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1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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dunkelgraue Zeltplane über ihm aus.
Nur drei Minuten nach dem Überfall setzten die beiden Autos sich in Bewegung. Manolo fuhr auch jetzt den CARAVAN, und Nielson saß neben ihm. Der ROVER folgte ihnen im Abstand von wenigen Metern. Sie bogen in die Insurgentes ein, fuhren weiter stadteinwärts, verließen sie kurz darauf und gelangten schließlich auf den Hinterhof einer kleinen Keramikfabrik.
Manolo stellte sich in die Toreinfahrt und hielt Wache. Sollte ihnen irgend jemand in die Quere kommen, müßten sie auch ihn mit Äther betäuben und so lange außer Gefecht setzen, bis Nielson seine Aufgabe erledigt hätte. Der nämlich beugte sich in das Heck des CARAVAN und war dabei, dem Gefangenen, der jeden Moment wieder zu sich kommen konnte, die erste Spritze zu geben. Thaden stand neben ihm, die eingeschaltete Taschenlampe in der Hand. Das Evipan würde für einen zwei- bis dreistündigen Tiefschlaf sorgen, also etwa bis Orizaba. Dort war dann die zweite Dosis fällig.
Sie brauchten fünf Minuten. Pohlmann wurde erneut zugedeckt, und jetzt bekam er sogar einen wollenen Teppich als Unterlage, allerdings nicht, damit er es bequemer hatte, sondern weil die Stöße des Wagens ihn nicht vorzeitig wecken sollten.
Es ging weiter, erst zurück auf die Insurgentes, dann stadtauswärts bis zum Viaducto und danach auf die Saragossa, genauso, wie sie gekommen waren.
Nielson saß wieder neben Manolo im CARAVAN. Als sie auf der Autobahn waren, auch schon die Zahlstelle hinter sich hatten und in Richtung Puebla fuhren, sagte er: »Ich hätte große Lust, im Carril Rancho de la Rosa einen kurzen Stopp einzulegen, um deinem Vater zu sagen, daß wir’s geschafft haben; aber ich glaube, das wäre zu gefährlich.«
»Ja«, antwortete Manolo, »die Nachbarn könnten was mitkriegen. Wir rufen ihn lieber von Córdoba aus an. Dann wird es ungefähr acht Uhr sein, und er sitzt beim Frühstück.«

16
    Die Hütte in Boca del Rio war ein ideales Versteck. Im Schutz von Palmen stand sie an einem einsamen Strandabschnitt, etwa vierzig Meter vom Wasser entfernt. Sie hatte zwei Zimmer mit je zwei eingebauten Betten, von denen allerdings nur noch die kahlen Holzgestelle vorhanden waren. Nicht einmal Strohsäcke gab es auf den Pritschen. Doch Manolo hatte ihnen den Teppich und zwei Wolldecken überlassen und ihnen auch noch beim Sammeln von trockenem Seetang geholfen. So waren sie in der Lage gewesen, sich provisorische Schlafstätten einzurichten, denn Schlaf, das war es vor allem, was Nielson und Thaden nach der langen, ereignisreichen Nacht brauchten.
    Um zehn Uhr am Vormittag waren sie angekommen, und eine Stunde später hatte Manolo sich auf den Rückweg gemacht.
    Jetzt war es halb drei. Nielson schlief. Auch der Gefangene, den sie nicht nur gefesselt, sondern auch noch an das Bett gebunden hatten, war nach der dritten Spritze weit entrückt.
    Thaden saß vor der Hütte, neben sich im Sand einen Becher Kaffee. Pepe hatte ein weiteres Mal seine Umsicht bewiesen und sich um den Proviant gekümmert. Der große Korb, der ihnen von Manolo in die Hütte gestellt worden war, enthielt sorgsam verpackte Sandwiches, gekochte Eier, Salami, Avocados, Melonen, Orangen, Bier, CocaCola und Mineralwasser in Dosen und eine Thermoskanne mit Kaffee.
    Er sah aufs Meer. Gegen Mittag hatte er geschwommen und die Kleidung gewechselt. Bevor sie vom HOSTAL SAN CLEMENTE nach Puebla aufgebrochen waren, hatte dona Amelia für sie gewaschen und gebügelt, so daß sie mit allem versorgt waren. Aber nach wie vor gab es ein ungelöstes Problem: Sie wußten noch immer nicht, wie es mit dem Gefangenen weitergehen sollte! In dem Telefongespräch, das Nielson von Córdoba aus geführt hatte, war von Pepe noch einmal mit allem Nachdruck erklärt worden, daß eine Auslieferung Ernst Pohlmanns an die mexikanischen Behörden nicht nur ihren Erfolg vereiteln, sondern auch sie selbst in Schwierigkeiten bringen könnte, weil man ihnen Menschenraub vorwerfen würde.
    Ein Geräusch aus der Hütte ließ ihn aufhorchen. Es war ein Stöhnen. Er stand auf, ging hinein und betrat das Zimmer, in dem die beiden Männer lagen, der eine an der linken, der andere an der rechten Wand.
    Der Gefangene hatte sich halb aufgerichtet und sah Thaden aus trüben Augen an, wollte etwas sagen, brachte es aber nur zu einem unverständlichen Gestammel, fiel zurück, sank wieder in Schlaf.
    Thaden sah lange auf ihn hinab. Trotz der Mittagshitze war das Gesicht weder gerötet noch verschwitzt, sondern bleich

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