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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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Raum war fensterlos, mit einem Tisch in der Mitte, an dem drei Stühle standen. Auf dem Tisch war ein Diaprojektor aufgebaut. Das Objektiv des Projektors war zu einer Wand des Raumes gerichtet, an der eine weiß glitzernde Fotoleinwand stand.
    »Bitte warten sie einen Moment ich hole nur schnell die Kartons.«
    Sie verließ den Raum, kam aber nach wenigen Minuten wieder zurück. Im Arm hatte sie drei Kartons. Es war das Material, von dem sie gesprochen hatte. Georg hatte sich in der Zwischenzeit gesetzt. Er stand aber auf, als sie den Raum wieder betrat und nahm ihr den obersten Karton ab. Er stellte ihn auf den Tisch und nahm der Frau auch die anderen Kartons aus dem Arm. Dann erklärte sie, was sie mitgebracht hatte.
    »Hier haben wir alle Aufnahmen, die wir von dem Fotografen Victor Jasoline besitzen. Wir haben von den Negativen Dias abgezogen, damit wird die Auswahl erleichtert. Wenn sie etwas kaufen, dann können sie auch zwischen Dias und Papierabzügen wählen.«
    Sie nahm jetzt den Deckel eines Kartons ab und holte wie angekündigt ein Diamagazin heraus. In jedem Karton befanden sich fünf Magazine, in die jeweils etwa zwanzig Dias eingelegt waren. Sie nahm das erste Magazin, entfernte den Deckel und setzte es in eine Führungsschiene, die seitlich aus dem Diaprojektor ragte. Sie schaltete das Gerät ein. Auf der Leinwand erschien ein heller Lichtkreis. Sie zeigte Georg, wie die Fernbedienung funktionierte. Es klickte, als die Führungsschiene ein kurzes Stück in den Projektor eingezogen wurde. Sofort wurde das erste Dia an die Leinwand geworfen, es zeigte eine strohgedeckte Hütte, vor der zwei Frauen standen. Zu ihren Füssen hocken einige Kinder. Alle sahen so aus, als wenn es nicht das erste Mal war, dass sie fotografiert wurden. Die Aufnahme war oben und unten durch schmale weiße Ränder begrenzt. Auf dem unteren Rand war der Titel der Fotografie aufgedruckt. Das Bild wirkte wie eine Postkarte.
    »Sie können sich die Bilder ansehen«, sagte die Angestellte. »Das Magazin kommt rechts aus dem Projektor herausgeschoben. Wenn sie es dann entnehmen, wird der Schlitten wieder automatisch nach links gezogen, so dass sie ein neues Magazin einlegen können.«
    »Danke«, sagte Georg.
    »Bitte warten sie, ich habe noch einen weiteren Karton.«
    Sie verließ erneut den Raum. Georg nahm sich den Deckel des Diamagazins. Er war mit einem Etikett beklebt, auf dem die Registrierungsnummern der Dias abgedruckt waren. Dann nahm er wieder die Fernbedienung des Projektors. Der Schlitten fuhr ein kleines Stück weiter und der Schieber griff sich das zweite Dia, das sofort auf die Leinwand geworfen wurde . Das Bild zeigte zwei Frauen, offenbar Mutter und Tochter. Die Aufnahme stammte von 1899. Die Frauen saßen vor einer Hütte auf Holzstufen und trugen lange, dunkle Gewänder, die sogenannten Hängekleider, die die Beine der Frauen vollständig bedeckten. Es war die von den französischen Missionaren gewünschte Kleiderordnung. Georg hatte darüber gelesen.
    Die Angestellte kehrte mit einem weiteren Karton zurück , in dem sich keine Dias, sondern fertige Abzüge von Fotografien befanden. Sie erklärte, dass das Fotolabor für diese Bilder keine Negative besaß. Es wurden auch keine neuen Negative von den Abzügen angefertigt, weil ungeklärt war, ob die Originalnegative nicht im Besitzt eines anderen Labors waren.
    »Lizenzverstöße«, sagte sie. »Es ist wirklich eine komplizierte Angelegenheit. Aber ich habe Ihnen noch etwas mitgebracht.«
    Auf dem letzten Karton lag ein Blatt Papier, das sie nahm und es Georg gab. Es war ein Brief, eine E-Mail.
    »Hier ist die Nachricht von Madame Uzar, falls es sie interessiert.«
    Georg nickte. Die Frau wandte sich ab und verließ den Raum. Georg widmete sich wieder den Dias. Er sah alle Aufnahmen aus dem ersten Magazin an, dann wechselte er problemlos das Diamagazin und fuhr mit seiner Durchsicht des Materials fort. Neben den Inselmotiven, die wohl von den Marquesas stammten, gab es auch eine Serie von Bildern, die das alte Tahiti zeigten. Es ging rund um die Insel. Der Hafen von Papeete, Märkte und Plätze in der Stadt, Menschen, Naturaufnahmen, alles war vertreten. Er vertiefte sich in die Aufnahmen. In jedem der ersten drei Kartons befanden sich gut hundert Fotografien. Georg sah sich jede einzelne an. Er packte die Magazine wieder in den Karton, so wie er sie entnommen hatte und widmete sich dem nächsten. Nach etwa einer Stunde öffnete er schließlich den vierten Karton,

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