1988 VX (SM)
wenn seine Frau an dem Gespräch nicht mehr teilnahm.
Die beiden Männer rauchten. Golombek trank sein zweites Glas Wein, Lemmert seine fünfte Tasse Kaffee seit dem Start. Es fehlte noch eine knappe Stunde bis zur Landung.
»Wenn zehn Personen«, sagte Lemmert, »zwei Wochen lang aufs engste mit Ihnen zusammenarbeiten, dann bleibt es nicht aus, daß trotz aller Vorsicht mal ein Wort fällt, das nicht für Ihre Ohren bestimmt ist, ein Name, eine Ortsangabe, ein Termin, ein Vorfall aus der Vergangenheit dieser Leute. Irgendwas. Vergessen Sie nicht: Je mehr es aufs Ende zuging, desto näher kam auch die Stunde Ihres Todes! Sie sehen, ich teile Ihre Ansicht, daß Sie nach Beendigung der geplanten Aktion ausgeschaltet werden sollten. Vielleicht ist der eine oder andere aus diesem Grunde leichtsinnig geworden und hat Ihnen ganz konkrete Mitteilungen gemacht, weil er sich sagte, Sie nähmen Ihr Wissen ja doch mit ins Grab. Gab es …«
»Ja, da gab es was! Drei lokale Angaben, von denen die eine sich bereits als richtig erwiesen hat, Stuttgart nämlich. Sie hätten ja auch Hannover sagen können oder Würzburg, aber sie sagten Stuttgart, und in der Zeitung stand, daß die Maschinen und Baumaterialien tatsächlich von dort stammen. Also besteht eine gewisse Chance, daß die beiden anderen Angaben ebenfalls stimmen. Da ist zunächst Köln, und zwar das Zentrum.« Golombek berichtete von der Werkstatt, und diese Information erschien Lemmert als so brisant, daß er sie noch von der Maschine aus ans BKA weitergab.
Als er aus dem Cockpit zurückkehrte, sagte er: »In wenigen Minuten startet eine Großfahndung. Wir kämmen alle metallverarbeitenden Betriebe in der Kölner Innenstadt durch, bis hin zum kleinsten Uhrmacherladen. Weiter!«
»Vor dem Einstieg ins Camp wollte ich wissen, wie wir denn nach Köln fahren würden, auf welcher Route und mit wie vielen Fahrzeugen und ob getrennt oder im Konvoi. Und Nadine sagte, sie hätten zwischen Wiesbaden und Frankfurt …, ja, es war eigenartig! Sie sagte: einen Bauern … Und dann fiel Robert ihr ins Wort, ziemlich heftig, wie ich mich jetzt erinnere. Er sagte, das könnten wir später klären oder die Adresse bekäme ich noch. Irgend so etwas. Bei mir blieb dieser Bauer im Kopf hängen. Ja, ich dachte tatsächlich an eine einzelne Person, einen Bauern nämlich, den sie dort irgendwo hätten, wie sie eben in Köln einen Schmied hatten. Und jetzt …« Golombek blickte fast ein wenig versonnen in sein Weinglas.
»Und jetzt?« fragte Lemmert.
»Ja, jetzt bin ich mir nicht ganz sicher, ob dieses eine Wort, Bauern, schon zu Ende gesprochen war oder ob es, wenn Robert nicht unterbrochen hätte, noch weiter gegangen wäre: Bauernhaus oder Bauernhof.«
»Bauernhaus wohl nicht, denn sie hatte ›einen‹ gesagt, und da paßt das Haus nicht. Oder kann es sein, daß sie ›ein‹ gesagt hat?«
»Moment! Nein, sie muß ›einen‹ gesagt haben; bei ›ein‹ hätte ich nicht an eine Person denken können.«
»Ist eigentlich auch egal, ob es nun ein Bauer war oder ein Bauernhaus oder ein Hof. In jedem Fall kann es eine konspirative Adresse sein, und wir werden also auch in dieser Gegend fahnden. Zwischen Frankfurt und Wiesbaden, sagten Sie?«
»Ja, daran erinnere ich mich genau.«
»Gut, dann nehmen wir uns alle Bauernhöfe vor, die es da gibt.«
»Und wenn es nun doch nur ein Bauer war, der, sagen wir mal, in einer Mühle wohnt oder in einer Försterei?«
»Wir durchsuchen nicht nur jede Landstelle, sondern auch alle Betriebe, die indirekt mit der Landwirtschaft zu tun haben.«
»Und wenn es ein Bauer war, der im siebten Stock eines Mietsblocks wohnt?«
»Dann hätte die Frau sich anders ausgedrückt, hätte gar nicht von einem Bauern gesprochen, sondern von einem Mann oder Partner oder von einer Kontaktperson. Hatten Sie es sehr eilig, als dieses Gespräch geführt wurde?«
»Eilig? Nein.«
»Dann spricht alles dafür, daß wir die Angabe ernst nehmen müssen.«
»Wieso?«
»Weil Roberts energische Unterbrechung also nicht aus zeitlichen, sondern aus inhaltlichen Gründen erfolgt ist. Er wollte nicht, daß Nadine Sie informierte.«
»Ja, das glaube ich nun auch.«
Wieder verschwand Lemmert, und als er nach etwa fünf Minuten zurückkehrte, sagte er: »Die Aktion ›Bauernhof‹ beginnt heute früh um sieben Uhr. Die Kölner läuft bereits, wenn auch im Moment noch eingeschränkt, denn wir kommen um diese Zeit natürlich nur in solche Betriebe, in denen es einen Nachtwächter gibt oder deren
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