1981 - Richard
Victoria and Albert Museum fortsetzen und auch beenden. Sein Ziel waren die Historic Catalogues of the National Art Library, einer Art Datenbank, in der er gezielt nach bestimmten Stichworten suchen konnte, um die Arbeit in der Tate Gallery noch einmal abzusichern. Unter Umständen gab es Lücken, Einträge die er in den Ausstellungskatalogen übersehen hatte. Er rechnete mit knapp fünf Stunden.
Eine Stunde brauchte es allein, um wieder eine Zugangsberechtigung zu erhalten. Er wurde diesmal wenigstens nicht auf den nächsten Tag vertröstet. Während er wartete, suchte er aus seinen handschriftlichen Listen nach geeigneten Stichworten. Er schrieb an die fünfzig Begriffe heraus. Er hatte sich Titel von Gauguins Südseebildern notiert, die oft mit polynesischen Worten beschrieben waren. Er hatte zwar einige Übersetzungen in den Katalogen gefunden, aber von den meisten wusste er nicht, was sie bedeuteten. Sein zweiter Schwerpunkt waren Frauenbildnisse. Er notierte sich die Namen der Frauen und Mädchen, so wie sie in den Bildtiteln oder den Erklärungen zu den Werken zu finden waren. »Die schöne Angelie«, »Aline«, Gauguins Tochter, »Die nähende Suzanne« und nicht zuletzt die Namen der Geliebten, »Der liegenden Pau'ura« oder der »Javanerin Annah«. Er sah hinüber zu dem gläsernen Kasten, in dem gerade seine Zutrittsberechtigung hergestellt wurde. Es tat sich noch nichts. Er notierte sich weiter Stichworte. Jetzt waren die banalen Wörter dran, die wie er hoffte in Kombination mit den Gauguin spezifischeren Begriffen, erfolgreich sein konnten. Es waren Wörter wie »Boot« oder »Segelboot«, »Strand«, »Palme«, »Mädchen«, »Wasser«, »Sand« und nicht zuletzt die Wörter »Julie« und »Bois« oder eben »Wald«. Mehr viel ihm nicht ein. Er würde sicherlich noch während der Recherche auf weitere Begriffe und Wortkombinationen stoßen.
»Mr. Kuhler«, wurde er von vorne angesprochen.
Vor ihm stand der Mann, dem er vor gut fünfundvierzig Minuten seinen Antrag ausgehändigt hatte. Britische Gründlichkeit, dachte er noch.
»Mit diesem Ausweis können sie das Gebäude jetzt betreten. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei ihrer Arbeit«, näselte der Mann und gab ihm den checkkartengroßen Ausweis.
Heinz Kühler bedankte sich. Er kramte die Zettel zusammen, die er neben sich auf die Bank gelegt hatte und stopfte alles in seine schwarze Mappe. Er begab sich zum ebenfalls gläsernen Drehkreuz, führte seinen neuen Ausweis in den Leseschlitz und wurde eingelassen. Die Karte war stabil wie für die Ewigkeit und war dennoch nur für heute und morgen gültig. Es war nicht das erste mal, dass er die Historic Catalogues besuchte. Er kannte sich aus. Er musste sich jetzt nur noch einen Terminal zuweisen lassen und schon konnte es losgehen. Er wurde anscheinend schon erwartet. In einem Empfangsraum, den er nach der Drehtür betreten hatte, konnte er wieder ein Schließfach für seine persönlichen Sachen beziehen. Eine ältere Dame sprach ihn an, nachdem er das Schließfach verriegelt hatte.
»Mr. Kuhler?«, fragte sie, ebenfalls mit näselnder Freundlichkeit.
»Ganz richtig.« Er hielt seinen Ausweis hin, als wenn sie es von ihm gefordert hätte.
»Guten Tag. Ich zeige Ihnen jetzt ihren Terminal«, sagte die Dame leicht irritiert.
Sie ging voran und er folgte ihr durch einen Flur in einen Saal, in dem dutzende Trennwände standen. Die Trennwände verbargen Computerarbeitsplätze. Vorne an jeder Trennwand war ein Schild mit einer Nummer angebracht. Sie hatte ihm noch nicht verraten, welches seine Nummer sein sollte. Sie gingen an zwei Reihen vorbei in die dritte und dort etwa bis zur Mitte. Sein Platz hatte die Nummer dreiunddreißig, ohne Fenster, ohne Blumen, ohne jeden Schmuck. Er hatte vorher gewusst, was ihn erwartete. Er war heute zum vierten Mal hier, zuletzt vor gut zwei Jahren. Die Terminals waren erneuert worden. Das Victoria and Albert Museum legte immer größten Wert auf eine moderne und gute Einrichtung. Die Computer gehörten dazu, optimale Bedingungen für die Kundschaft.
»Sie finden hier eine Beschreibung zur Bedienung des Arbeitsplatzes«, erklärte die Dame. »Sie haben selbstverständlich Zugriff auf die Archivdatenbank und auch auf das Internet. Sie können unbegrenzt surfen.«
Sie sprach weiterhin leicht näselnd und darum wollte das Wort Surfen auch nicht recht zu ihr passen. Heinz Kühler hatte aber verstanden. Er nahm Platz. Sie schaltete ihm das Gerät ein und wartete noch,
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