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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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zugeflogene Geschoß packten und zurückwarfen. Auch hatte er weniger eine Gegenattacke als vielmehr die Befreiung von der tödlichen Gefahr im Sinn, als er sich spontan bückte, die zu Katharina Golombeks Füßen liegende Granate aufklaubte und sie über die Straße schleuderte. Der in diesem Augenblick unter mächtigem Motorengedröhn auf die Fahrbahn springende unbeleuchtete SEDAN mochte ihm noch blitzschnell einen Zusammenhang zwischen den beiden Insassen und dem Anschlag suggeriert haben, denn er zielte mit seinem Wurf auf das Auto.
    Die Granate explodierte über der Kühlerhaube, etwa zwei Handbreit vor der Windschutzscheibe. Das zerberstende Fahrzeug kam erst nach einigen Turbulenzen zum Stehen. Zwei der Polizisten liefen sofort hinüber, ein anderer rannte in die Pension, um die Einsatzzentrale anzurufen; Rodrigo Jimenez jedoch, der junge Bursche aus Montserrat, war viel zu erschrocken, als daß er jetzt, unmittelbar nach seiner Aktion, zu überlegtem Handeln fähig gewesen wäre. Wie angewurzelt stand er auf der Treppe, blickte zu dem brennenden Auto hinüber, sah, wie seine Kollegen die beiden Toten aus den Fahrzeugtrümmern zerrten. Erst jetzt kam ihm die Frage in den Sinn: Was, wenn es das falsche Auto war?
    Es war nicht das falsche Auto. Eine Weile später, als die Polizei alles unter Kontrolle gebracht und den Unglücksort weiträumig abgeriegelt hatte, konnte der Mann, um dessen Schutz es in dieser Nacht ging, erklären: »Ja, die beiden gehören zur VITANOVA. Sie waren die Spezialisten für den Tunnelbau. Rüdiger und Fred. Trotz ihrer gräßlichen Entstellungen erkenne ich sie.«
    Durch den Zwischenfall verzögerte sich die Abfahrt von der Pension. Einer der Konsulatsbeamten rief auf dem Flughafen an. Dort wurde der soeben mit einer Sondermaschine gelandete Kommissar Lemmert ausfindig gemacht. Die Nachricht von dem Anschlag erschreckte ihn, aber als er dann die Einzelheiten erfahren hatte, sagte er:
    »Donnerwetter! Ein Kompliment an den spanischen Kollegen! Wo kann ich auf meine Schützlinge warten?«
»Am besten im Büro der Flughafenpolizei.«
»Okay. Sie wissen, ich muß die Golombeks so schnell wie möglich nach Wiesbaden bringen, aber versuchen Sie bitte, weiter mit der spanischen Polizei zusammenzuarbeiten, und schicken Sie uns einen Bericht! Über den Wagen der Täter könnte man vielleicht in Erfahrung bringen, wo sie gewohnt haben, und dort gibt es dann möglicherweise weitere Anhaltspunkte. Stellen Sie sich vor, in ihrem Zimmer findet man eine Telefonnummer, unter der die VTTANOVA zu erreichen ist! Wann können Sie mit den Golombeks hier sein?«
»In einer halben Stunde.«
»Sehr gut! Und noch etwas! Wenn irgend möglich, sollten die Hintergründe dieses Anschlags der Öffentlichkeit vorerst verschwiegen werden. Vielleicht kann man zunächst mal die ETA ins Spiel bringen.«
»Ich will es versuchen.«
»Okay. Bis gleich.«
»Bis gleich.«

11.
    Die Maschine war wieder gestartet. Außer Lemmert waren zwei weitere Polizisten an der Rückführung des Ehepaares Golombek beteiligt, jüngere Beamte, der eine in Zivil, der andere in Uniform. Sie hielten sich im Hintergrund.
    »Ich begreife nicht«, sagte Golombek, »wie sie auf unsere Pension kommen konnten.«
»Die Burschen«, antwortete Lemmert, »sind auf dem Quivive. Aus dem letzten Aufenthaltsort Ihrer Frau, Ibiza also, und Ihrer Flucht und schließlich unserem Aufruf in Presse, Rundfunk und Fernsehen haben sie als mögliche Kontaktadresse das deutsche Generalkonsulat herausgefiltert, weil sie natürlich wissen, daß unsere Auslandsvertretungen bei international angelegten Suchaktionen eingeschaltet werden. Ich nehme an, sie haben vor dem Konsulat Posten bezogen. Das hatte Herr Schattner, unser Boss, ja auch schon befürchtet und daher vorgeschlagen, daß nicht Sie ins Konsulat, sondern die Beamten zu Ihnen fahren sollten.«
»Ja, so war’s.«
»Er hatte also die richtige Nase, unser Boss. Damit, daß die spanischen Polizisten sich ausgerechnet vor dem Gebäude des Konsulats treffen würden, konnte er ja nun wirklich nicht rechnen. Na, Hauptsache, Ihrer Frau und Ihnen ist nichts passiert! Ein Lob dem jungen spanischen Polizisten! Womöglich hat er mit seiner blitzschnellen Reaktion eine VX-Katastrophe verhindert. Das hängt von dem ab, was wir nun an Einzelheiten aus Ihnen herausholen. Wenn es ihn nicht gegeben hätte, wären ganz andere Einzelheiten aus Ihnen herausgeholt worden, wie auch aus Ihrer Begleitung.«
Katharinas kritischer Blick

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