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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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ihre Hände leicht zitterten. Mrs. Holcroft war nicht ganz so selbstbewußt, wie ihr Verhalten andeutete. Er war nicht sicher, warum er blieb. Es war die Zeit, um allein zu sein. Die schrecklichen Erinnerungen an das weiße Licht und den Tod brannten in ihm; er wollte sie mit niemandem teilen. Andererseits wollte er reden. Mit irgend jemandem irgend etwas.
    »Kommt eine Entschuldigung, die ch für mein kindisches Verhalten vor zwölf Jahren anbiete, ein Jahrzehnt zu spät?«
    Der weibliche Leutnant blickte auf. »Wie geht es Ihrer Frau?«
    »Sie ist vor zehn Jahren bei einem Autounfall gestorben.«
    Ihr Blick war gerade; ihre Feindseligkeit ließ etwas nach. Sie blinzelte leicht verlegen. »Das tut mir leid.«
    »Mir kommt es zu, um Entschuldigung zu bitten. Vor zwölf Jahren suchten Sie eine Erklärung. Oder Zuspruch. Und ich konnte keines von beidem geben.«
    Die Frau gestattete sich die Andeutung eines Lächelns. Ihre blauen Augen hatten eine Spur - wirklich nur eine Spur - von Wärme in sich. »Sie waren ein sehr arroganter junger Mann. Und ich fürchte, daß ich damals sehr wenig Stil gezeigt habe. Jetzt habe ich davon etwas mehr.«
    »Sie waren besser als das Spiel, das wir trieben. Ich hätte das begreifen müssen.«
    »Das klingt sehr entwaffnend... Und ich denke, jetzt haben wir auch genügend über das Thema gesagt.« »Würden Sie und Ihr Mann mit mir heute abend dinieren, Mrs. Holcraft?« Er hörte die Worte, die er gesprochen hatte, zweifelte, daß er sie gesagt hatte. Es war der Impuls des Augenblicks.
    Sie musterte ihn einen Moment lang, ehe sie antwortete. »Das meinen Sie ernst, nicht wahr?«
    »Sicherlich. Ich habe Italien etwas in Eile verlassen, wofür ich Ihrer Regierung dankbar sein muß, ebenso wie ich Ihren Landsleuten für diese Kleider danken muß. Ich war einige Jahre lang nicht mehr in London. Ich habe hier nur wenige Bekannte.«
    »Das klingt sehr provozierend.«
    »Wie bitte?«
    »Daß Sie Italien in Eile verlassen haben und Kleider von jemand anderem tragen. Das wirft Fragen auf.«
    Vittorio zögerte und meinte dann leise: »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das Verständnis hätten, das mir vor zehn Jahren fehlte. Ich würde es vorziehen, wenn diese Fragen nicht gestellt würden. Aber ich würde wirklich gern mit Ihnen dinieren. Und mit Ihrem Mann natürlich.«
    Sie hielt seinen Blick fest, blickte interessiert zu ihm auf. Ihre Lippen öffneten sich zu einem sanften Lächeln; sie hatte ihre Entscheidung getroffen. »Der Name meines Mannes war Spane. Holcroft ist mein eigener. Jane Holcroft. Und ich werde mit Ihnen dinieren.«
    Der Portier des Savoy unterbrach. »Signor Fontini-Cristi, Ihr Wagen ist eingetroffen.«
    »Danke«, erwiderte er, ohne den Blick von Jane Holcroft zu wenden. »Ich komme gleich.«
    »Ja, Sir.« Der Portier nickte und entfernte sich.
    »Darf ich Sie heute abend abholen? Oder Ihnen meinen Wagen schicken?«
    »Das Benzin fängt an, knapp zu werden. Ich treffe Sie hier. Acht Uhr?«
    »Acht Uhr. Arrivederci.«
    »Bis dann.«
    Er ging den langen Korridor in der Admiralität hinunter. Ein Commander Neyland begleitete ihn, der ihn am Eingang abgeholt hatte. Neyland war ein Mann in mittleren Jahren, wirkte angemessen militärisch und war sichtlich von sich selbst tief beeindruckt. Vielleicht war er auch von Italienern überhaupt nicht beeindruckt. Obwohl Vittorio fließend englisch sprach, beharrte Neyland darauf, sich eines einfachen Vokabulars zu bedienen und laut zu sprechen, als hätte er mit einem zurückgebliebenen Kind zu tun. Fontini-Cristi war überzeugt, daß Neyland überhaupt nicht zugehört hatte. Man hörte nichts von Verfolgung, Tod und Flucht und antwortete mit Banalitäten wie >Was Sie nicht sagen<... >Seltsam, nicht wahr?<... >Der Golf von Genua kann im Dezember recht unruhig sein, nicht wahr?< Während sie durch den Korridor schritten, wog Vittorio seine negative Reaktion auf den Commander mit seiner Dankbarkeit für den alten Norcross in der Savile Row auf.
    Wie der Commander sagte, hatte Norcross eine Meisterleistung vollbracht. Der alte Schneider hatte Fontini-Cristi binnen weniger Stunden eingekleidet.
    Die kleinen Dinge... Man mußte sich auf die alltäglichen Dinge konzentrieren!
    Insbesondere war während der Konferenz mit der Spionageabwehr Sektor Fünf ein Maß an Selbstzucht zu bewahren, das an Eis grenzte. Es gab so viel zu lernen, zu begreifen. So vieles, das sein Begriffsvermögen überstieg. In der nüchternen Schilderung der Ereignisse,

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