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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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waren. Beide Bilder waren quadratisch, aber die Zeichnung war in Höhe und Breite je fünfzehn Zentimeter kleiner. Dann waren da noch die Farben, in denen das Gemälde erstrahlte, sie allein waren der Kreativität Sébastian Lumars entsprungen, aber er hatte sich bei der Farbwahl an der Natur und an sein Wissen um Paul Gauguins Stil orientiert. Edmund Linz brauchte nur wenige Minuten, bis das Schicksal der Zeichnung endgültig besiegelt war. Ohne jegliche Emotionen legte er es zurück in die Mappe, versteckte es notdürftig zwischen den leeren Blättern. Er blickte noch einmal auf das Ölgemälde, dann ging er zur Tür und öffnete sie. Der Angestellte stand links daneben und drehte sich sofort zu ihm um.
    »Ich wäre dann so weit«, sagte Edmund Linz.
    Der Mann nickte und begleitete ihn in den Raum zurück. Er ging zum Tisch, nahm das Gemälde, schob es in die Filztasche, verschnürte das Paket und stellte es wieder auf den Rollwagen. Edmund Linz beobachtete ihn dabei. Sie verließen gemeinsam den Raum. Der Angestellte schloss wieder ab. Edmund Linz bedankte sich noch einmal, dann ging er hinauf in die Büros und verabschiedete sich auch von Simon Halter.
    *
    Edmund Linz beeilte sich, seinen zweiten Termin einzuhalten. Es war erst viertel vor zehn, als er bei Konrad Schumann klingelte. Edmund Linz glaubte, dass es diesmal länger dauerte, bis Konrad Schumann an der Tür erschien. Schumann lächelte verhalten und ließ seinen Gast ein.
    »Haben sie mein Geld?«, fragte Edmund Linz an Stelle einer Begrüßung.
    »Selbstverständlich!«, antwortete Konrad Schumann. »Wir hatten es Ihnen doch zugesagt.«
    »Aber es sind hoffentlich keine Blüten«, sagte Edmund Linz mit einem Grinsen.
    Konrad Schumann schien die Bemerkung zu ignorieren. Er wandte sich ab, ging voran. Edmund Linz folgte ihm, folgte ihm wieder ins Wohnzimmer. Die Bilder glichen sich. Sébastian Lumar saß wie vor ein paar Tagen halb versunken auf dem Sofa und schien niemanden wahrzunehmen. Edmund Linz sah sich um. Auf dem Wohnzimmertisch lag eine Plastiktüte, eine weiße Plastiktüte ohne Werbeaufschrift. Die Geldbündel zeichneten sich darin ab. Konrad Schumann nahm die Tüte und hielt sie Edmund Linz entgegen. Eigentlich war es entwürdigend. Edmund Linz fiel wieder die Geldübergabe vor acht Jahren ein, wie er damals an seinen Safe gegangen war und sorgfältig das Geld herausgenommen und es Konrad Schumann schließlich überreicht hatte. Das was jetzt geschah, hatte nichts davon. Edmund Linz brauchte das Geld und er brauchte es eigentlich auch nicht. Es war nur ein Trinkgeld im Vergleich zu dem, was der gefälschte Gauguin einbringen würde. Das Geld gehörte jetzt zu dem Plan. Es sollte Konrad Schumann und Sébastian Lumar über Edmund Linz wahre Absichten täuschen.
    »Ich werde es nicht zählen«, sagte er schließlich. »Sie haben es damals ja auch nicht gezählt.« Er stockte und überlegte kurz. Dann lachte er höhnisch. »Und ich weiß ja jetzt auch, warum sie es nicht gezählt haben.« Er schüttelte den Kopf.
    Konrad Schumann nannte die Summe, die sich in der Plastiktüte befand. »Wir haben alles korrekt abgerechnet und das Geld mit vier Prozent verzinst.«
    »Sie sind wirklich verrückt.« Edmund Linz schüttelte wieder den Kopf. »Vier Prozent Zinsen, als Ersatz für einen Traum.«
    Jetzt erhob sich Sébastian Lumar. Er stellte sich vor Edmund Linz hin. Er war mehr als einen Kopf kleiner. Es sah so aus, als stünde ein trotziges Kind vor einem Erwachsenen.
    »Sie haben doch etwas Einmaliges«, sagte er. Er hatte einen stärkeren Akzent als sonst. Vielleicht war es die Aufregung. »Sie haben etwas Einmaliges und nichts dafür gegeben. Warum sind sie nicht zufrieden, warum?«
    Edmund Linz hätte jetzt losbrüllen können, aber er hatte keine Lust, er hatte eigentlich auch keinen Grund dazu. Er hatte sich mit allem abgefunden und war bereits in seinen neuen Plan vertieft. Es ging nur noch um Geld, um seine Zukunft. An Kunst würde er in den nächsten Monaten nicht mehr denken, vielleicht später einmal wieder, wenn seine Existenz gesichert war. In den Monaten seines Bankrotts war er nüchterner geworden, kein Idealist mehr, zumindest nicht mehr in seiner Liebe zur Kunst, in seiner Liebe zu dem Einzigartigen, zu dem Besonderen. Er verzog jetzt nicht einmal mehr eine Miene. Er wandte sich um und ging zur Wohnzimmertür. Konrad Schumann folgte ihm hastig. Sébastian Lumar blieb zurück. Draußen vor dem Hauseingang drehte sich Edmund Linz noch

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