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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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jagte in die lange, gerade Zufahrt. Dahinter loderten überall Flammen, krachten Explosionen, rannten Leute in ihrer Panik umher - überall hin.
    Das Hauptgebäude hatte einen Volltreffer erhalten. Die ganze linke Vorderwand war weggeblasen worden. Das Dach brach gerade in seltsam formloser Majestät zusammen, und Stein und Ziegel glitten in Kaskaden herunter. Rauch breitete sich in senkrechten schwarzen und grauen Wirbeln aus - und dahinter schossen die Flammen in die Höhe, ausgezackt, gelb, schrecklich.
    Ein betäubendes Krachen, der Wagen schoß zur Seite, der Boden bäumte sich unter ihm auf, die Fenster barsten, überall flogen Glasscherben. Fontine spürte, wie ihm das Blut über das Gesicht rann, aber er konnte sehen, und das war alles, worauf es ankam.
    Die Bombe war weniger als fünfzig Meter rechts von ihm eingeschlagen. Im grellen Feuerschein konnte er die aufgepflügte Erde im Rasen sehen. Er riß den Wagen nach rechts, wich dem Bombenkrater aus, fegte quer über den Rasen auf den Feldweg zu, der zu ihrer Hütte führte. Bomben schlugen nicht zweimal nacheinander exakt ins gleiche Ziel, dachte er.
    Die Straße war blockiert, Bäume waren umgestürzt, Feuer züngelten an ihnen empor - überall.
    Er taumelte aus dem Wagen und rannte zwischen den brennenden Hindernissen durch. Jetzt sah er ihre Hütte. Eine riesige Eiche war aus dem Boden gerissen, und ihr mächtiger Stamm war auf das Dach heruntergekracht.
    »Jane! Jane!«
    Gott des Hasses, tu mir das nicht an! Tu es mir nicht noch einmal an!
    Er stieß die Tür auf, stieß sie mit solcher Kraft auf, daß sie aus den Angeln flog. Drinnen herrschte totales Chaos. Tische, Lampen, Sessel waren umgeworfen, umgekippt, in tausend Fragmente zerrissen. Feuer loderten - die Couch, das offene Dach, wo der Eichenstamm durchgebrochen war.
    »Jane!«
    »Hier... «
    Ihre Stimme kam aus der Küche. Er rannte durch die schmale Türöffnung und hatte einen Augenblick lang das Gefühl, er müsse niederknien und beten. Jane stand da und hielt sich an der Küchentheke fest, wandte ihm den Rücken zu. Sie zitterte am ganzen Leib, und ihr Kopf nickte auf und ab. Er rannte zu ihr und hielt ihre Schultern fest, drückte das Gesicht gegen ihre Wange, aber der krampfartige, zuckende Rhythmus ihrer Bewegung hörte nicht auf.
    »Mein Liebling.«
    »Vittorio...« Plötzlich verkrampfte sich etwas in Jane, und ihr Atem ging keuchend. »Laken... Laken - mein Geliebter. Und Decken. Ich weiß nicht genau, wirklich...«
    »Sprich jetzt nicht.« Er hob sie auf und sah in der Dunkelheit den Schmerz in ihrem Gesicht. »Ich bringe dich zur Klinik. Die Klinik, Ärzte, Schwestern... «
    »Das schaffen wir nicht!« schrie sie. »Tu, was ich dir sage.« Sie hustete, als ein krampfartiger Schmerz sie durchzuckte. »Ich zeig es dir. Trag mich.«
    Sie hielt ein Messer fest in der Hand. Heißes Wasser war über die Klinge gelaufen. Sie war darauf vorbereitet gewesen, allein zu gebären.
    Durch den Höllenlärm der unablässigen Detonationen konnte Victor die Flugzeuge aufsteigen hören, größere Höhen suchen. Der Luftangriff näherte sich seinem Ende. Das wütende Heulen der Spitfires in der Ferne, die dem Sektor zustrebten, war ein Signal, das kein Pilot der Luftwaffe je überhörte.
    Er tat, was seine Frau ihm sagte, hielt sie in den Armen, sammelte ungeschickt ein, was sie ihm anwies.
    Er suchte sich den Weg durch das Chaos und die sich ausbreitenden Flammen und trug seine Frau zur Tür hinaus. Wie ein wildes Tier, das Zuflucht sucht, eilte er in die Wälder und fand dort ein Versteck, das nur ihnen gehörte.
    Sie waren zusammen. Der Wahnsinn des Todes, der nur wenige hundert Meter entfernt tobte, konnte das Leben nicht abschrecken. Er entband seine Frau zweier männlicher Kinder.
    Die Söhne von Fontini-Cristi waren geboren.
    Rauch kräuselte träge in die Höhe, senkrechte Fäden aus würdevollem totem Qualm, die die Strahlen der frühen Morgensonne durchbrachen. Überall waren Tragbahren. Planen bedeckten die Gesichter der Toten. Die Lebenden und Halbtoten starrten mit offenen Mündern nach oben, mit Gesichtern, in denen noch der Schrecken lebte. Überall standen Ambulanzen. Feuerwehrfahrzeuge und Polizeiwagen.
    Jane lag in einer Ambulanz, einer fahrbaren Krankeneinheit, wie sie es nannten. Seine Söhne waren bei ihrer Mutter.
    Der Arzt kam unter dem Zeltvordach des seltsamen Fahrzeugs hervor und ging über das kurze Rasenstück auf Victor zu. Das Gesicht des Arztes war abgehärmt. Er war dem

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