern. Er rannte an den Schrank, packte einen Knopf in der Mitte und versuchte, die Glasscheibe hochzuschieben. Die Tür war versperrt; er probierte die anderen. Alle verschlossen.
    Mit der Beretta schlug er zwei Scheiben ein. Das Licht der Lampe war schwach, reichte aber aus. Die verblaßten handgeschriebenen Buchstaben und Ziffern auf den braunen Einbänden waren deutlich genug.
    Jedes Jahr war in zwei Sechsmonatsperioden eingeteilt, und die Bände waren unterschiedlich dick. Die Bücher waren handgefertigt. Er blickte auf das oberste Regal. Dort hatte er das Glas nicht zerbrochen, und die Lichtreflexe ließen die Schrift nur undeutlich erkennen. Er schlug auch das Glas ein und wischte die Glassplitter mit dem stählernen Lauf der Waffe weg.
    Auf dem ersten Band stand 1907. Darunter war kein Monat zu lesen; es handelte sich um ein System, das sich im Laufe der Jahre entwickelt hatte.
    Er fuhr mit dem Lauf über die Buchrücken, bis er das Jahr 1920 erreichte.
    Januar bis Juni war da.
    Juli bis Dezember fehlte. An seiner Stelle stand der hastig dazwischengeschobene Band mit der Aufschrift 1967.
    Alfredo Goldoni, der Krüppel ohne Beine, war ihm zuvorgekommen. Er hatte den Schlüssel aus der versperrten Tür entfernt, hinter der sich das Geheimnis einer Reise in die Berge verbarg, die vor fünfzig Jahren stattgefunden hatte. Und dann war er weggefahren. Fontine wandte sich Goldonis Frau zu. Sie war auf den Knien, ihre hageren Arme stützten ihren zitternden, hageren Körper.
    Es würde nicht schwer sein, zu tun, was er tun mußte, zu erfahren, was er erfahren mußte.
    »Aufstehen«, sagte er.
    Er trug den leblosen Körper über das Feld in den Wald. Der Mond stand immer noch nicht am Himmel. Es roch nach bevorstehendem Regen, der Himmel war pechschwarz und mit Wolken bedeckt, nirgends waren Sterne zu sehen. Der Lichtkegel seiner Taschenlampe bewegte sich mit seinen Schritten auf und

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