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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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der Rue Montmartre abgesetzt und er ging die Rue Mandar wieder zu Fuß bis zur Nummer 88. Er hatte die zweite Maschine von München aus genommen, um nicht so früh aufstehen zu müssen. Es ging daher schon auf Mittag zu, als er die Stufen zur Eingangstür hinaufstieg. Die Tür war nicht verschlossen. Er trat ein und ging zum Rezeptionstresen. Den Knopf der Klingel drückte er zweimal kurz. Die Küchentür am Ende des Flures wurde sofort aufgerissen und Madame LaRosa kam ihm strahlend entgegen.
    »Ich freue mich so, sie wiederzusehen«, sagte sie fröhlich. »Kommen sie mit ins Wohnzimmer. Ich bin schon so gespannt.«
    Georg folgte ihr in Wohnzimmer. Madame LaRosa hatte bereits den Metallkasten bereitgelegt. Er hatte ihr schon angekündigt, dass er die Bilder aus Thérèse Pallets Nachlass noch einmal sehen wollte. Zunächst sah ihn Madame LaRosa aber gespannt an. Sie hatte Kaffee gekocht und einen Teller mit Gebäck auf den Wohnzimmertisch gestellt. Sie schenkte ein und Georg nahm einen Keks mit Schokoladenüberzug. Er biss einmal ab und legte das restliche Stück auf die Untertasse seines Gedecks. Er hatte seine Mappe dabei. Er hatte von all den Rechercheergebnissen, von den Fotografien und den Dokumenten, eine übersichtliche Collage angefertigt, die er jetzt auf dem Tisch ausbreitete. Madame LaRosa beugte sich kurz darüber, blickte dann aber wieder zu ihm, in Erwartung seiner Ausführungen.
    »Ich möchte zunächst einmal eine kleine Flunkerei aufklären und mich dafür entschuldigen«, begann Georg. »Es war schon richtig, dass ich nach Spuren der Familie Jasoline gesucht habe. Der Grund war aber nicht, dass eine Klientin von mir nach ihren Vorfahren gesucht hat. Ich bin vielmehr im Auftrag eines Münchner Auktionshauses unterwegs gewesen. Es ging um den Herkunftsnachweis für ein Kunstwerk. Die Schwester von Madame Pallet ist auf einem noch unbekannten Werk des Malers Paul Gauguin dargestellt.«
    »Paul Gauguin«, wiederholte Madame LaRosa überrascht.
    Georg nickte. »Ein Privatsammler wollte das Bild zum Verkauf anbieten, es war aber nicht eindeutig geklärt, ob es sich um ein echtes Gemälde handelt, es fehlte noch der Beweis ob Paul Gauguin jemals ein solches Bild gemalt hat.«
    »Und diesen Beweis haben sie jetzt erbracht? Und die alte Postkarte hat Ihnen dabei geholfen?«
    »Ja, das ist richtig, es war einer der Schlüssel zum endgültigen Beweis.«
    Er erzählte jetzt von Allaire, dass er das alte Sanatorium aufgesucht hatte, von Yvette Jasoline und davon, dass Thérèse Pallet und Julie Jasoline Zwillinge waren. Er berichtete von seiner Reise in die Südsee, von Sydney, von den Dearsts und schließlich von dem Zeitungsartikel, der am Ende das große Beweisstück war, der gesuchte Herkunftsnachweis für das Gauguin-Gemälde. Er nahm seine Collage zur Hand und zeigte die Fotografien und Daten in ihrer chronologischen Reihenfolge.
    »Oh, das ist ja spannend«, entgegnete Madame LaRosa. »Dann hat Madame Pallet den berühmten Paul Gauguin vielleicht auch gekannt.«
    »Ganz sicher sogar«, bestätigte Georg.
      Madame LaRosa dachte nach. »Ich muss mir überlegen, ob ich nicht vielleicht ein Paul-Gauguin -Zimmer hier im Hause einrichte, so etwas ist jetzt modern, Themen-Zimmer. Wäre das in Ordnung?« Sie sah Georg mit leuchtenden Augen an.
    »Warum nicht, es spricht sicherlich nichts dagegen.« Er lächelte. »Sie haben wirklich eine Menge Fantasie.«
    »Danke«, sagte sie etwas verlegen. »Ich muss halt auch mit der Zeit gehen.«
    »Eine Frage ist allerdings noch offen«, erklärte Georg. »Aus unseren Unterlagen geht hervor, dass Madame Pallet den Nachlass ihrer Schwester Julie übernommen hat. Sie ist dazu im Jahre 1958 oder auch erst 1959 nach England, nach Liverpool gereist. Ich möchte sie bitten, sich noch einmal zu erinnern. Gibt es nicht doch irgendetwas Persönliches von Madame Pallet? Ich meine weitere Briefe oder Unterlagen, irgendetwas. Oder haben die Behörden damals noch etwas erwähnt, dass sie sich zum Beispiel melden sollen, wenn sich einmal jemand nach Madame Pallet erkundigt?«
    Madame LaRosa sah ihn an. Sie dachte nach. »Wir haben damals mit einem Immobilienmakler verhandelt. Er hat uns ein wenig von den Umständen erzählt, unter denen das Haus zur Versteigerung kam. Es war aber nichts Ungewöhnliches an der Sache, es ging nicht um irgendein Geheimnis. Sie haben einfach niemanden von den Angehörigen mehr gefunden. Mit den Behörden hatten wir nur zu tun, als es um den

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