1981 - Richard
dann wahrscheinlich nicht so schnell Ergebnisse erzielt. Er winkte sich ein Taxi heran und ließ sich Richtung Hafen fahren. An einer Markthalle stieg er aus, um den Rest zu Fuß zu laufen. Es war später Vormittag. Bis zur Hafenpromenade brauchte er eine halbe Stunde, vorbei an Geschäften und Souvenirläden. Je näher er dem Hafen kam, desto größer wurden die Ströme der Kreuzfahrttouristen. Direkt an der Hafenpromenade kam er am Anleger der Fähre nach Moorea vorbei. Es drängten sich schon viele Menschen an Bord des kleinen Schiffes. Spontan ging er zum Fahrkartenschalter und sah sich den Plan an. Wenn er jetzt die Fähre nahm, musste er bis morgen bleiben, bis er wieder zurück nach Papeete kam.
*
Georg verschob den Ausflug nach Moorea und suchte sich lieber einen gemütlichen Restaurantplatz an der langen Hafenpromenade. An einem Kiosk auf dem Weg dorthin kaufte er sich eine französische und eine amerikanische Zeitung. Später, nachdem Essen, setzte er sich noch auf die Lounge des Restaurants und bestellte sich Kaffee und Mineralwasser. Er fand eine tahitianische Zeitung an seinem neuen Platz und begann die Lokalnachrichten zu studieren. Die Zeitung hatte einen großen Tahititeil und viele kleine Rubriken über Moorea, Bora Bora und auch die Marquesas. Er musste zwangsläufig an Florence Uzar denken, die auf den Marquesas, auf Nuku Hiva lebte. Vor Georgs Abreise hatte Simon noch mit ihr gesprochen. Sie wusste wann Georg auf Tahiti eintreffen würde und dass er sich melden wollte, sobald er plane auf die Marquesas weiter zu reisen. Er sah sie jetzt vor sich. Er konnte sich noch gut an ihre grünen Augen erinnern, es war das, was ihm sofort aufgefallen war, diese grünen Augen und ihr dunkles, rotbraunes Haar, dass selbst in der kargen Münchner Märzsonne glänzte. Damals auf dem Parkplatz, nachdem er sich wieder verabschiedet hatte, nachdem ihm klar war, aus welchem Teil der Welt sie kam, da hätte er niemals geglaubt, sie so schnell wiederzusehen. Er sah auf die Uhr. Eigentlich müsste er sich bei Simon melden, doch es war noch zu früh, in Europa war immer noch tiefste Nacht, während hier in der Südsee die Sonne mit herrlicher Kraft durch die Markise der Lounge zu spüren war und alles in ein sanftes Licht tauchte. Am späten Nachmittag verließ er das Restaurant. Er schlenderte an der Hafenpromenade entlang und tauchte dann wieder in die Stadt ein. Gegen Abend kehrte er mit dem Taxi zu seinem Hotel zurück und ruhte sich auf seinem Zimmer eine Stunde lang aus. Er wollte Papeete auf jeden Fall auch bei Nacht erleben. Am Abend zuvor hatte ihn noch der Jetlag gezwungen, früh zu Bett zu gehen. Er verließ gegen zehn das Hotel. Bevor es losgehen konnte, musste er noch seinen Anruf erledigen. Gegenüber dem Hotel gab es eine Poststation. Er ging an einen der Schalter und ließ sich eine Verbindung nach Europa herstellen, die er in einer der Telefonkabinen entgegen nahm. Er sah noch einmal auf die Uhr. In Deutschland war jetzt früher Vormittag, also Bürozeit. Es ratterte in der Leitung, als wenn mechanische Wählscheiben betätigt wurden. Dann hörte er eine Stimme, ganz nah. Die Verbindung war erstaunlich gut. Frau Hoischen meldete sich und stellte sofort zu ihrem Chef durch.
»Guten Morgen, Grüße aus Tahiti«, empfing Georg ihn
»Georg, bist du gut angekommen. Das ist ja hervorragend«, freute sich Simon.
»Es war zwar trotz des Direktflugs recht anstrengend, aber ich habe es schließlich geschafft. Das Wetter ist hervorragend und die Insel ist wirklich einmalig, so wie man es sich von der Südsee erträumt, zumindest beinahe. Ich bin auch bereits aktiv geworden. Heute Nachmittag bin ich in dem Fotolabor gewesen, aus dem die Bilder ursprünglich stammen, die wir von Madame Uzar erhalten haben. Ich habe mir eine Reihe von Fotografien angesehen, alles Aufnahmen, die Victor Jasoline gemacht hat. Dann habe ich noch etwas entdeckt. Es ist eine Fotografie aus dem Jahre 1911. Sie zeigt Julie Jasoline als junge Frau, wenn es Julie und nicht Thérèse ist. Die Aufnahme ist wohl ebenfalls in der Südsee entstanden, dem Bildhintergrund nach zu urteilen. Wir können also jetzt hoffen, dass Julie noch nach 1904 gelebt hat.«
Dann erzählte Georg von seinem Auftritt im Rathaus. »Ich denke, ohne Unterstützung komme ich da nicht weiter. Ich würde gerne mit Madame Uzar Kontakt aufnehmen und zu ihr auf die Marquesas reisen.«
»Ich habe dich ja bereits angekündigt«, erklärte Simon. »Ich habe ihr übrigens
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