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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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lief zurück, und dann kam der Text noch einmal: »Meine Damen und Herren …«
Sie hörten ihn sich bis zum Ende an.
»Okay.« Hilario gab Sieglinde ein Zeichen. Sie stellte sich neben die Blonde und drückte ihr die TOKAREV in den Rücken.
»Und die Bullen ruft ihr natürlich noch nicht!« sagte er. »Erst nach der Durchsage! Wahrscheinlich werden sie schon vorher aufkreuzen, aber dann erklärt ihr ihnen, daß ihr weitersenden müßt, und warum. In einer Minute sitzen wir im Auto und machen das Radio an. Sollten wir dann feststellen, daß ihr unsere Nummer gekippt habt, wird eure Puppe schon an der nächsten Ecke tot sein. Das ist ein Versprechen. Dasselbe gilt für den Fall, daß wir innerhalb der nächsten zehn Minuten verfolgt werden. Los jetzt!«
Zunächst wurden alle vier nach unten dirigiert. Böckler öffnete per Knopfdruck die Tür, und dann ging es hinaus.
Die Geisel gehorchte ihnen aufs Wort, denn Sieglinde bedrohte sie noch immer, getarnt durch ihre Handtasche, mit der Pistole.
Kurz vor Erreichen ihres Wagens stülpte Wladimir der Gefangenen eine dunkle Plastiktüte über den Kopf und zog am Hals die Kordel zusammen, machte einen Knoten. Für die Sauerstoffzufuhr sorgte ein Loch, das er schon am Nachmittag eingeschnitten hatte.
Hilario setzte sich ans Steuer. Wladimir nahm den Platz neben ihm ein, und hinten hielt Sieglinde die Geisel in Schach. Der Radioknopf war bereits gedrückt, und so ertönte die Stimme des Sprechers unmittelbar nach der Zündung: »… das schon in allerkleinsten Mengen tödlich wirkt. Die Gruppe hat angekündigt, daß sie die furchtbare Waffe irgendwo in der Bundesrepublik zum Einsatz bringen …«
Als die Meldung zu Ende war, blieb es zunächst still im Äther.
»Diese Schweine!« sagte Wladimir. »Haben verdammt wenig Respekt vor dem Leben ihrer Kollegin!«
»Sie müssen doch erstmal zurückspulen«, wies die Blonde ihn mit nur schwach vernehmlicher Stimme zurecht, und dann war sie auch schon wieder da, die bedrohliche Nachricht: »Meine Damen und Herren …«
Sie fuhren mit sechzig Stundenkilometern durch den nächtlichen Bezirk. Da der Sender nicht im Zentrum lag, hatten sie nach wenigen Minuten den Stadtrand erreicht. Sie verließen die feste Straße und fuhren, jetzt ohne Licht, etwa fünfzig Meter in unwegsames Gelände hinein, hielten dann an.
Sieglinde stieg aus, ging an die andere Seite des Wagens und öffnete die Tür. Sie packte die Blonde am Arm, zog sie heraus, hieß sie sich ins Gras setzen. Die Frau gehorchte.
»Brauchst nicht zu zittern«, sagte Sieglinde. »Hast gute Karten. Du rührst dich für eine Viertelstunde nicht vom Fleck und läßt ebensolange deinen Kopf unter der Haube. Einer von uns bleibt in der Nähe. Nimmst du das Ding vorher ab, so weiß er, daß du sterben willst.« Sie stieg wieder ein, und nun beugte sich Wladimir durchs geöffnete Fenster nach draußen und sagte: »Okay, ich übernehme die Wache. Fahrt ihr schon vor! Wir treffen uns dann am vereinbarten Ort.« Er machte die Tür auf, blieb aber sitzen, wartete ein paar Sekunden und schlug sie wieder zu. Hilario startete. Das Radio schickte noch immer die Schreckensbotschaft in den Äther.

3.
    Am dritten Tag wagten sie es, in ein gutes Restaurant zu gehen. Frank hatte am Nachmittag in einem Ramschladen nahe den Ramblas zwei Perücken gekauft. Obwohl mit den angestaubten Haarschöpfen wiederum ihre hygienischen Empfindlichkeiten herausgefordert waren, hatten beide sich die karnevaleske Pracht über den Kopf gestülpt, sie ein blondes, er ein dunkles Exemplar. Dazu hatten sie die neue Kleidung angezogen. Katharina eine Satinbluse mit aufgestickten leuchtend roten Mohnblumen und schwarze Jeans, Frank einen braunen Anzug von der Stange. Im Schutz der Dunkelheit waren sie zur Plaza de Cataluna gegangen, hatten an dem großen Rondell ein Taxi genommen und sich zu einem von dem Fahrer empfohlenen Restaurant bringen lassen. Dort saßen sie nun, hatten endlich einmal gut gegessen, tranken noch ein Glas Wein.
    Der für etwa hundert Personen eingerichtete Speiseraum mit seiner niedrigen weißen Decke und den getäfelten Wänden, dem Kamin, den alten Ölbildern und dem schweren dunkelbraun gebeizten Mobiliar wirkte wie die Wohnhalle einer Hacienda. Etwa die Hälfte der Tische war besetzt.
    Katharina sah Frank an. »Wenn nicht alles so traurig wäre«, sagte sie, »müßte ich lachen, so grotesk siehst du aus. Der Kopf ist ein Senioren-Hippy und der Rest ein Mittelmaß, das schon beinahe weh tut.«
    »Ja,

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