1980 Die Ibiza-Spur (SM)
noch teurer sein. Aber vielleicht muß ich ja nicht den Neuwert ersetzen.«
Sie zahlten, verließen das Bistro, stiegen ins Auto und hielten wenige Minuten später vor dem Sportgeschäft, in dem Klaus das Tauchgerät gegen Hinterlegung von zwanzigtausend Peseten entliehen hatte. Es war ein Eckhaus mit vier großen Schaufenstern, von denen drei auf die Hauptstraße und eins auf die Nebenstraße zeigten.
Als Klaus die Tür öffnete, schnippte der an ihrem oberen Rahmen angebrachte metallene Bügel gegen eine Glocke. Ihr Klang rief den kleinen, rundlichen Mann, der ihn auch beim erstenmal bedient hatte, aus einem Seitenraum in den Laden. Sie grüßten freundlich mit » Buenas tardes, Señor! « , und gleich darauf folgte ein Intermezzo, dessen Pointe allerdings nur Klaus verstand, während Christiane sich lediglich über die bald nach Gesprächsbeginn einsetzenden, seltsam hölzernen, ja, ruckhaften Bewegungen des Spaniers amüsierte.
Die Männer standen, den Verkaufstresen zwischen sich, einander gegenüber. » Come le fue, señor? « fragte der Spanier.
»Wie ist es Ihnen ergangen?«
»Nicht so gut«, antwortete Klaus. »Sie sehen, ich bringe das Gerät nicht zurück, obwohl ich Ihnen sagte, ich brauchte es nur bis heute. Um es kurz zu machen: Ich habe es nicht mehr und muß es Ihnen also ersetzen.«
»Nanu?«
In diesem Augenblick geschah es, daß Klaus an dem Mann, genauer, am rechten Ärmel seines grauen Kittels, vorbei in den kleinen, hinter dem Laden liegenden Raum sah und dort, neben einem Schreibtisch abgestellt, sein Gerät entdeckte. Noch konnte er nicht mit hundertprozentiger Sicherheit behaupten, die silbergraue Flasche mit den schwarzgelben Markensymbolen und dem herunterhängenden Schlauch des BARAMAT sei in der Tat seine gegen den Hund eingesetzte und dann liegengelassene Waffe, aber je länger er dem Mann gegenüberstand, desto sicherer wurde er seiner Sache. Zunächst einmal hatte er schon beim ersten Hinsehen erkannt, daß der Schlauch zerrissen war, und zwar an der gleichen Stelle, an der auch bei dem von ihm benutzten Gerät der Schaden entstanden war. Aber da gab es noch eine zweite Auffälligkeit, von der er zwar nicht gewußt hatte, deren Vorhandensein ihm jedoch auf Anhieb einleuchtete. Er sah Blut, jedenfalls einen schmutzig-braunen Fleck, der sich vom Ventil bis zur Flaschenmitte herabzog. Er wußte nicht, was für eine Verletzung er dem Hund beigebracht hatte, aber selbst wenn es eine innere war, hatte das verendende oder doch jedenfalls zusammengebrochene Tier vielleicht Blut durchs Maul verloren, und das hatte sich dann durchaus über die am Boden liegende Flasche ergießen können. Und dann ergab sich noch ein dritter Hinweis, und es war der auffälligste, wenn es auch mit dem Objekt selbst nicht direkt zu tun hatte, wohl aber mit dem Verkäufer. Das Intermezzo begann.
Dem kleinen, trotz seiner Kugeligkeit wendigen Mann war nicht entgangen, mit welcher Aufmerksamkeit sein Besucher an ihm vorbei in den Nebenraum gespäht hatte, und ganz offensichtlich war es ihm angelegen, diese Indiskretion zu unterbinden, denn sobald er den neugierigen Blick seines Kunden bemerkt hatte, schob er sich ein Stück nach rechts, um das hinter ihm am Boden stehende Gerät zu verdecken. Zunächst hielt Klaus Hemmerich das noch für einen Zufall, und da er einen zweiten Blick auf das Gerät werfen wollte, trat auch er ein Stück zur Seite, um nun links an dem Verkäufer vorbeizusehen. Doch damit hatte er keinen Erfolg, denn der reagierte sofort, stellte sich ihm erneut in den Weg. Als er ein weiteres Mal versuchte, an dem Mann vorbeizusehen, jetzt wieder auf der anderen Seite, den Spanier jedoch abermals mitzog, war eindeutig, was da geschah. Während des kleinen pantomimischen Zwischenspiels wurde kein Wort gesprochen, was den Vorfall noch auffälliger machte.
Klaus Hemmerich, der der Sache nun auf den Grund gehen wollte, sah sich im Laden um, ließ seinen Blick über die vielen Regale gleiten und sagte dann, indem er auf ein mehrere Meter entferntes Bord zeigte: »Über das verlorene Tauchgerät können wir uns gleich unterhalten. Würden Sie mir bitte vorher den Expander zeigen, da hinten, in dem rotweißen Karton?«
Fürs erste trug der Verkäufer in diesem Wettkampf den Sieg davon, indem er, bevor er seinen Platz verließ, den vor der Türöffnung hängenden Vorhang zuzog, aber gerade diese Maßnahme verriet Klaus Hemmerich, daß der Zwischenfall viel ernster war, als er gedacht hatte.
Der Mann
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