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1980 Die Ibiza-Spur (SM)

1980 Die Ibiza-Spur (SM)

Titel: 1980 Die Ibiza-Spur (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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setzt, muß der Zugang ins Innere möglich bleiben. Noch einmal ließ er die Lampe aufleuchten, schickte ihren Strahl über das hölzerne Rund, und da entdeckte er auf der gegenüberliegenden Seite den Griff. Soweit er es aus der gut fünf Meter messenden Distanz erkennen konnte, hatte man einfach eine weitere der U-förmig gebogenen Eisensprossen ins Holz eingelassen. Dort drüben mußte sich also der Deckel befinden, der Deckel im Deckel. Aber, so fragte er sich auch, wieso hat man ihn nicht hier eingebaut, wo man, wenn man über diese Leiter nach oben klettert, ankommt? Warum ist die Luke da drüben? Und wieder ließ er, was ihm hier oben nicht ganz so gefährlich erschien wie an der Außenwand des Turmes, die Lampe aufblitzen, richtete den Strahl auf die unmittelbar vor ihm liegende Fläche und entdeckte erst jetzt, daß sich auch dort ein Deckel im Deckel befand, eine quadratische Luke, etwa dreiviertel mal dreiviertel Meter; nur fehlte ihr der Griff. Aber früher war er vorhanden gewesen, Klaus sah die beiden Löcher, in denen die Sprossenenden gesteckt haben mußten. Also, dachte er, gibt es drüben wahrscheinlich auch Stufen.
    Er tastete den Rand der Luke ab, der sich wie eine eingefräste Nut über das Holz zog, versuchte, mit den Fingerspitzen unterzufassen. Aber die Platte war zu schwer. Es half nichts, er mußte hinüber auf die andere Seite. Ohne Griff konnte er den kleinen Deckel nicht aus dem großen herausheben. Er wagte es nicht, den kürzeren Weg zu wählen und einfach die fünf oder sechs Meter über den Deckel nach drüben zu gehen. Nein, er würde den Halbkreis nehmen, denn in dem spärlichen Lampenlicht ließ sich nicht feststellen, ob das wuchtige Holzrund die Jahrzehnte unbeschadet überdauert hatte. Er zog den Reißverschluß seiner Jacke hoch, steckte die Lampe ein und begann, auf allen Vieren über den steinernen Rand zu kriechen. Er bewegte sich langsam und mit äußerster Konzentration vorwärts und brauchte daher mehrere Minuten, bis er auf der gegenüberliegenden Seite angekommen war. Mit den Füßen tastete er unterhalb des Brunnenrands das Mauerwerk ab, fand, wie er es erwartet hatte, eine Sprosse, überzeugte sich von ihrer Haltbarkeit, wagte den Tritt nach unten. Als er festen Stand gewonnen hatte, leuchtete er die vor ihm liegende Fläche ab, steckte dann die Lampe wieder ein, packte mit der Rechten das Eisen, prüfte es lange, zog immer wieder mit einer Hand an dem U-förmigen Griff, denn immerhin war der andere, der von gegenüber, irgendwann aus seiner Verankerung herausgerissen worden, und wenn das gleiche mit diesem geschähe, etwa beim Anheben des Deckels, was ja mit beiden Händen zu geschehen hatte, würde er hintenüber kippen.
    Der Griff erschien ihm haltbar. So nahm er nun die Linke zu Hilfe, zog, zog mit aller Kraft. Der schwere, massive Holzdeckel hob sich. Er schob ihn zur Seite, langsam, immer nur ein kleines, etwa zollgroßes Stück. Trotz der Dunkelheit sah er den Spalt vor seinen Augen wachsen. Als die Öffnung etwa einen halben Meter breit war, hielt er inne, suchte mit der Linken Halt am Mauerrand, krallte sich dort fest. Dann zog er mit der Rechten die Taschenlampe heraus, hielt sie in die Öffnung, knipste sie an, beugte sich vor, sah hinunter.
    Die Länge des Strahls überraschte ihn. Er hatte die Wasseroberfläche in Erdbodenhöhe vermutet, aber nun sah er, daß allein der Luftraum des Schachtes fünfzehn, wenn nicht zwanzig Meter tief hinabreichte. Der Abstand war schwer zu schätzen, aber jedenfalls blinkte das Wasser in weiter, weiter Ferne.
    Hier brauchte er das Licht nicht abzuschirmen. Mit dem vollen Strahl leuchtete er das Schachtinnere aus, und so entdeckte er schon nach wenigen Sekunden, daß der Turm auch innen eine Sprossenleiter hatte. Sie befand sich direkt unter ihm. Eine ganze Weile war sein Blick auf die obersten Stufen gerichtet, dann ließ er das Licht langsam Abwärtsgleiten. In etwa zwanzig Metern Tiefe wurde das Bild unscharf, doch er glaubte erkennen zu können, daß die Leiter, die aus seiner Perspektive wie eine gewaltige verrostete Kette aussah, bis zum Wasserspiegel hinunterführte. Vermutlich, so überlegte er, reicht sie dann auch bis auf den Grund.
    Er nahm sich Zeit, leuchtete, den Strahl mehrfach hin und her schwenkend, den Turm aus. Vier, fünf Minuten mochte er in das tiefe, unheimliche Loch, aus dem in stinkenden Schwaden der Geruch des fauligen Wassers aufstieg, hinuntergeblickt haben. Es hatte ihm nichts ausgemacht. Er war

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