1988 VX (SM)
Beschaffenheit der Haut kann Hinweise geben.«
»Das wird zur Zeit noch untersucht«, sagte Morrison. »Weist der Körper Verletzungen auf?« fragte Captain Hawkins.
»Auf den ersten Blick nicht, aber auch das wird noch näher geprüft. Morgen fährt eine Untersuchungskommission an den Fundort. Breeg, Sie stoßen dazu. Inzwischen werden wir hier im Camp wieder einmal die Posten verstärken und eine Ausgangssperre verhängen.«
4.
Der siebte Arbeitstag war zu Ende. Sieben Pfeiler steckten in der Erde, und, was viel wichtiger war, sie hatten bereits den sechzigsten Tunnelmeter erreicht.
Golombek, Robert, Nadine und Rüdiger saßen in der Reithalle auf der Plane, die den in der Südostecke gelagerten Erdaushub bedeckte. Auch über die Presse war die Persenning ausgebreitet.
»Wollt ihr eigentlich«, fragte Rüdiger, »sofort nach oben, wenn der Tunnel fertig ist? In derselben Nacht?«
»Nein«, erwiderte Robert. »Wenn wir mit Hilfe des Periskops festgestellt haben, daß über uns das richtige Terrain liegt, ziehen wir uns wieder zurück, und dann wird erstmal alles, was mit dem Tunnelbau zusammenhängt, weggeschafft, auch dieser Erdhaufen, auf dem wir sitzen. Das heißt, nicht der ganze, denn die Grube, in der die Presse steht, muß natürlich aufgefüllt werden. Die Reithalle wird also in ihren alten Stand versetzt. Was bleibt, ist die veränderte Zufahrt, aber das macht nichts; das fällt nicht auf. Und dann müssen wir noch einen kleinen, versteckten Eingang zum Tunnel bauen. Wenn das alles getan ist, eine Inspektion also keinen Verdacht erregen kann, holen wir uns die Granate. Nach unserer Information wird der Munitionsbestand einmal wöchentlich überprüft, und zwar donnerstags. Folglich gehen wir in der Nacht von Donnerstag auf Freitag ins Depot, und dann haben wir eine Woche Zeit.«
»Welches Kaliber haben VX-Granaten eigentlich?« fragte Golombek. »Es wird Zeit, daß wir ein geeignetes Versteck vorbereiten.«
Robert stand auf. »Warten Sie einen Moment! Ich hab’ die Unterlagen in meinem Gepäck.« Er verschwand.
Nach wenigen Minuten war er zurück und zeigte Golombek ein Blatt Papier, auf dem mit rotem Kugelschreiber eine VX-Granate dargestellt war. Golombek betrachtete den im Aufriß gezeichneten, schlanken, torpedoförmigen Hohlkörper und las die am Rande der einzelnen Sektionen stehenden und mit Hinweispfeilen versehenen Bezeichnungen: RUPTURE DISCS, NM CANISTER, QL CANISTER, PUSHER PLATE, EXPULSION CHARGE, FUZE, schließlich auch das Kürzel VX, dessen Pfeil auf eine Kammer zeigte, die sich in der Mitte der Granate befand. Ganz oben auf dem Blatt stand in großen, etwas ungelenken Blockbuchstaben: XM 736 BINARY PROJECTILE – 8 INCH. Der Text unter der Abbildung lautete:
»The binary chemical munitions concept uses two nontoxic chemical components, which when combined after being fired from a howitzer, form a lethal chemical agent. The Army’s main binary munitions are the 8-inch howitzer projectiles. The binary concept provides a significant increase in safety in handling over current conventional munitions and would reduce security costs and vulnerability to terrorist attack. The present chemical munitions in Europe require such stringent security and centralized storage that their utility in a combat situation is questionable.«
Dann kamen noch die technischen Angaben: »Type agent: 8-inch: persistent nerve agent (VX); 155 mm: nonpersistent nerve agent (GB).«
Golombek hatte zunächst einige Mühe mit dem Text, zumal er von Hand geschrieben war, verstand dann aber doch, daß hier die VX-Granate als binäre chemische Munition dargestellt war, die zwar zwei nichttoxische chemische Komponenten enthalte, aber nach Abfeuerung einen tödlichen chemischen Kampfstoff bilde. Ferner: daß diese Art der Lagerung sicherer sei als die konventionelle und das Risiko bei terroristischen Anschlägen verringere. Und schließlich noch: daß man in Europa auf diesen strengen Sicherheitsbedingungen bei der Lagerung bestehe, der erfolgreiche Einsatz der Waffen dadurch jedoch in Frage gestellt sei.
»Alles verstanden?« fragte Robert.
Golombek nickte.
»Aber wie Sie bestimmt wissen, gibt es die binäre Absicherung in Wasloh nicht! Dieses hier …«, Robert zeigte auf das Papier, das Golombek noch immer in der Hand hielt, »sind schon die neuen Granaten, die irgendwann gegen die alten ausgetauscht werden sollen. Was in Ihrer Nachbarschaft liegt, müssen Sie sich also vorstellen wie auf der Zeichnung, nur eben
Weitere Kostenlose Bücher