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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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Insel umzusehen. Er fragte den Portier an der Rezeption nach dem Gauguin-Museum und bekam eine Wegbeschreibung nach Papeari Village. Er entschloss sich dann aber doch, keinen Mietwagen zu nehmen, sondern sich mit dem Taxi fahren zu lassen. Bei seinem Besuch im Museum glaubte er geradezu die Anwesenheit Gauguins zu spüren. Es waren nicht so sehr die Kunstwerke, die ausgestellt waren. Es gab zwar Originale, es handelte sich aber ausschließlich um das Randwerk Gauguins, Skulpturen, Radierungen und diese Gouache-Bilder, die mit einer Art Wasserfarben gemalt waren. Das wesentliche des Museums war aber das Flair, das hier aufgebaut wurde. Es war eine einzige Hommage an das Leben Gauguins. An diesem Sonntag waren die Gänge und Räume mit vielen Besuchern angefüllt. Es gab richtige Schübe, in denen sich das Museum kurz leerte, um dann wieder mit neuen Menschen gefüllt zu werden. Es waren die Busse von den Kreuzfahrtschiffen, die ihre Passagiere um die Insel fuhren. Zur Mittagszeit war dann schlagartig Ruhe. Georg hatte sich inzwischen in den Lesesaal zurückgezogen. Die Bibliothek war sehr gut ausgestattet. Es gab sogar einige Neuerscheinungen. Das Museum bemühte sich wenigstens hier einzigartig zu sein, wenn schon die Kunstwerke nicht erstklassig waren. Er fand auch einen Band, in dem ausschließlich die Werke beschrieben und abgebildet waren, die Gauguin auf Tahiti und den Marquesas geschaffen hatte. Er stöberte fast eine Stunde in der Bibliothek des Museums. Am späten Nachmittag brauchte er wieder Luft und Sonne und er beendete seinen Besuch schließlich.
    *
    Auf Tahiti fuhr Georg ausnahmslos mit dem Taxi. Vom Hotel zum Museum, vom Museum zum Hafen, wo er gegen Abend zum Essen ging. An seinem ersten Tag kehrte er spät zu seinem Hotel zurück. Er war noch immer aufgedreht und hell wach und musste sich zwingen, in der Nacht zu schlafen. Der Jetlag sollte ihm noch drei Tage zu schaffen machen. Es war immerhin der Unterschied zwischen Tag und Nacht, der zwischen Tahiti und München lag. Nach dem Frühstück erkundigte er sich beim Portier über die Inselverwaltung. Der Portier verwies ihn an das Rathaus, das Hotel de Ville. Er hatte bereits in Deutschland recherchiert, was er auf Tahiti vorfinden würde. In Redon gab es ebenfalls ein Rathaus, in dem er auf Liane DeFoube getroffen war. Tahiti war sicherlich von seiner Größe her und der Anzahl der Menschen, die hier lebten, mit dem Verwaltungsdepartment von Redon vergleichbar. Ein Taxi brachte ihn zu dem prächtigen Holzbau mit seinem rot gedeckten Dach, den vielen kleinen Erkern und dem spitzen Turm in der Giebelmitte. Das Rathaus hatte zwei übereinander angeordnete, umlaufende Veranden und im Eingangsbereich einen vorgezogenen Balkon. Es wirkte alt und ehrwürdig. Georg dachte sofort daran, dass Paul Gauguin dieses Gebäude auch schon gekannt haben musste, hier sogar im Amt vorstellig geworden war. Im Foyer gab es jedoch eine Tafel, die ihn auf die Tatsachen hinwies. Ganz entgegen seiner Annahme, war das Rathaus nicht alt, es war erst Anfang der neunziger Jahre erbaut worden. Die koloniale Architektur sollte laut der Information an den Palast einer tahitianischen Königin erinnern. An weiteren Informationstafeln war die Geschichte Französisch-Polynesiens dargestellt. Er orientierte sich an einem Hinweisschild und drang tiefer in das Gebäude ein. Es gab keine Schalterhalle. Aus einer der Türen auf einem breiten Flur trat ein Mann mit einer Mappe. Bevor sich die Tür wieder schloss, schlüpfte Georg hinein. Es war ein schmaler Raum, an dessen Ende, direkt vor dem Fenster ein Schreibtisch stand. Der Mann am Schreibtisch sah auf und deutete auf einen Stuhl. Georg folgte der Aufforderung und setzte sich.
    »Einen Moment bitte.«
    Georg nickte und sah zu wie der Beamte vor ihm ein Formular ausfüllte.
    »Was kann ich für sie tun?«, sagte er nach einigen Sekunden, ohne aufzublicken.
    Georg räusperte sich. »Ich suche nach einer Person, die auf den Marquesas und auch hier auf Tahiti gelebt hat.«
    Der Beamte blickte auf. »Wenn es hier nicht um ihre persönlichen Angelegenheiten geht, dann brauche ich aber eine Vollmacht von dieser Person, sonst darf ich nicht tätig werden, oder die Person kommt selber beim Amt vorbei.«
    »Entschuldigen sie, ich glaube ich habe mich falsch ausgedrückt.« Georg lächelte ihn an. »Die Frau, die ich suche heißt Julie Jasoline, wurde 1895 in Frankreich geboren. Ihre Mutter hieß Yvette und der Vater Victor. Er war so etwas wie

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