1981 - Richard
drang nur leise hinunter auf die Promenade. Ab und an beobachtete er Spaziergänger, die an seiner Bank vorübergingen. Dann faltete er die Zeitung zusammen, nahm das Brotpapier, das er neben sich gelegt hatte und erhob sich. Er gab alles in einen Papierkorb in der Nähe seiner Bank und machte sich auf den Weg zum Pont Neuf. Er winkte nach einem Taxi und hatte Glück. Der Fahrer freute sich über die lukrative Fahrt und brachte Georg hinaus zum Roissy-Charles de Gaulle. Am späten Abend landete er wie geplant wieder in München.
*
Georg war am nächsten Morgen schon früh in der Kanzlei. Er hatte gerade mit Simon Halter telefoniert. Seine Ergebnisse waren zwar noch nicht sehr aussagekräftig, aber Simon meinte, dass es ein Anfang sei, ein guter Anfang. Besonders interessierte ihn die alte Postkarte. Georg kopierte alle Unterlagen, die Notizen aus der Kolonial ausstellung und auch die Postkarte und das Foto von Thérèse Pallet und schickte die Dateien an Simons E-Mail-Adresse. Keine zehn Minuten, nachdem er alles versendet hatte, klingelte auch schon sein Telefon.
»Es ist noch einmal Herr Halter für sie«, kündigte Frau Stelljes an und legte das Gespräch auf den Apparat ihres Chefs.
»Hallo«, meldete sich Simon. »Ich hab mir die Postkarte angesehen. Dieses Allaire, weißt du wo das liegt?«
Georg hatte die Bilddatei der alten Postkarte auf dem Monitor seines Computers geöffnet und blickte jetzt darauf. »Ich habe es mir kurz im Atlas angesehen«, erklärte er. »Es ist in Nordwestfrankreich, in der Bretagne. Bekannte Städte in der Nähe sind Nantes, Rennes und Vannes.«
»Aber der Ort Allaire wurde in der Biographie von Victor Jasoline nicht erwähnt«, stellte Simon fest.
»Richtig, weder in dem Lebenslauf, den ich aus Paris mitgebracht habe, noch in der Vita, die wir von Madame Uzar bekommen haben, ist ein Allaire erwähnt«, bestätigte Georg. »Das Bild von Victor Jasoline hat sich aber weiter komplettiert. Die Recherche in der Kolonialausstellung hat ergeben, dass er in Paris geboren wurde und in Auckland, Neuseeland, gestorben ist. Abgesehen von Tahiti oder den Marquesas, sind das bislang die einzigen Orte, die ich mit seinem Namen in Verbindung bringen konnte.«
Er hörte, wie Simon blätterte. »Die Postkarte zeigt doch dieses Krankenhaus oder Sanatorium. Die Frau, diese Yvette schreibt von der Geburt ihrer Tochter Julie. Vielleicht ist das schon unsere Julie, die Julie, die Gauguin gemalt hat, was meinst du?«
»Gut, natürlich war das auch mein erster Gedanke, aber sag selbst, wie viele Julias kennst du. Der Vorname ist schließlich nichts Exotisches und diese Übereinstimung kann ein Zufall sein und es kann auch sein, dass Thérèse Pallet gar nichts mit unserem Victor Jasoline zu tun hat. Für eine Verbindung zwischen den beiden habe ich noch keinerlei Beweise, geschweige denn für eine Verbindung zwischen Victor Jasoline, dieser Yvette und ihrer Tochter Julie. Weder die alte Postkarte noch der Ort Allaire, noch Yvette und Julie, müssen etwas mit dem Gauguin-Gemälde zu tun haben.«
Am Telefon war es wieder still. Simon schien zu überlegen. »Aber du kannst da doch trotzdem hinfahren«, sagte er schließlich, »und dieses Krankenhaus suchen, vielleicht findest du ja eine Verbindung oder hast du noch andere Spuren?«
»Nein, nichts weiter«, erklärte Georg. »Ich habe aber eben erst angefangen zu recherchieren und es gibt weitere Orte, außer in Paris, an denen ich suchen kann.«
»Und das wären?«, wollte Simon wissen.
»Am einfachsten wäre es zwar, weiter in Frankreich nach Spuren von Victor Jasoline und seinen Nachfahren zu suchen, aber ich gehe aus Erfahrung gerne den direkten Weg.«
»Und das bedeutet?«, fragte Simon ungeduldig.
»Ich dachte da an Neuseeland«, antwortete Georg ohne zu zögern. »Wenn Victor Jasoline in Auckland gestorben ist, dann gibt es dort vielleicht noch Spuren von ihm, auch wenn alles schon mehr als siebzig Jahre her ist. Auf jeden Fall ist der Hinweis Auckland konkreter als alles andere, was ich bisher gefunden habe. Wir haben ja sogar noch eine Einschränkung des Ortes. Victor Jasoline ist in Hatfields Beach gestorben. Ich habe nachgesehen, es liegt ganz in der Nähe von Auckland und ist eher ein Dorf. Dort ist es natürlich einfacher, jemanden ausfindig zu machen, als in einer Großstadt.«
»Neuseeland«, wiederholte Simon. »Du willst ja nur eine tolle Dienstreise unternehmen, auf meine Kosten«, sagte er mit spaßigem Unterton.
»Ich sagte
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