198 - In der Spiegelwelt
nun, daß jemand in sein Reich eingedrungen war, und ihm war auch bestimmt der Grund bekannt. Welche Maßnahmen würde die Seele des Teufels ergreifen? Mr. Silver keuchte durch die leere Straße. Als sie endete, ragte auf einem kreisrunden Platz ein kegelförmiger Spiegelturm auf - ein spiegelndes Gegenstück des Turms von Babel.
Atax’ Regierungssitz!
Von hier aus beherrschte er die Spiegelwelt. Ringsherum wehten Fahnen -eine Verherrlichung der Hölle. Auf jeder Fahne befand sich Asmodis’ dreieckiges Gesicht. Bald würden diese Fahnen nicht mehr aktuell sein. Man würde neue aufziehen müssen - mit Loxagons Gesicht darauf.
In den unteren Regionen wurde der Spiegelturm bestimmt scharf bewacht. Mr. Silver rechnete damit, daß ein Eindringen so gut wie unmöglich war.
Und ein Vordringen zu Roxane, Frank Esslin oder gar Atax erst recht.
Aber er mußte hinein - koste es, was es wolle.
***
Man nannte Atax nicht die Seele des Teufels, sondern auch den Geschlechtslosen, denn er war weder Mann noch Frau, und so klang auch seine Stimme.
Er hatte einen transparenten Körper, der mit violetten Adern durchzogen war. Dieses zeitweilig spiegelnde Ungeheuer hockte in einem pechschwarzen Raum auf einem wabernden Nebelthron, als man Roxane vorführte.
Die Spiegelmänner berichteten, wo sie die weiße Hexe aufgegriffen hatten, und sie ließen auch den Silberdämon nicht unerwähnt, der viele von ihnen zerstört hatte.
»Ich wußte, daß einem von euch eines Tages die Idee kommen würde, Frank Esslin auszutauschen«, knurrte der Herrscher der Spiegelwelt. »Deshalb ließ ich ihn vor langer Zeit schon hierher bringen, denn in meinem Turm ist er sicher.«
Atax wollte wissen, wem der Gedanke gekommen war. Roxane sah keinen Grund, es ihm zu verschweigen.
Der Geschlechtslose nickte. »Natürlich Tony Ballard!« grollte er. »Und er schickte euch sofort los, um seine Idee auszuführen. Warum ist er nicht mitgekommen? Fehlte ihm der Mut dazu?«
»Er wurde anderswo dringend gebraucht«, antwortete Roxane trotzig.
Atax lachte. »Die Hölle greift an vielen Fronten an. Sie macht euch zu schaffen. Ihr solltet endlich einsehen, daß es auf die Dauer sinnlos ist, sich der schwarzen Macht in den Weg zu stellen.«
»Wir werden die Hölle bis zum letzten Atemzug bekämpfen!« erwiderte die Weiße Hexe schneidend.
»Bis zu deinem letzten Atemzug wird nicht mehr viel Zeit vergehen«, kündigte Atax an. »Ich könnte dich Mago, dem Jäger der abtrünnigen Hexen, übergeben, damit er dir den Hals umdreht. Aber ich denke, es wird mir mehr Vergnügen bereiten, wenn ich es selbst tue. Solange du dich lebend in meiner Hand befindest, kann ich von Mr. Silver alles verlangen, Ihr werdet beide in der Spiegelwelt sterben!« Atax erhob sich. »Und nun werde ich dir den Mann zeigen, für den du dich in Lebensgefahr begeben hast.«
Der Herrscher der Spiegelwelt verließ den Nebelthron. Seine Spiegelmänner schleppten die weiße Hexe hinter ihm her. In einem ebenfalls pechschwarzen, jedoch wesentlich kleineren Raum stand ein großer Spiegel, und in diesem befand sich Frank Esslin.
»Roxane!« rief der Mann, den die weiße Hexe und der Ex-Dämon befreien wollten. Er war nicht nur im Turm, sondern auch noch zusätzlich in diesem Spiegel gefangen.
»Ich brauche den Spiegel nicht einmal bewachen zu lassen«, sagte Atax überheblich, »denn selbst wenn es Mr. Silver gelänge, bis hierher vorzudringen - was undenkbar ist -, könnte er Frank Esslin nicht aus dem Spiegel holen. Er würde das Glas zerstören -und damit Frank Esslin töten.«
»Du verfluchter Teufel!« stieß Frank haßerfüllt hervor. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mir deinen Tod wünsche!«
Atax hob die Hand, und ein violetter Nebel breitete sich über das Glas. Frank Esslin brüllte und krümmte sich unter unvorstellbaren Schmerzen.
»Hier siehst du, was dich erwartet«, sagte er grinsend zu Roxane.
***
Boram hielt sich im Hintergrund, um die Grufties nicht zu erschrecken. Es waren tatsächlich jene, die mit mir im Flugzeug gesessen hatten. Holger erinnerte sich sogar an mich. Sie waren jetzt bestimmt auch unter ihrer Schminke bleich. Kein Wunder. Der Anblick ihres Freundes machte sogar mir zu schaffen, obwohl ich einiges gewöhnt war.
Stockend erzählten sie uns ihre Geschichte - wie sie zueinandergefunden hatten, wie sie sich in London mit Kevin und seinen Freunden getroffen und die Idee geboren hatten, New York zu retten.
Diesen wagemutigen Entschluß hatte
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