1988 VX (SM)
das Klatschen zwar nicht hören, sah aber die Geste und reagierte. Er verbeugte sich vor dem Bauherrn, und das wirkte, weil er es aus dem Sitz heraus tat und gleichzeitig die Hebel bediente, ein bißchen grotesk, wie der Beginn oder das Ende einer Clownsnummer.
Sie verließen die Halle, und Golombek entschuldigte sich für eine Weile, ging hinauf in die Bibliothek. Dort stellte er sich ans Fenster und sah der Ramme zu. Da er sich im oberen Stockwerk befand, hatte er das Geschehen fast in Augenhöhe vor sich.
Verrückt! dachte er; ich bin der geräuschempfindlichste Mensch, den ich kenne. Wenn mich am Strand von Marbella die jungen Leute aus zwanzig Metern Entfernung mit ihrer Rockmusik nerven, möchte ich am liebsten ihre Recorder zertrümmern. Wenn Joseph zur falschen Zeit den Rasen mäht oder Laura während der Mittagsruhe mit Geschirr klappert, riskieren sie für mindestens vierundzwanzig Stunden ein mieses Arbeitsklima. Wenn Katharina sich über irgendwas erbost und dann meistens schrill wird, fliegen wie auf Knopfdruck meine Hände an die Ohren. Oder wenn gar eins dieser idiotischen Flugzeuge die Schallmauer durchbricht und unsere Fenster klirren und ich erstmal eine halbe Sekunde lang überzeugt bin, bei uns sei mindestens der Gastank explodiert, dann setze ich mich hinterher hin und schreibe mal wieder einen Brief an den Verteidigungsminister, fange ihn jedenfalls an. Daß ich ihn fast immer auf halber Strecke zerreiße, ist eine andere Geschichte. Und jetzt? Jetzt stehe ich da, beinah Schulter an Schulter mit der gigantischen Ramme. Sie haut ihren Klotz auf den Betonpfeiler, und das …, er sah auf die Uhr, … in diesen zwanzig Minuten bereits dreihundertmal, und ich weiß, es wird noch Stunden und Tage so weitergehen, und jeder einzelne Schlag ist mindestens so laut wie ein Düsenjet, wenn der sich sozusagen selbst überholt, aber … ich bin begeistert!
3.
Diesmal war es nur die kleine Besetzung. So fehlte zum Beispiel der ruppige General Hopkins aus Karlsruhe. Das BKA hatte wiederum den Kommissar Lemmert geschickt, der gerade erst angekommen war und die drei USOffiziere begrüßte.
Der ranghöchste Amerikaner war Colonel Morrison; die beiden anderen waren Captain Hawkins und Lieutenant Breeg. Hawkins war aus Karlsruhe angereist, Breeg gehörte zum Wasloher Depot. Aus Brüssel war niemand geschickt worden, denn dort hatte die Voruntersuchung zu der Annahme geführt, der Fall Haggerty sei ein ganz normales Unglück, wie es jeden Menschen und also auch einen Angehörigen der in der Bundesrepublik stationierten US-Streitkräfte treffen könne.
»Breeg«, sagte Morrison, »bevor wir Sergeant Towler rufen, unterrichten Sie bitte die beiden Herren!«
Lieutenant Breeg, ein schlanker, schneidiger junger Mann in adrett sitzender Uniform, räusperte sich, schlug das vor ihm liegende Notizbuch auf und begann seinen Rapport:
»Um es vorwegzunehmen: Ich glaube an einen Unfall, obwohl es zwei, vielleicht sogar drei Details gibt, die, wenn noch mehr Indizien für eine Fremdeinwirkung sprächen, mit herangezogen werden könnten. Aber für sich allein sind sie doch recht mager.«
»Und die wären?« fragte Morrison.
»Nummer eins: Als er das Boot mietete, war er allein, obwohl er Towler erzählt hat, es solle so etwas werden wie eine Hochzeitsreise. Nummer zwei: Man hat seine Leiche nicht gefunden. Und Nummer drei, aber die könnte man auch unter Punkt eins verbuchen: Ebensowenig wurde eine weibliche Leiche gefunden. Also sind es eigentlich nur zwei Anhaltspunkte, und beide lassen sich, wenn nichts hinzukommt, sehr einfach erklären. Das Mädchen wollte er, wie der Verleiher aussagte, mit dem Boot abholen. Wo, wußte der Mann nicht. Und daß man einen im Ärmelkanal Ertrunkenen nicht sofort findet, ist auch nichts Ungewöhnliches. Die Polizei in Ostende sagte, es sei durchaus möglich, daß Haggerty nach einigen Wochen in Dänemark oder sonstwo antreibt oder auch nie gefunden wird. Daß keine Frauenleiche da ist, kann bedeuten, daß das Mädchen mit demselben Tidenstrom rausgetrieben ist wie er. Es kann aber auch bedeuten, daß der Unfall passiert ist, als er das Mädchen noch gar nicht abgeholt hatte. Immerhin hat man nur seine Sachen gefunden.«
Captain Hawkins aus Karlsruhe, ein schon etwas älterer Mann mit grauen Haaren und sehr ruhigen, ja, fast schwerfälligen Bewegungen, fragte, während er seine Pfeife stopfte: »Hat der Bootsverleiher Haggerty beschrieben?«
»Ja«, antwortete Breeg. »Nicht sehr genau,
Weitere Kostenlose Bücher