1976 - Das Jesus-Papier
aus.
Ein Knacken eines Astes. Ein Stein, der wegrollte. Jemand näherte sich. Er nahm denselben Weg, den Fontine benutzt hatte. Die Partisanen trennten sich; der Kleinere schob sich nach vorn und verschwand im Blattwerk. Sein Bruder entfernte sich in entgegengesetzter Richtung. Victor trat nach rechts und kauerte sich neben dem Weg nieder.
Schweigen. Die Schritte auf dem trockenen Boden wurden deutlicher. Plötzlich war die Gestalt da, nur wenige Zentimeter vor Fontine, deutlich in der Nacht zu erkennen.
Und dann geschah es. Ein kräftiger Lichtstrahl schoß aus der Dunkelheit hervor, bohrte sich auf der gegenüberliegenden Seite in den Wald hinein. Im selben Augenblick war das gedämpfte Spucken einer Pistole zu hören, einer Pistole, die mit einem Schalldämpfer versehen war.
Victor sprang auf, schlang dem Mann den linken Arm um die Kehle, und seine Rechte zuckte vor, griff nach der Waffe, drückte sie nach unten. Als der Rücken des Mannes sich bog, schmetterte Victor ihm das Knie ins Kreuz. Der Mann stieß röchelnd den Atem aus. Fontine riß ihm den Hals nach hinten. Der Mann sackte leblos zu Boden. Das Licht rollte über den Weg.
Der hochgewachsene Partigiano rannte aus dem Gebüsch und trat das Licht aus, hielt die Pistole in der Hand. Er und Victor stürzten dann zurück ins Gebüsch, um nach ihrem wohl erschossenen Verbündeten zu sehen.
Doch er war nicht tot. Die Kugel hatte ihn nur am Arm gestreift. Er lag mit erschreckt aufgerissenen Augen da, sein Mund stand offen und sein Atem ging stoßweiße. Fontine kniete neben ihm nieder und riß ihm das Hemd auf, um nach der Wunde zu sehen. Sein Freund blieb stehen, die Pistole auf den Stallweg gerichtet.
»Mutter Gottes! Sie verdammter Narr! Warum haben Sie ihn nicht erschossen?« Der verwundete Partigiano zuckte zusammen. »Noch eine Sekunde, und er hätte mich getötet.«
»Ich hatte keine Waffe«, antwortete Victor leise und wischte dem Mann das Blut weg.
»Nicht einmal ein Messer?«
»Nein.« Fontine verband die Wunde und verknotete das Tuch. Der Partigiano starrte ihn an.
»Sie haben vielleicht Humor«, sagte er. »Sie hätten schließlich im Versteck warten können. Mein Kamerad hat eine Pistole.«
»Kommen Sie schon, stehen Sie auf. Da sind noch irgendwo zwei weitere Corsi. Die will ich. Aber ohne Schießerei.« Victor beugte sich vor und hob die Pistole des Toten auf. Im Magazin steckten noch vier Patronen. Der Schalldämpfer war von ausgezeichneter Qualität. Er winkte den großen Partisanen vom Weg herunter und sprach zu beiden. »Ich werde Sie jetzt um einen Gefallen bitten. Sie können natürlich ablehnen, das würde ich durchaus verstehen.«
»Was denn?« fragte der Größere.
»Die zwei anderen Korsen sind dort hinten. Einer beobachtet wahrscheinlich die Hauptstraße, der andere steht wahrscheinlich hinter dem Haus im Garten, ich weiß nicht wo. Der Engländer wird sich in der Nähe des Hauses versteckt halten. Ich bin sicher, daß die Corsi mich nicht töten werden. Sie werden jede Bewegung beobachten, die ich mache, aber sie würden das Feuer nicht eröffnen.«
»Der da«, meinte der verwundete Partisan und wies auf den Toten, »hat aber nicht gezögert, abzudrücken.«
»Diese Corsi kennen mich. Er konnte sehen, daß Sie es waren und nicht ich.«
Die Strategie war eindeutig. Victor war der Köder. Er würde ganz offen auf die Zufahrt zugehen und hinter dem Haus in den Garten einbiegen. Die Partisanen sollten ihm folgen und sich zwischen den Bäumen versteckt halten. Wenn Fontine recht hatte, würde man einen Korsen sehen und ihn unschädlich machen. Oder lautlos töten. Das machte keinen Unterschied; diese Corsi ermordeten Italiener.
Dann würden sie die Strategie auf der Hauptzufahrt wiederholen. Die Partisanen sollten schräg hinter der Böschung heranschleichen und sich einen halben Kilometer entfernt an der Wegkreuzung mit ihm treffen. Irgendwo zwischen der kreisförmigen Zufahrt und den Toren würde der dritte und letzte Korse warten.
Die vermuteten Positionen waren logisch, und Stone war ein durch und durch logisch denkender Mann.
Und gründlich. Er würde die Zugänge abriegeln.
»Sie brauchen das nicht für mich zu tun«, sagte Victor. »Ich würde großzügig bezahlen, aber mir ist klar...«
»Behalten Sie Ihr Geld«, unterbrach der Verwundete nach einem kurzen Blick auf seinen Kameraden. »Sie hätten das nicht zu tun brauchen, was Sie für mich getan haben.«
»Im Stall ist ein Telefon. Ich muß mit Barzini
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