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1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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ist?«
»Theoretisch denkbar, nur ergibt das keinen Grund für ihr Wegbleiben. Sie hatten ja unsere Position. Die ist bei einem Notruf das Allerwichtigste, und natürlich hatte Wilson sie durchgegeben.«
»Vielleicht sind sie zur Unglücksstelle gekommen, haben dann aber nichts mehr vorgefunden.«
»Kaum. Bei der geringen Entfernung? Sie selbst sind immerhin von vier Uhr bis zum Hellwerden auf Ihrem Wrack gewesen. Dieses Riesenstück Schiff hätten die jedenfalls vorfinden müssen, mit Ihnen drauf, wenn sie wirklich in Kürze dagewesen wären.«
»Könnte es bei dem Sturm so weit weggetrieben sein, daß die Positionsangabe absolut nicht mehr stimmte?«
»Nein. Bei so einer Meldung weiß jeder Kapitän, wo er suchen muß. Außerdem war ziemlich klare Sicht. Mit ihren Scheinwerfern hätten sie das lange Wrack entdecken müssen.
Nicht unser Achterschiff, denn das soff ja viel schneller ab.«
Sie schwiegen eine Weile, und dann fragte Thaden: »Meinen Sie, daß es für mich einen Sinn hat, auch noch mit den beiden Filipinos zu sprechen?«
»Die sind schon wieder unterwegs. Am besten, Sie lassen sich die Protokolle geben, auch meins. Haben Sie Ihren Bericht schon abgeliefert?«
»Nein, bei mir lief das anders. Breckwoldt hat im Krankenhaus meine Angaben protokolliert, und als ich wieder zu Hause war, rief ein anderer Reederei-Inspektor mich an und ließ sich alles genau beschreiben. Ja, ich mach’ mich jetzt auf den Weg. Vermutlich sehen wir uns bei der Seeamtsverhandlung wieder.«
»Kommt darauf an, in welcher Ecke der Welt ich dann gerade bin. Wenn ich in Honolulu sitze, wird bei der Verhandlung nur meine Aussage verlesen.«
Sie standen auf.
»Ich wünsche Ihnen gute Fahrt mit der BREKLUM!«
»Danke.«
»Meinen Sie … es könnte noch jetzt … irgendwo ein Schlauchboot treiben mit Überlebenden von der MELLUM?«
»Herr Thaden, es tut mir so leid für Sie, aber ich glaube, das ist nun wirklich ausgeschlossen! Dafür ist zuviel Zeit vergangen.«

11
    Es waren insgesamt sieben Männer, die Ernst Pohlmanns prächtigen reetgedeckten Landsitz am Tegernsee durchsuchten: ein Staatsanwalt, ein Kommissar vom Bundeskriminalamt und fünf Polizisten. Sie suchten seit zwei Stunden, und das klägliche Ergebnis waren bis jetzt ein paar private Briefe, einige Fotos und vier Urkunden, von denen drei Pohlmanns Biographie betrafen. Sie sagten aus, daß er 1960 sein Abitur gemacht hatte, 1981 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden war und 1984 bei einem Waldlauf über zwölf Kilometer gesiegt hatte. Die vierte Urkunde wies das reine Geblüt seines Schäferhundes Rasputin nach. Die Fotos waren Familienaufnahmen. Sie zeigten den Gesuchten, seine Frau und seine Eltern in verschiedenen Gruppierungen und an verschiedenen Orten, meistens allerdings in dem Haus, das gerade unter die Lupe genommen wurde. Zwei der Bilder zeigten eine andere Umgebung. Das eine war eine Aufnahme von der Nordsee; der nur mit einer Badehose bekleidete Ernst Pohlmann zeigte stolz seine hochgewachsene, sportliche Gestalt. Das andere war fünfunddreißig Jahre alt. Auf dem postkartengroßen Foto war Pohlmanns Zuhause im niedersächsischen Celle abgebildet, ein viergeschossiger Altbau. Vor der Tür, die offenkundig die Tür von vielen war, standen der fünfzehnjährige Ernst Pohlmann und seine Eltern.
    Staatsanwalt Gerold Becher und Kommissar HansDetlev Replin, beide Anfang Vierzig, saßen in der großen, modern eingerichteten Wohnhalle mit Blick auf den See. Das Opfer ihrer hartnäckigen Befragung war Pohlmanns Frau, aber entweder war sie abgefeimt oder über allen Kummer hinaus, jedenfalls antwortete sie ruhig, beinahe gelassen, und sobald die beiden Beamten sich Notizen machten, sprach sie bereitwillig langsamer. Die Blässe in ihrem flächigen Gesicht mochte das Ergebnis kosmetischer Behandlung oder das von Sorge und Leid sein, die Männer ergründeten es nicht.
    »Wann«, fragte Staatsanwalt Becher, »hat Ihr Mann sich zum letzten Mal in diesem Haus aufgehalten?«
»Anfang Januar. Wir hatten Silvester gefeiert, und danach blieb er noch ein paar Tage. Am vierten oder fünften Januar fuhr er wieder ab.«
»Wohin?« fragte Becher. Der Kommissar schrieb mit.
»Ich weiß nur das, was er mir erzählt hat. Ob es die Wahrheit ist, kann ich nicht sagen.«
»Gut. Was erzählte er?«
»Rom. Er habe dort ein Treffen mit italienischen Geschäftspartnern.«
»Hat er vor seiner Abreise Unterlagen eingepackt oder vernichtet oder sonst irgend etwas getan, woraus Sie

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