1991 Atlantik Transfer (SM)
geschehen.
Kurz darauf standen sie beide nackt auf der Gräting, dicht aneinandergeschmiegt, während die CARABELA ruhige Fahrt machte und weiterhin auf das offene Meer zuhielt. Und dann hob er Luise Pohlmann auf und trug sie über die schmale Treppe nach unten in den Kajütraum, bettete sie auf seine Koje. Sie lag auf dem Rücken, hielt die Augen geschlossen, und sie sagte:
»Nein, bitte nicht so! Mein Gesicht … es soll nicht dabeisein.
Bitte!« Sie wollte sich umdrehen, aber er hinderte sie daran. »Ich will dein Gesicht«, sagte er, »will deine Augen, sonst ist es nichts!«
Er küßte die Wunden, die er ihr zugefügt hatte, küßte sie immer wieder, und dann streichelte er ihre verschorfte Kniescheibe und meinte: »Da bist du sicher beim Schlittschuhlaufen hingefallen.«
»Komm!« sagte sie nur und lächelte.
Später, auf dem Rückweg, erzählte er ihr alles. Sie saßen wieder im offenen Ruderhaus, er in seinen Shorts, sie in ihrem Jeansanzug. Auch den Hut hatte sie aufgesetzt, aber die Schals flatterten im Fahrtwind.
»Er hat es sehr geschickt gemacht«, sagte Foreman. »Es gibt keine Verbindung zwischen uns, außer daß er mir in Abständen Geld schicken wird. Aber es kommt dann aus irgendeiner Ecke der Welt, ohne daß man es zurückverfolgen kann. Und natürlich wird er, wo er sich auch aufhält, weder den Namen Pohlmann noch den Namen Leuffen benutzen.«
Luise glaubte zu wissen, wo sie ansetzen konnte, hatte sie doch mit der MUNDIAL monatelang eine Kontaktadresse gehabt. Aber sie hütete sich, Foreman einzuweihen, mochte auch jetzt noch nicht ausschließen, daß er sich ebenfalls an die Agentur wenden würde, um seinen Mister Leuffen, der ihn zwar belogen, aber eben auch sehr gut bezahlt hatte, zu warnen.
Als sie am Abend gegen sieben Uhr im Hotel ankam, war sie mit dem Tag zufrieden, und das in doppelter Hinsicht. Ja, sie hatte sogar beschlossen, noch eine Weile in Cancún zu bleiben. Für die nächsten fünf Tage jedenfalls hatte sie die CARABELA gemietet. Mit Skipper.
5
Der Kapitän und die beiden Freunde verbrachten schon den dritten Tag in Veracruz, und ein weiterer war vorgesehen. Danach wollte Nielson seinen Besuch in Puebla machen, und Thaden und Maibohm würden, mit einer Unterbrechung in der Hauptstadt, die Heimreise antreten.
Sie wohnten im DILIGENCIAS, einem schon betagten und traditionsreichen, immer noch gut besuchten Haus, das direkt an der plaza lag. Das MOCAMBO hatten sie sich angesehen und dort dann auch zu Abend gegessen, aber zum Wohnen hatte das eindrucksvolle, rustikale Hotel sie nicht verführen können, weil es zu weit außerhalb lag. Vor allem Maibohm hatte darauf gedrängt, irgendwo im Zentrum Quartier zu nehmen. »Wenn, ich in einer fremden Stadt bin«, hatte er gesagt, »will ich aus der Tür treten und mich sofort hineinziehen lassen in ihren Pulsschlag, in ihren Lärm und in ihre Gerüche. Was sollte ich denn auch wohl zu Hause über sie berichten, wenn ich von meinem Fenster aus immer nur auf das Wasser und den Mond geguckt hätte?«
An diesem Abend hatten sie sich eine Cafeteria ausgesucht, saßen aber nicht drinnen, sondern an einem der Tische auf dem Bürgersteig. Gegessen hatten sie in ihrem Hotel. Jetzt tranken sie coco loco, einen Mix aus Kokosmilch, Gin und Eis, der in der kompakten Nuß serviert wurde und dem deshalb nur mit einem Strohhalm beizukommen war. Nielson hatte seinen beiden Begleitern den deutschen Namen dieses exotischen Getränks genannt: verrückte Kokosnuß.
Auf der Plaza war Ruhe eingekehrt. Ein paar letzte wehmütige Marimba-Klänge tönten herüber, und durch die Grünanlagen bummelten nur noch vereinzelte Nachtschwärmer. Trotz der späten Stunde war es warm; die drei Männer hatten ihre Jacken ausgezogen und über die Stuhllehnen gehängt.
»Ich muß Ihnen etwas verraten«, sagte Nielson, »aber bremsen Sie mich, rufen Sie mich zur Ordnung, wenn Sie der Meinung sind, die Sonne von Veracruz habe mein Gehirn aufgeweicht.
Ich halte dann sofort den Mund.«
Die ungewöhnliche Präambel machte die beiden Jüngeren neugierig. Sie sahen den Graukopf, der ihnen mit so viel Hingabe die Nummer eins auf der Rangliste der Häfen gezeigt hatte, voller Erwartung an, waren sicher, jetzt kam der Vorschlag zu einer weiteren und diesmal vielleicht etwas verwegenen landeskundlichen Unternehmung. Maibohm antwortete: »Nur zu, Captain! Was also steht für morgen auf dem Programm?«
»Ja, kann durchaus sein, daß es von morgen an allerlei zu tun gibt, falls
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