1991 Atlantik Transfer (SM)
hatte. Und daß Leuffen Ernst Pohlmann war, belegten die Zeitungsfotos zur Genüge.
»Der Kerl hat sich meinen Haarschnitt zugelegt«, sagte er.
»Er ist es also?«
»Hundertprozentig!« Nielson senkte das Glas.
»Um so ärgerlicher«, sagte Thaden, »daß er dieses Mädchen mitgebracht hat.«
»Ja, eine Riesenpanne! Komm, wir gehen wieder rüber.« Sie kehrten auf demselben Weg ins Büro zurück, setzten sich hin, waren enttäuscht, mehr noch, deprimiert. Erst nach einer halben Stunde kam Pepe und klagte:
»Es ist ein Jammer, daß wir so gar nichts machen können!«
»Hast du rausgehört, wo er die Kleine aufgegabelt hat?« fragte Nielson.
»Nein. Er erklärte nur, ich hätte ja gesagt, er dürfte gern seine Frau mitbringen, und da er unverheiratet sei, hätte er sich eine Blume des Landes gepflückt. Er sagte tatsächlich una flor del pais.
Sie heißt übrigens Alicia. Aber aus welchem Puff sie kommt, hat er mir nicht verraten.«
Nielson raufte sich das Stoppelhaar. »Verflucht, was machen wir?«
»Nichts! Abwarten!« sagte Thaden. »Für heute jedenfalls hat Alicia uns die Tour vermasselt.«
»Und es schmeckt ihm so gut!« stöhnte Pepe. »Dreimal hat er sich vom lomo aufgeben lassen, und nach der Dessert-Karte hat er auch schon gefragt. Ich muß wieder hin und über seine Bohnen und Kürbisse mit ihm reden, über seine Schweine und Kälber. Dabei interessieren die mich einen Dreck, weil ich meine Sachen seit Jahren vom Rancho de la Rosa beziehe, erstklassige Ware und zu vernünftigen Preisen!« Und dann kam noch etwas Spanisch hinterher: » Que Dios castigue a todas las putas! « Schon war er wieder draußen, und Nielson übersetzte: »Möge der Herrgott alle Huren strafen!«
15
Mitternacht. Die meisten Gäste waren schon gegangen, aber Pohlmann und das Mädchen saßen noch immer an ihrem Tisch. Sie hatten gerade die dritte Flasche Wein bestellt.
Im Büro war Nielson auf seinem Stuhl eingeschlafen, und Thaden blätterte, wie er es schon seit einer Stunde tat, in mexikanischen Kochbüchern.
Plötzlich stand Pepe vor ihnen und erklärte: »Vielleicht gibt es doch noch eine Lösung!«
Nielson schreckte hoch. »Welche Lösung?« murmelte er.
»Hört zu!« sagte Pepe. »Ich hab’ nachgedacht. Über den Umgang mit Huren. Man geht zu ihnen in die Puffs oder in die Animierlokale. Man sitzt mit ihnen im Kino oder im Restaurant, fährt mit ihnen auch mal im Auto durch die Gegend oder geht sogar shopping, aber man nimmt sie nicht mit nach Haus, egal, ob man verheiratet ist oder allein lebt. Das tut man einfach nicht.
Also wird er sie irgendwo abliefern. Vielleicht hat sie ’ne eigene Wohnung, oder er bringt sie zu dem Haus, in dem sie arbeitet. Jedenfalls ist damit zu rechnen, daß er danach allein zur Madrugada zurückfährt.«
»Und wenn sie nun doch keine Hure ist?« fragte Thaden.
»Dann bin ich die Heilige Jungfrau.«
Nielson war wieder ganz wach. »Pepe«, sagte er, »ich glaub’, du liegst richtig.«
Aber Thaden wandte ein: »Vielleicht ist sie eins seiner Dienstmädchen.«
»Mit so ’ner frechen Bluse? Ausgeschlossen.«
»Also hinterherfahren«, sagte Nielson.
»Entweder das«, antwortete Pepe, »oder ihr lauert ihm kurz vor der Madrugada auf. Allerdings habt ihr da keinen Ast zur Verfügung. Na, euch wird schon was einfallen. Vielleicht fahrt ihr dem CADDY mal kurz in die Seite. Aber erst mal solltet ihr ihn verfolgen, sehen, wohin es geht, und die Chancen ausloten. Ich sag’ jetzt Manolo, daß er sich bereithalten soll, und ihr entwickelt schon mal einen Plan. Sie werden bald aufbrechen.«
Um halb eins saßen Nielson und Thaden im ROVER. Nielson war tief hineingekrochen in seine Jacke, und auf dem Kopf hatte er eine Mütze mit breitem Rand, die Manolo gehörte.
»Kann ja auch sein, daß er das Mädchen in ein Taxi setzt«, sagte Thaden.
»Dann läuft alles wie geplant ab. Wir überholen ihn und legen unseren Ast auf die Straße. Aber ich bin sicher, er will noch seinen Spaß haben mit der Kleinen.«
»Und wenn er den schon hinter sich hat?«
»Hat er nicht. So was macht man nach dem Essen.«
»Da! Sie kommen!« Thaden ließ den Motor an. »Ich frag’ mich nur, wie er mit so viel Promille seine Karosse fahren will.«
»Ja, das frag’ ich mich auch.«
Sie sahen, wie Pepe sich von seinen Gästen verabschiedete und dann Pohlmann die Wagentür aufhielt.
»Da siehst du’s!« sagte Nielson. »Sie muß ohne Hilfe einsteigen und tut das auch ganz brav.«
Die lange Limousine fuhr an, und
Weitere Kostenlose Bücher