1981 - Richard
den Tagen nachdem Gespräch mit Simon hatte Georg viel zu erledigen. Für die Reise in die Südsee hatte er dann sogar vier Wochen veranschlagt. In dieser Zeit führten seine beiden Partner die Kanzlei, so dass man auch ohne ihn zu Recht kommen würde. Er begann sich langsam auch gedanklich auf seinen Auftrag vorzubereiten. Der erste Schritt dahin war, nicht mehr über die Geschäfte in München nachzudenken, es einfach abzuschalten. Am Tag vor seiner Abreise hatte er sich noch einmal mit Simon getroffen. Sie besprachen sein Vorgehen. Im ersten Schritt sollte er ausschließlich auf Tahiti recherchieren. Er sollte mit Behörden sprechen und auch bei dem Fotolabor vorbei schauen, von dem die alten Fotografien der kleinen Julie stammten. Neben Tahiti waren auch die Marquesas Ziel seiner Recherchen, schließlich stammten die Aufnahmen ursprünglich ja von dort. Simon hatte einige Biographien über Paul Gauguin besorgt. Es waren keine umfassenden Werke. Das meiste handelte auch von der Zeit, in der Gauguin noch in Europa lebte. Es gab nur sehr wenige Beschreibungen über Gauguins Südseedasein. Georg hatte sich bisher nur oberflächlich mit Kunst beschäftigt. Er kannte zwar die Namen der großen Künstler wusste aber nur in etwa, wann sie gelebt hatten und welche Werke Ihnen zuzuschreiben waren. Von Stilen und Kunstrichtungen hatte er keine Ahnung. Georg kaufte sich in einer Buchhandlung auch noch einen dünnen Bildband, in dem zahlreiche Ölgemälde und Zeichnungen ausschließlich von Gauguin abgedruckt waren. Das Buch wollte die Kunst zeigen, so dass es nur wenig Text über den Maler und die Interpretation seiner Werke gab. Georg verglich die Abbildungen in dem Buch mit dem Foto des Ölgemäldes. Mit der Zeit bekam er ein Gefühl für Stil und Farbgebung der gauguinschen Kunst. Bis zu seiner Abreise hatte er sich richtig in das Thema eingelesen. Für die Reise selbst nahm er dann auch nur noch eine der Biographien mit, sowie den dünnen Farbband mit den Werksabbildungen. Insgesamt packte er nur eine große Tasche. Es war eine Art Seesack. Er nahm nicht übermäßig viele Sachen zum Anziehen mit. Sie hätten sicherlich keine vier Wochen gereicht. Er richtete sich aber darauf ein, unterwegs noch das zu kaufen, was er an Kleidung brauchte, eventuell würde er auch den Reinigungsservice im Hotel in Anspruch nehmen.
Von München aus gab es die Möglichkeit entweder über Frankfurt oder Paris nach Französisch-Polynesien zu fliegen. Bei der Buchung hatte er sich für Paris entschieden. Auf dem Charles-de-Gaulle war er in den letzten Wochen schon zum dritten oder vierten Mal. Die Reise in die Südsee ging für ihn daher eigentlich erst richtig los, als er in Paris die Maschine der Tahiti Nui bestieg. Es war eine sündhaft teure Verbindung mit nur einem Tankstopp in Los Angeles. Der Flug dauerte knapp zwanzig Stunden. Die Landung in Faaa auf Tahiti war mit das exotischste, was Georg bisher in der Fliegerei erlebt hatte. Natürlich war die Maschine ein großer moderner Jet und auch der Flughafen genügte internationalen Standards, aber es war eher das, was er beim Landeanflug wahrnahm. Vom Flugzeug aus war ihm die ganze Insel mit ihrem kleineren Anhängsel und der Schwesterinsel Moorea wie eine Oase in der riesigen Südsee vorgekommen. Kurz vor der Landung waren sie am Tuamotu-Archipel vorbeigeflogen. Die Maschine hatte bereits ihre Reiseflughöhe verlassen, so dass sie die Ausläufer der Insel auf der rechten Fensterseite sehen konnten. Sie waren auch an den Marquesas vorbeigeflogen, aber Georg hatte nur einige Wolkenfelder sehen können, nachdem der Kapitän den Hinweis gegeben hatte. Georg erwartete, Blumengebinde beim Eintreffen in der Flughalle überreicht zu bekommen. Er erinnerte sich dann aber daran, dass dies wohl nur auf Hawaii üblich war. Später, im Hotel bekam er schließlich doch noch seine Blumen. Er war in einem etwas größeren Hotel für Geschäftsreisende abgestiegen. Außer den Blumen und dem Aussehen der Menschen, die hier arbeiteten, erinnerte nicht viel an die Südsee. Es hätte auch ein Hotel in einer europäischen Großstadt sein können, aber Tahiti gehörte ja eigentlich auch zu Europa, zu Frankreich. Georg stellte fest, dass alles hier, neben seinem Südseecharme immer auch eine gehörige Portion französischen Lebensstil besaß. Das Essen war nur auf Wunsch polynesisch, ansonsten war die französische Küche Standard. Sein erster Tag auf Tahiti war ein Sonntag. Er nutzte die Zeit, um sich auf der
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