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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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würde erkennen können, was er mit sich führte. Er besah sich noch einmal die Oberfläche der Gemälderückseite. Er zog erneut den Fön aus seinem Mantel, einige Stellen glänzten noch feucht. Nach weiteren fünf Minuten war er endgültig fertig. Er würde das Gemälde nicht selbst wieder in die Filztasche schieben, dass sollte der Mann machen, der draußen wartete. Er prüfte den Geruch im Raum. Er hatte sich in den Tagen seines Experimentierens an den Geruch gewöhnt, nahm ihn kaum noch war. Er musste sich konzentrieren. Natürlich roch es noch, aber es vermischte sich schon mit dem Geruch des Linoleumbodens. Er atmete tief ein und ging dann zur Tür, um den Angestellten hereinzurufen. Er wollte schon den Türknopf drücken, er besann sich aber noch einmal. Hatte er den Tisch und den Fußboden gereinigt? Er ging zurück nahm das vorbereitete Tuch aus der Innentasche seines Mantels und wischte über den Tisch. Dann hockte er sich hin und wischte auch den Boden unter dem Tisch. Halbgebückt zog er das Tuch, das er mehrfach wendete, großflächig über den Boden. Dann reichte es. Er stopfte das Tuch in eine weitere Plastiktüte und verstaute es in seinem Mantel. Er ging wieder zur Tür und drückte jetzt erst die Klinke. Der Mann draußen drehte sich sofort um und kam zu ihm in den Raum. Er ging zum Tisch, nahm vorsichtig das Gemälde und schob es in die Filztasche. Dann stellte er es auf den Rollwagen und fuhr damit aus dem Raum heraus. Edmund Linz folgte ihm. Sie verabschiedeten sich. Edmund Linz wartete nicht mehr. Er ging sofort über den Flur zur Treppe. Er drehte sich noch einmal um. Der Angestellte ging bereits mit dem Rollwagen den Flur entlang, er hatte nichts gemerkt, keiner würde bis morgen Nacht etwas merken.
    *
    Edmund Linz saß in seinem Wohnzimmer und wartete auf den Anruf. Er ging die Sache noch einmal durch, obwohl er jetzt nichts mehr ausrichten konnte. Es war 1:00 Uhr morgens. Er rechnete aus, wann sie sich bei ihm melden würden. Es würde sicherlich Simon Halter sein, der ihn anrief. Der Nachtwächter im Gebäude der AMS-Assekuranz würde nicht gleich die Feuerwehr rufen. Er würde es erst selbst mit dem Feuerlöscher versuchen. Dann merkt er, dass es nicht funktioniert und er gibt schließlich doch Alarm. Alles in allem, die Anfahrt der Feuerwehr und das Löschen, eine gute halbe Stunde. Dann werden die Verantwortlichen informiert. Eine weitere Stunde und das Ausmaß des Schadens ist allen bekannt. Simon Halter wird informiert und danach kommt der Anruf, auf den er wartete.
    Es war viertel nach eins. Edmund Linz hatte den Fernseher eingeschaltet. Es lief die Wiederholung einer amerikanischen Westernserie aus den Siebzigerjahren. Es war bereits die dritte Folge, die nacheinander ausgestrahlt wurde. Er überlegte kurz, ob Simon Halter ihn vielleicht auch erst am nächsten Morgen informieren würde. Die vierte Folge begann. Die Titelmusik, die jedes Mal neu angespielt wurde, gefiel ihm mittlerweile. Es begann immer gleich. Es wurde eine riesige Viehweide gezeigt. Dann fiel ein Schuss und die Tiere sprangen auseinander, zeitgleich lief die Titelmusik an. Cowboys ritten mit schwingenden Lasso, weitere Schüsse fielen, zum Antreiben der Herde. Mittlerweile kannte er wieder alle Charaktere der Serie und wieder war ihm die Figur des Trampas am liebsten, wie damals vor mehr als zwanzig Jahren als er die Folgen das erste Mal gesehen hatte. An das Telefon dachte er für einige Minuten nicht mehr. Er stand auf und ging in die Küche. Er war bereits müde. Er nahm sich ein Glas Orangensaft und setzte sich auf einen Küchenstuhl. Er dachte noch einmal an die letzten Wochen, wie sich alles entwickelt hatte und schließlich dachte er an seine Experimente. Er fragte sich, ob sie es merken würden, ob es tatsächlich keine Rückstände gab. Nach dem alles verbrannt war, würde nur noch der leicht fettige, ölige Geruch bleiben, was aber niemandem verdächtig vorkommen würde. Das Gemälde, der Gauguin, war immerhin mit Ölfarben gemalt. Das Präparieren und Anmischen der Stoffe war kompliziert, aber es war nicht unmöglich. Eigentlich war es ein alter Trick, der in den Hörsälen vorgestellt wurde. Natürlich war das Rezept ein bisschen verändert, es stammte ursprünglich nicht von ihm, aber er hatte während seiner Versuche einiges verbessert. Es war nur zu schade, dass er sein neues Wissen keinem breiteren Publikum offenbaren konnte. Er musste über diesen Gedanken beinahe lachen. Es war natürlich

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