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1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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sich zu erinnern. »Schwer zu sagen«, antwortete er dann. »Wissen Sie, wenn jemand eine Schwimmweste trägt, sieht man eigentlich nur die. Aber ich bin sicher, sie hatten sich, wie alle anderen, warm angezogen.«
»Haben Sie sie sprechen hören?«
»Nur kurz. Ihre Frau wollte, daß man nach Ihnen suchte. Sie vermutete Sie auf dem Vorschiff. Aber das war ja schon abgetrennt.«
»Und Arndt? Hat er geweint?«
Wolbrügge hob die Schultern leicht an. »Verstehen Sie bitte, man nimmt in einer solchen Situation die Einzelheiten gar nicht so richtig wahr.«
»Und die Rettungsboote? Darin hätten doch alle überleben können!«
»Ja, aber sie kamen nicht zum Einsatz. Das Steuerbordboot war völlig zerstört, und das an Backbord war wegen der starken Schlagseite nicht auszubringen.«
»Haben Sie eine Idee, um was für eine Explosion es sich gehandelt haben könnte? Ich nehme an, man hat Sie das schon ein dutzendmal gefragt.«
»Immer wieder. Liegt ja auch nahe. Und immer wieder mußte ich passen. Hab’ nicht den Schimmer einer Ahnung. Die Detonation riß mich aus tiefstem Schlaf. Consalvez, einer der beiden geretteten Filipinos, behauptet steif und fest, die MELLUM sei torpediert worden, aber das ist natürlich Unsinn.«
»Kann man es mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen?«
»Also, mit den berühmten hundert Prozent ist das so eine Sache.
Zum Beispiel weiß man nicht, wieviel Prozent man der Möglichkeit geben soll, daß da zufällig ein Kriegsschiff in der Nähe war, die Torpedoabschußanlage zufällig einen Defekt hatte, so daß quasi Selbstauslösung stattfand, und daß die MELLUM zufällig im Zielgebiet lag. Oder auch: daß irgendeiner vom Bedienungspersonal zufällig durchdrehte und feuerte. Wenn man solche Unwahrscheinlichkeiten einkalkuliert, bleiben vielleicht neunundneunzig Komma neun Prozent. Und trotzdem würde ich dann immer noch sagen: Es ist ausgeschlossen.«
Thaden nickte. »Kann es eine Mine gewesen sein?«
»Glaub’ ich nicht. Wenn’s im Ärmelkanal gewesen wäre, okay.
Aber da draußen?«
»Oder hatte die MELLUM etwas an Bord, was explodieren konnte?«
»Also, das nun mit hundertfünfzigprozentiger Sicherheit nicht.
Ich war, als wir in Paramaribo das Bauxit übernahmen, beim Laden dabei. Von Anfang bis Ende.«
Sie sprachen noch eine ganze Weile über mögliche Ursachen, und auch hier wurde das Heißlaufen von Lagern in der Maschine erwogen, und ein Blitzeinschlag wurde genannt, aber das alles führte sie nicht weiter.
»Was ist mit dem geheimnisvollen Funkspruch«, fragte Thaden schließlich, »den es schon bald nach dem Absetzen des ersten Notrufs gegeben haben soll?«
Wolbrügge lachte kurz auf, aber es klang nach Resignation. »Ja, dieser verteufelte Funkspruch …«
»… von dem Breckwoldt meint, der Funker hätte ihn sich eingebildet, oder Sie hätten irgendwas mißverstanden.«
»Ja, Breckwoldt hat mich da ganz konfus gemacht, so daß ich ’ne Zeitlang unsicher war. Aber nun, mit genügendem Abstand, bin ich doch wieder überzeugt davon, daß es diese kurze Antwort gegeben hat. Wir freuten uns ja alle, standen da herum mit fünf Mann, und Wilson war schließlich kein Spinner.«
»Und wie erklären Sie sich, daß es diesen Funkspruch zwar gegeben hat, das Schiff dann aber nicht weitergesendet hat und auch nicht zur Unglücksstelle gekommen ist?«
Wieder hob Wolbrügge die Schultern an, und was er dann antwortete, entsprach dieser Geste der Hilflosigkeit: »Eigentlich kann ich nur sagen: Das war das zweite große Rätsel dieser Nacht. Erst die Explosion und dann die merkwürdige Funkerei.
Tut mir leid, ich hab’ keine Erklärung, denn das gibt es ja wohl nicht, daß ein Schiff so nahe ist, die Kollegen auch kommen wollen, es sich dann aber noch mal überlegen und schließlich abhauen.«
»Könnten die Leute den Eindruck gewonnen haben, es sei gar nicht so schlimm?«
»Ausgeschlossen. Wilson hat die Sache so dramatisch geschildert, wie sie war. Die wußten genau, daß die MELLUM auseinandergebrochen war und die Rettungsboote nicht benutzt werden konnten. Was allerdings ein bißchen eigenartig ist: Normalerweise gibt jedes Schiff erst mal sein Erkennungszeichen und seine Position durch. Das geschah hier nicht, aber ich hab’ dafür ’ne Erklärung. Der Mann wollte uns beruhigen und sagte darum als erstes: Wir sind ganz nah, und wir kommen.«
»Das wäre möglich«, sagte Thaden, und dann fragte er:
»Könnte es sein, daß bei denen kurz darauf die Funkanlage ausgefallen

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