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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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verletzt?«
»Nein, er wird bald wieder zu sich kommen.«
»Wir tragen ihn ins Haus«, sagte Golombek, »und dann lassen Sie mich bitte mit ihm allein.«
»Warum?« Roberts Tonfall klang gereizt. »Ich kann es nicht zulassen, daß Sie jetzt ein Plauderstündchen mit dem Mann abhalten und ihn anschließend ins Bett schicken. Vielleicht geht er dann nämlich nicht ins Bett, sondern zur Polizei oder gleich zu den Amis.«
Aber Golombek beharrte auf seinem Vorhaben. »Joseph ist seit zwanzig Jahren bei mir, und ich kann ihm vertrauen. Wenn Sie dabei sind, wird er weniger offen reden, vielleicht überhaupt nichts sagen.«
»Wollen Sie ihn etwa einweihen?«
»Wenn es nötig ist, ja. Glauben Sie mir, auf ihn ist Verlaß.«
»Schließen wir einen Kompromiß! Wenn Sie mit ihm sprechen, hocke ich hinter irgendeinem Möbel und höre zu. Anders geht’s nicht.«
»Aber er darf es nie erfahren!«
»Okay.«

10.
    Mit viel Mühe hatten sie Joseph die Treppe hinaufgetragen und in die Bibliothek gebracht.
    Jetzt erwachte er, stöhnte, versuchte sich aufzurichten, aber Golombek drückte ihn sanft auf die Liege zurück.
»Beweg dich nicht!« sagte er. »Ich hole erstmal das Verbandszeug. Du hast eine Platzwunde an der Stirn, und die muß versorgt werden.«
Er ging ins Bad, suchte sich zusammen, was er brauchte, und kehrte zu dem Verletzten zurück, ließ sich bei der Behandlung Zeit, obwohl er wußte, daß Robert, der hinter dem Schreibtisch auf dem Teppich saß, ungeduldig auf das Gespräch wartete.
Als er fertig war, fragte er:
»Kannst du es aushalten?«
»Ja.«
»Ist dir schlecht? Hast du das Gefühl, dich übergeben zu müssen?«
»Nein, es tut nur weh.«
»Ich geb’ dir ein Schmerzmittel.«
Wieder ging Golombek ins Bad, gab dreißig Tropfen VALORON in ein Glas Wasser und brachte es Joseph. Der trank es in einem Zuge aus. »Schmeckt das bitter!« sagte er.
»Aber es ist gut. In drei, vier Minuten wirkt es.«
»Hoffentlich! Also, jemand hat mich von hinten …«
»Ich weiß, und ich hab’ auch schon mit ihm gesprochen. Es tut ihm leid, aber auf Grund der Umstände mußte er’s machen. Ich möchte was anderes wissen: Wonach hast du gesucht?«
»Das ist es ja gerade! Ich glaub’, die legen Sie rein, die Leute vom Bau.«
»Wieso?«
»Gestern nacht war ich schon mal in der Reithalle. Viel konnte ich nicht sehen, hatte nur die Taschenlampe angemacht. Da liegen große Stahlröhren und jede Menge Erde. Dann hörte ich Stimmen und bin schnell zur Tür gelaufen. Die hatte ich offengelassen. Bin dann abgehauen.«
»Wie hast du die Tür überhaupt aufgekriegt?«
»Mit einem Dietrich. Heute wollte ich es ebenso machen und mir alles genauer angucken. Und dann kam dieser Kerl.«
»Hast du irgend jemandem gesagt, was du letzte Nacht gesehen hast?«
»Nein.«
»Gibst du mir darauf dein Ehrenwort?«
Joseph streckte die Hand aus, aber Golombek sagte nur:
»Schon gut.« Dann fragte er: »Nicht mal Laura hast du es erzählt?«
»Wieso denn Laura?«
»Na, du hast doch was mit ihr.«
»Das ist ganz was anderes. Über solche Sachen sprechen wir nicht.«
»Wie bist du überhaupt darauf gekommen, daß da irgendwas nicht in Ordnung sein könnte?«
»Neulich kam der eine – ich glaub’, er heißt Rüdiger –, also der, der die Aufsicht hat, mit seinem Kombi abends hier an. Und er hatte BRISTAR geladen. Hab’s auf den Tüten gelesen. Ich kam nämlich grad vom Handball zurück und war noch oben an der Straße, als er einbog. Und BRISTAR, das weiß ich zufällig, weil mein Bruder auch vom Bau ist und mir davon erzählt hat, also BRISTAR ist ein Sprengmittel. Da hab’ ich mir gedacht: Will doch mal sehen, was die denn bloß sprengen wollen!«
»Joseph, weißt du eigentlich, was die Amerikaner hier bei uns gelagert haben?«
»Wer weiß das nicht in dieser Gegend! Chemiewaffen.«
»Genauer!«
»Hab’ mal zugehört, wie Sie mit Rademacher und Hübner darüber geredet haben. Das Zeug greift die Nerven an, und dann stirbt man. VX heißt es.«
»Ja, VX. Und nun sag’ ich dir was! Die Leute, die hier auf dem Bau sind, gehören zu mir. Wir arbeiten zusammen. Wir wollen in das Lager der Amerikaner eindringen und versuchen, eine Granate rauszuholen. Damit wollen wir dann an die Öffentlichkeit gehen, um zu erreichen, daß das Munitionslager von Wasloh verschwindet.«
»Das wäre gut.«
»Aber wenn das einer rauskriegt, ist nicht nur der Plan kaputt, sondern wir alle kommen hinter Schloß und Riegel. Du hast es rausgekriegt, Joseph, und was sollen wir nun

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