1991 Atlantik Transfer (SM)
hatte eine Coca-Cola vor sich.
Luise Pohlmann hatte sich nicht gesetzt. Sie sprach mit gedämpfter Stimme auf den etwa vierzigjährigen, muskulösen Mexikaner hinter dem Tresen ein, der anscheinend Wirt, Barmann und Kellner in einem war. Maibohm verstand nicht, was die beiden miteinander beredeten, hörte nur das Englische heraus und sah, daß Luise Pohlmann ein Foto in der Hand hielt.
Jetzt aber ließ der Mann sie stehen und kam zu ihm an den Tisch, fragte, was er wünsche.
»Einen Espresso«, sagte er.
Der Mexikaner, der zu seiner nicht mehr ganz sauberen Drillichhose ein kurzärmeliges Hawaii-Hemd trug und ein tiefbraunes, grobporiges Gesicht hatte, kehrte zurück hinter den Tresen, bediente die Espresso-Maschine und unterhielt sich mit seiner Besucherin, besah sich auch das Bild. Mehrmals schüttelte er den Kopf.
Maibohm bekam den Espresso, bezahlte ihn gleich, trank, rauchte eine Zigarette und bemühte sich, von dem Gespräch, das wiederum fortgesetzt wurde, wenigstens ein paar Bruchstücke zu verstehen. Einmal schnappte er das Wort MUNDIAL auf. Schließlich sah er, daß Luise Pohlmann sich Notizen machte und dann einen Geldschein auf den Tresen legte, den der Mexikaner nicht in die Kasse tat, sondern einsteckte. Sie ging, und Maibohm verfolgte durchs Fenster, wie sie mit ihrem Taxi, das sie hatte warten lassen, davonfuhr. Gleich darauf setzte sich auch der CHEVROLET in Bewegung.
Er winkte den Wirt heran, legte drei Zehndollarnoten vor sich auf den Tisch, nebeneinander, und sagte so leise, daß die anderen Gäste ihn nicht verstehen würden: »Dieses Geld können Sie sich ganz leicht verdienen.«
»Und was muß ich tun?«
»Mir nur ein paar Auskünfte geben.«
»Was für ein verrückter Tag! Meine Cafeteria wird zum Auskunftsbüro, und wenn ich Ihre dreißig Dollar einrechne, hab’ ich heute mit Reden mehr kassiert als mit dem Servieren von Getränken, Eis und Sandwiches. Erst die señora und nun Sie! Um was für Auskünfte handelt es sich?«
»Ich muß erfahren, wonach die Frau, die gerade rausgegangen ist, gefragt hat.«
Der Mexikaner pfiff durch die Zähne. »Und wenn sie mich nun gebeten hat, es nicht weiterzuerzählen?«
»Hat sie das denn?«
»Nicht direkt. Aber sie tat sehr geheimnisvoll, und was sie wissen wollte, war bestimmt wichtig für sie.«
Ohne ein Wort zu sagen, schob Maibohm zwei der drei Geldscheine ein Stück nach vorn. Auch der Wirt schwieg zunächst.
Er fixierte eine Weile den dritten Schein, und dann sagte er:
»Der Ärmste ist etwas langsamer als seine beiden companeros; helfen Sie ihm doch, damit er in Gang kommt!«
Maibohm mußte lachen. Er schob den dritten Schein ebenfalls vor, so daß nun wieder alle drei wohlgeordnet nebeneinanderlagen.
»Sie fragte nach dem Reisebüro MUNDIAL«, sagte der Wirt.
Im ersten Augenblick war Maibohm enttäuscht. Hatte sie in diesem Haus nichts weiter vorgehabt, als ihren Rückflug zu buchen oder sich nach Reisen durch das Land zu erkundigen? Aber nein, sie hatte dem Mann ja ein Foto gezeigt!
»Und? Wo ist dieses Reisebüro?«
»Nicht mehr hier. Bis vor kurzem war es nebenan, aber die Leute haben aufgegeben, sind nach Guadalajara gezogen.«
»Hat sie auch nach Personen gefragt?«
»Ja.«
Maibohm schob die Scheine noch ein Stück weiter nach vorn.
»Nach señor Morro und señorita Miranda. Die haben das Büro geführt.«
»Kennen Sie die vollständigen Namen?«
»Ja. Gregorio Morro und Miranda Olloquiegui; die señorita hat dazu noch einen deutschen Namen, aber den weiß ich nicht mehr.«
Auch Maibohm machte sich nun Notizen. Dann fragte er: »Und sie sind jetzt also in Guadalajara?«
»Ja.«
»Wie sehen die beiden aus?«
Der Wirt beschrieb sie, und danach stand für Maibohm fest, daß Gregorio Morro nicht Ernst Pohlmann war.
»Haben Sie die neue Adresse?«
»Nur Guadalajara; mehr weiß ich nicht. Ach so, ja, sie wollten da ein Hotel eröffnen.«
»Wie soll es heißen?«
»Das weiß ich leider nicht.«
»Fragte die Frau Sie auch nach einem señor Pohlmann?«
»Ja, genau! Ich hatte den Namen vorher noch nie gehört.«
»Erwähnte sie den Namen Leuffen?«
»Ja. Auch den hab’ ich noch nie gehört.«
Maibohm griff in seine Jackentasche, holte einen der Zeitungsberichte, die Nielson ihm gegeben hatte, hervor und tippte mit dem Zeigefinger auf Pohlmanns Porträt. »War es dieser Mann, dessen Foto sie Ihnen gezeigt hat?«
»Ja, der war’s!«
»Und den haben Sie leibhaftig noch nie gesehen?«
»Bestimmt nicht.«
»War die Agentur MUNDIAL ein ganz
Weitere Kostenlose Bücher